Kapitel 273

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Neben uns steht ein Paar. Der Mann sieht uns überrascht an, Leo ihn mit großen Augen und seine Partnerin und ich wissen gar nicht was abgeht.

„Wie klein die Welt doch ist. Wie geht es dir? Was machst du hier?"
Immer noch eindeutig überfordert greift sie nach meiner Hand.
„Mir ähm... geht's ganz gut."
„Das freut mich. Ah, das ist Anja. Meine Frau. Anja, meine Tochter und ich tippe mal darauf, inzwischen Ehemann? Schön, dich wiederzusehen."
Er gibt mir die, Hand, dabei bin ich mir ziemlich sicher, ihn noch nie zuvor gesehen zu haben.
„Ähm Pause. Ja, das ist mein Mann, aber ihr habt euch nie getroffen. Du denkst da gerade an meinen Ex. Das letzte Mal, als wir uns gesehen haben, war nämlich kurz nach meinem Abi."
„Naja, es wäre ja nicht so, als hätte ich dich nie eingeladen. Du hast mir vier Jahre lang nichtmal geantwortet."
Ich glaube, ich hab mich noch nie so fehl am Platz und gebraucht zugleich gefühlt. So geht es meiner anscheinend Schwiegermutter -oder sowas in der Art- auch. Ich wusste ja, dass das Verhältnis zu ihrem leiblichen Vater nicht gerade blendend ist, aber irgendwie haben wir auch nie wirklich über ihn gesprochen.
„Ich hatte meine Gründe, dass ich nicht antworten konnte."
Das rettende Geräusch ist die sich öffnende Tür. Wir sind noch nicht auf unserer Etage angekommen, dafür müssen -ehrlich gesagt weiß ich echt nicht, als was ich sie bezeichnen soll - hier raus.
„Leona, können wir bitte nochmal in Ruhe reden?"
„Mal schauen."
Die Tür schließt sich wieder und Leo atmet erleichtert aus.
„Nur damit das klar ist, wir verlassen das Zimmer nicht mehr, bis wir wieder nach Hause fahren."
„Oder du sagst ihm, dass du nicht mit ihm reden willst?"
„Mir gefällt meine Variante besser."

Bis wir in unserem Zimmer sind, redet keiner von uns ein Wort, letztlich bricht meine Neugier allerdings die Stille.
„Er weiß nichts davon, dass du dich vor acht Jahren von Jonas getrennt hast? Auch nichts davon, dass du im Koma lagst oder dass wir ein Kind bekommen haben?"
„Nope... ich wüsste auch nicht, was ihn mein Leben angeht. Oder wie würdest du reagieren, wenn dein Vater plötzlich vor dir steht?"
„Da liegen zwar keine Welten zwischen, aber das ist trotzdem etwas anderes. Dein Vater hat sich wenigstens ab und zu mal für dein Leben interessiert."
„Er hat sich dafür „interessiert", wenn es ihm in den Kram gepasst hat. Vor Jahren kam aus heiterem Himmel mal ne Einladung zu seiner Hochzeit, aber ich bin mir auch ziemlich sicher, dass das eine andere Frau war. Diese Anja könnte vom Alter her auch meine Schwester sein."
„Leo... Okay, ich will ihn definitiv nicht verteidigen, aber deine Eltern waren sehr jung, als sie dich bekommen haben. So extrem viel jünger als er ist sie denke nicht."
„Und die Tatsache, dass meine Eltern sehr jung waren ist auch eine Rechtfertigung dafür, dass er meine Mutter verlassen hat, nachdem er von mir erfahren hat?"
„Nein, auf gar keinen Fall. Du kennst meine Ansicht, dass Männer sich nicht so leicht aus dem Staub machen können dürften. Es gehören immer zwei dazu. Mein Vater hat sich nie für mich interessiert und es hat lange gedauert, bis ich das richtig akzeptieren konnte. Du hast Frank, aber auch wenn er dich wirklich unendlich liebt und für dich dein Papa ist, ist er nicht derjenige, von dem du abstammst... Und trotz allem tut es halt weh zu wissen, dass da draußen jemand ist, mit dem du verwandt bist, der dich allerdings nie richtig kennenlernen wollte."
Leo liegt auf halb auf meiner Brust und stützt sich jetzt hoch.
„Sorry, dass das eben die Stimmung mal wieder völlig ruiniert hat."
„Der Abend ist noch lang und morgen haben wir auch den ganzen Tag nur für uns... Shay hat mir eben ein Foto von sich und Kili geschickt."
Mit einer Hand ziehe ich mein Handy aus meiner Hosentasche und öffne den Chat. Auf dem Foto liegen die beiden schon im Bett und grinsen breit in die Kamera.
„Er sieht so süß aus."
„Hm... stimmt."
Und das Thema wurde auch erfolgreich gewechselt. Leo denkt nicht mehr an ihren leiblichen Vater.

Trotzdem läuft an diesem Abend natürlich nichts mehr. Wir schauen noch nen Film, bevor wir recht schnell einschlafen. Tatsächlich tut auch das einfach nur gut. So sehr ich es liebe, von Kilian geweckt zu werden. Lange schlafen hat auch mal was. Als ich dann doch mal aufwache, lächelt Leo mich schon deutlich wacher als ich an.
„Guten Morgen" flüstert sie und haucht mir einen Kuss auf die Lippen. 
Ist es angebracht, dass ich definitiv Bock auf mehr habe? Gestern Abend war das von jetzt auf gleich verschwunden, nachdem wir ihrem Vater begegnet sind, dabei waren meine Pläne mit ihr sooo gut! Ich wage den Versuch, unseren küss zu vertiefen und habe tatsächlich Erfolg. Zumindest bis es an der Tür klopft.
„Wer ist das denn jetzt?" brumme ich und sinke im Kissen zurück,  während Leo aufsteht und zur Tür geht.
Als sie dann aber mit Frühstück wiederkommt, muss ich grinsen.
„Ich dachte, wir könnten uns mal Frühstück im Bett gönnen."

Alles was uns reichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt