Kapitel 278

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Als ich nach dem Soundcheck die Bühne verlasse, springt mir ganz plötzlich mein Sohn auf dem Arm.
„Was macht ihr denn hier?" schmunzle ich und schlinge meine Arme fest um ihn.
„Na nach was sieht's denn aus?" klopft Manni mir im Vorbeigehen lachend auf die Schulter.
„Dich überraschen" kommt es von Leo, die mir einen Kuss auf die Wange haucht.
„Die Überraschung ist euch gelungen."
Ich studiere Leos Gesicht ganz genau. Sie sieht happy aus, ihre Augen glänzen wunderschön. Trotzdem erkenne ich ihre Augenringe.
„Hey Kili, willst du mitkommen und Tom nerven?" richtet Nico sich an meinen Sohn, der erst etwas unsicher wirkt, dann aber leicht nickt, nachdem er zu Leo geschaut hat.
Ich setze ihn ab und ziehe Leo, nachdem die beiden verschwunden sind, in meine Arme.
„Wir haben etwa ne halbe Stunde, in der du mir ganz ungestört erklären kannst, was los ist."
„Ich geb dem ganzen höchstens fünfzehn Minuten."
„Okay" ich runzle die Stirn und ziehe Leo in eine ruhige Ecke „Ich sehe, dass irgendwas nicht stimmt."
„Man ich wollte dich überraschen."
„Hast du. Habt ihr."
„Aber das sollte einfach nur schön sein."
„Ist's, aber grade verschwenden wir Zeit."
„Kilian ist grade irgendwie super anhänglich. Keine Ahnung warum, mir ist es Anfangs auch nicht so doll aufgefallen. Kränkeln tut er nicht, ich hab doch keine Ahnung."
„Sh... Ganz ruhig. Ich rede auch nochmal mit ihm. Und du gehst in meine Garderobe und legst dich kurz hin, um runterzukommen. Ich nehme Kilian."
„Für nen Männergespräch?"
Ein kleines Lächeln, na Gott sei Dank.
„Vielleicht. Na komm."
Ich lege den Arm um sie und schiebe sie sanft weiter in den Backstage rein bis zu der Tür mit dem Schild „Wincent" ... Dann klingelt mein Handy. Nico.
„Ich komme, wo seid ihr?"
„Technik."
„Zwei Minuten" damit lege ich auf und sehe Leo entschuldigend an.
„Bitte sag mir, dass du in dem Männergespräch' mit unserem Sohn mehr Wörter benutzen wirst."
„Versprochen. Jetzt legst du dich entspannt da auf die Couch. Eventuell hab ich sogar Schokolade in meinem Rucksack."
Leo küsst mich zärtlich, bevor sie in meine Garderobe verschwindet und ich Richtung Technik jogge.
Wenn nichtmal meine Techniker ihn länger beschäftigen können, stimmt irgendwas ganz und gar nicht. Sonst ist er immer komplett hin und weg von dem Quatsch, den die Jungs nur allzu gern mit ihm anstellen.

„Wo ist Mama?"
Danke für die Freude über die Anwesenheit deines Papas.
„Die ruht sich nur ein kleines bisschen aus. Na komm, ich zeig dir mal was cooles."
Den Jungs schreibe ich auf dem Weg noch schnell, dass sie den Saal räumen sollen und das ist sogar tatsächlich passiert, als wir auf die Bühne kommen.
„Was machen wir hier, Papa?"
Schulterzuckend setze ich mich mitten auf der Bühne hin und klopfe neben mich.
„Papa?"
„Hm?"
„Sagst du mir, was wir hier machen?"
„Ich weiß es nicht, willst du es mir vielleicht erzählen?"
Er sieht mich genervt an.
„Kili, was ist los? Irgendwas stimmt nicht."
„Sagt dir das dein Papa-Sensor?"
„Jap, der ist ziemlich gut. Und wir bleiben hier auch so lange, bis du mit mir redest, das kannste aber wissen."
Während ich mich entspannt zurücklehne, auch wenn ich echt Bauchschmerzen vor Sorgen habe, sieht Kilian mich etwas ratlos an. Es dauert einige Minuten, dann kuschelt er sich in meine Arme. Ich streiche ihm durch die vollen braunen Haare, bis er endlich anfängt zu reden.
„Ich hab Angst, Mama wieder zu verlieren."
Ich will fragen, warum er diese Angst hat, was passiert ist, wie ich ihm diese Angst nehmen kann... Aber ich habe einen Kloß im Hals, irgendwas in meiner Brust schnürt meine Kehle zu... Allein der Gedanke daran, Leo wieder durch irgendwas zu verlieren ist mehr als einfach nur ein Albtraum. Hab ich irgendwas verpasst? Ist in den letzten Tagen irgendwas passiert, was sie mir nicht erzählt hat?
„Wie kommst du da drauf?" bringe ich dann doch noch hervor und setze mich auf, sein Gesicht drehe ich in meine Richtung, damit er mich anschaut.
„Na... Mama ist doch schonmal fast gestorben, als sie mich bekommen hat und wenn sie noch ein Kind bekommt..."
Mehr sagt er nicht...
„Kilian... Das damals war ein Unfall. Der war dafür verantwortlich, dass Mama so lange geschlafen hat. Es ist total unwahrscheinlich gewesen, dass das überhaupt passiert und noch unwahrscheinlicher ist es, dass es nochmal passiert. Ja, irgendwann, das dauert aber noch ein bisschen, wirst du großer Bruder werden. Aber darauf darfst du dich freuen. Das ist was richtig tolles. Und Mama und ich sind immer bei dir."
„Aber es kann doch immer was passieren."
„Kilian du bist viel zu jung, um dir über sowas Gedanken zu machen. Mama geht's gut, mir geht's gut, deinen Onkeln geht's gut, deiner Tante geht's gut und deinen Großeltern auch. Wir sind alle kerngesund und werden noch ganz ganz lange bei dir sein."

Alles was uns reichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt