Kapitel 289

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Wincent

„Ich glaube, ich wäre wieder soweit, zurück nach Hause zu fahren."
Es trifft mich wie ein Schlag, als sie dass ausspricht.
„Aber ich weiß nicht, ob wir es als Familie sind."
„Ich denke, wir werden es niemals wissen, wenn wir hier sind. Kilian hat mich heute gefragt, wann wir wieder nach Hause fahren. Wir sind seit über einem Monat hier. Kilian und ich gehen dahin, wo du hin willst. Aber noch sehr viel länger können wir jetzt auch nicht bleiben. In ein paar Monaten kommt Kilian in die Schule, nur kurz davor hat er Geburtstag und etwas später ist unsere Hochzeit. Also... wenn du noch willst."
„Ist das dein Ernst? Natürlich. Mal abgesehen davon, dass Zola diesen Tag seit Monaten plant und organisiert. Es steht doch schon fast alles."
„Also würde sie uns umbringen, wenn wir spontan sagen wir wollen doch nicht nochmal heiraten."
„Sie vertraut uns, dass das eben nicht passiert. Ist ihr Weg zu sagen, dass sie weiß, dass wir zusammenbleiben werden."
„Naja, immerhin sind wir schon lange verheiratet."
„Und trotzdem würde ich dich immer wieder heiraten... Lass uns alles fertig machen und dann zurück nach Hause fahren. Ich denke... es ist Zeit, wieder zurück zu fahren."
„Dann machen wir das so. Sobald alles fertig ist, fahren wir wieder zurück nach Hause... Aber bis dahin dauert es noch ein kleines bisschen. Wir sind nicht morgen Abend schon wieder zuhause. Also können wir uns und vor allem Kilian wieder drauf vorbereiten, dass wir zurückfahren."
Leo kuschelt sich noch etwas mehr an mich ran. Ich weiß genau, dass sie eine scheiß Angst hat. Eine Angst, die ich ihr so gerne nehmen würde, was ich aber nicht kann... Ich hab ja selber Angst. Aber wir sind zusammen, den Rest bekommen wir schon irgendwie hin.
„Hey, wir beide gegen den Rest der Welt" flüstere ich.
„Für unsere Familie" ergänzt sie und küsst mich.
„Wir haben so viel überstanden und erreicht... Wir schaffen auch noch jede andere kleine oder große Hürde, die uns in den Weg geschmissen wird. Ich liebe dich, Leo Weiß."
„Und ich liebe dich, Wincent Weiß!"

Bevor wir abreisen können, müssen wir erstmal ein bisschen was mit den Eigentümern des Hausen abklären. Immerhin haben wir das wochenweise auf unbestimmte Zeit gemietet. Bis zum Sommer steht es immerhin leer. Außerdem haben wir mit unserer Familie zuhause telefoniert. Die kümmern sich während wir weg sind um das Haus. Natürlich freuen die sich auch, dass wir zurückkommen. Das bedeutet ja, dass es uns besser gehen muss. Tut es ja auch irgendwie, wir haben uns von diesem Schock etwas erholen können. Allerdings wissen wir eben auch noch nicht, wie es uns wieder zuhause gehen wird. Jetzt haben wir Kilian noch bei uns, aber mal abgesehen davon, dass er zurück in den Kindergarten will, kommt er in ein paar Monaten in die Schule, das bekommen wir definitiv nicht selber hin. Wir können ihn nicht ewig beschützen. Er ist fünf Jahre alt, in Zukunft wird er scheiße bauen und in Schwierigkeiten geraten. Das können wir nicht verhindern. Wir können ihn nicht isolieren und in Watte packen. Das wäre das Letzte. Er ist jetzt schon deutlich verwöhnter als ich in seinem Alter. Ich hab definitiv keine Lust, dass er irgendwann ein Schnösel wird. Wir würden alles für ihn tun, aber es gibt Sachen, die er alleine herausfinden muss. Und wenn er uns braucht sind wir für ihn da.

Als ich Kilian heute ins Bett gebracht habe und wieder runter komme, steht Leo gerade auf der Veranda und starrt aufs Meer. Ich schnappe mir eine von den Decken von der Couch, wickle mich selbst darin ein und gehe dann raus.
„Ich weiß, dass wir wiederkommen wollen... Trotzdem werd ich das hier vermissen. Es ist so schön ruhig hier."
Seufzend kuschle ich mich an sie und hülle sie damit auch in die Decke ein.
„Ja... Wir kommen nochmal her. Wann immer wir mal wieder ne Auszeit brauchen oder einfach nur wollen. Aber wir brauchen auch wieder den Alltag. Für uns genauso wie für Kilian. Und solang wir zusammen sind bekommen wir sowieso alles hin, nicht wahr?"
„Tun wir immer" nickt sie und dreht sich zu mir um.
Sie schlingt die Arme um meine Taille und so stehen wir einfach eine Weile in Stille da, bevor wir wieder reingehen.

Am nächsten Morgen packt Leo die restlichen Sachen zusammen, während ich Kili fertig mache und dann alles fertig gepackte ins Auto räume.
„Okay, das ist die letzte Tasche."
Mit einem offensichtlich sehr schweren Korb kommt sie aus dem Haus, aber als ich ihn ihr abnehme und ihn in den Kofferraum packen will, kommen direkt Einwände.
„Der soll zu mir nach vorne, das ist unser Proviant."
„Der ist viel zu groß, du wirst keinen Platz haben."
„Wincent... der Fußraum ist riesig, das passt locker."
Ja, der Fußraum ist groß, aber nicht so groß.
„Wie wäre es damit" beginne ich und hole aus dem Kofferraum einen Beutel „Wir teilen auf. In den Beutel kommt der Kram den wir in den nächsten circa fünf Stunden essen werden. Dann machen wir sowieso ne Pause."
„Sturkopf" brummt sie, packt aber nen Haufen Sandwiches, eine Tupperdose und Knabberzeug in den Beutel.
Trotzdem ist im Korb noch sehr viel Kram. Ich verstaue ihn im Kofferraum und richte dann Kilian das Tablet ein, damit er ein paar Spiele spielen und nen paar Folgen PawPatrol schauen kann.

„Na dann... Ein letztes Mal kurz an den Strand und dann gehts los."
Ich scheuche Leo und Kilian durchs Haus durchs an den Strand.
„Noch einmal tief einatmen" seufzt Leo „Bis bald."
Instinktiv nehme ich sie in den Arm.
„So bald es geht" murmle ich.

Alles was uns reichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt