Kapitel 225

516 26 1
                                    

Sicht Wincent
Die letzten zwei Tage haben wir so gut wie ausschließlich am Strand verbracht. Ich weiß, dass Leo wirklich extrem gern hätte mit rumgetobt, aber noch geht das nicht ganz. Sie sitzt immer einfach auf ihrem Handtuch und hat ihr Buch gelesen oder uns beobachtet und fotografiert. Beim Sandburg Bauen sind wir allerdings alle gefragt, auch Leo. Heute haben wir allerdings mal vor, die Umgebung hier etwas zu erkunden. Also haben wir nur schnell gefrühstückt, wie immer noch in Schlafsachen draußen auf der Terrasse mit wunderschönem Meerblick, und uns dann fertiggemacht. Während Leo nochmal duschen war, hab ich Kilian fertiggemacht. Zur Selbstbeschäftigung gab's dann mein Tablet im kindgerechten Modus, so kann er nur auf die Apps zugreifen, bei denen ich es erlaube und nicht aus Versehen eine Mail an einen Geschäftspartner schreiben oder einen Film anmachen, der nichts für seine unschuldigen Augen ist. Leo ist gerade dabei, ihre Haare zu föhnen, immer noch nur in ein Handtuch gehüllt. Im Spiegel gleitet ihr Blick eindeutig über meinen Oberkörper.
„Tut mir leid, ich werde mir jetzt aber ein Shirt anziehen" schmunzle ich.
„Schon okay, ich will das nicht teilen."
Sie packt den Föhn weg und dreht sich zu mir um.
„Kilian ist noch nen bisschen beschäftigt, bis das Tablet langweilig wird dauert's."
„Vergiss es" lacht sie sofort.
Sie will gerade rausgehen, als ich sie mir schnappe und gegen die Wand drücke.
„Sicher?"
„Ja, sicher."
Ich ziehe die Augenbrauen hoch.
„Heute Abend... vielleicht."
„Kilian kann sich allerdings noch sehr gut an mein Versprechen erinnern."
„Wir werden noch sehr viel Zeit haben, deine dreckigen Gedanken zu befriedigen."
„Und du hast grade keine dreckigen Gedanken?"
„Ich gehe mich jetzt umziehen."
Sofort verfestige ich meinen Griff um ihre Taille.
„Nicht so schnell."
„Hast du nach den letzten Nächten nicht genug?"
„Es ist nicht so, als hätten wir die letzten Nächte gar nicht geschlafen... Nein, ich hab noch nicht genug."
„Vorfreude ist die schönste Freude."
Leo gibt mir einen kurzen Kuss, dann schiebt sie sich an mir vorbei.

Was soll ich sagen? Sie ist meine Droge und nachdem ich sehr lange auf Entzug war, bin ich jetzt wieder komplett abhängig. Ich ziehe mich dann einfach schnell an und im selben Moment verlassen wir Badezimmer und Schlafzimmer.
„Können wir los?"
„Jap" grinse ich und schnappe mir meinen Rucksack und Kilian.
Leo schließt ab und steigt dann auch ins Auto ein. Bis jetzt sind wir nur einmal in dem Dorf gewesen, um einzukaufen, als wir angekommen sind. Jetzt fahren wir einfach mal in eine andere Richtung. Die Landschaft ist extrem schön. Immer wieder halten wir, um uns was genauer anzusehen, dann fahren wir weiter.
„Können wir da hoch?" kommt es irgendwann, als wir an einem Spot auf ner Bank sitzen und was essen, er zeigt auf einen großen Berg.
„Oh, das ist ganz schön hoch."
„Vielleicht kann man bis zu nem bestimmten Punkt hochfahren. Wir können ja einfach mal schauen."
„Ja!"

Und tatsächlich kann man recht weit hochfahren, sodass es für Leo keine ewig lange Wanderung ist. Am Ende kommen wir an einer schönen Stelle raus. Hier setzen wir uns erstmal auf die Steine.
„Papa, Handy, bitte?"
Kili bekommt mein Handy und macht sofort ein Foto von der Aussicht.
„Ich will ein Foto von euch machen."
„Von Mama und mir?"
„Ja!"
„Das hat er von dir" flüstere ich Leo zu, als wir uns hinstellen.
„Da kann er gerne bei bleiben" schmunzelt sie.
„Soll er später nicht wie sein Papa werden?"
„Oh bitte nicht, einer davon reicht mir."
Grinsend ziehe ich sie dichter an mich heran und grinse mit ihr zusammen in die Kamera.
„Wie viele Fotos machst du denn?" Kili zuckt mit den Schultern... Okay, da hab ich jetzt 10.000 mal das gleiche Foto drauf. „Komm mal her."
Ich nehme Kilian das Handy ab, stelle es in etwa da hin, wo er vorher stand, und starte ein Video. Wir posen etwas, lachen viel und dann hole ich mir mein Handy zurück.

Während die Sonne langsam untergeht, fahren wir wieder nach Hause. Kilian ist etwas müde, aber wird heute bestimmt noch bis Mitternacht durchhalten. Trotzdem ziehen wir uns im AirBnB erstmal um und kuscheln uns zu dritt mit einer Decke auf die Liegeinsel. Leo erklärt Kilian Sternbilder, wir schauen irgendeinen Film und irgendwann ist es Mitternacht und damit jetzt ein neues Jahr. Ein Jahr, welches ich komplett, von Anfang bis Ende, mit meiner Frau zusammen bestreiten werde.

Den folgenden Tag faulenzen wir hauptsächlich und heute konnte ich den Abend wieder mit Leo alleine ausklingen lassen. Am Ende bin ich wieder glücklich mit ihr in meinen Armen eingeschlafen. Aufwachen tu ich viel zu früh durch mein Handy neben mir, das durchgängig vibriert. Leo schläft einfach weiter, während ich mit meinem Handy raus auf die Terrasse gehe. Hingegen meiner Erwartung wurde ich allerdings nicht angerufen, sondern habe einfach nur zig tausend Nachrichten von Amelie. Manchmal hasse ich sie! Aber sie schickt mir nicht grundlos so viele Nachrichten.

Alles was uns reichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt