Natürlich wird es heute etwas in die Länge gezogen, Kilian ins Bett zu bringen, aber als er schläft, verlassen wir leise sein Zimmer. Ich kann gerade mal zwei Schritte machen, da schlingt Wincent seine Arme um mich und trägt mich ins Wohnzimmer. Auf der Couch zieht er mich in seinen Arm und hält mich einfach fest.
„Ich schulde dir noch ein Demo" flüstert er.
Schmunzelnd sehe ich zu ihm hoch.
„Ja, ich erinnere mich, da war was mit nem Versprechen."
„Ich hab den Song für Kilian geschrieben" beginnt er, während er sein Handy aus der Tasche seiner Jogginghose fischt „Das ist der erste Song für ihn, bei dem man auch wirklich raushört, an wen er gerichtet ist."
Mit jetzt schon echt feuchten Augen sehe ich Wincent an, der gibt mir einen kleinen Kuss auf die Stirn, dann zieht er mich dichter an sich und startet den Song. Ich muss mich echt anstrengen, um nicht loszuheulen.
„Die Welt wird nie perfekt sein,
Aber ich werde immer da sein und deine Hand halten.
Die Welt wird nie perfekt sein,
Aber ich werde mit ausgebreiteten Armen da stehen und dich fangen, wenn die Welt scheint unterzugehen."
Ich vergrabe meine Nase an Wincents Brust. Sofort schlingt er seine Arme fester um mich.
„Du bist der süßeste Papa überhaupt" murmle ich „Der Song ist wunderschön! Ich hab Gänsehaut."
„Aber glaub nicht, dass du damit ausm Schneider bist! Der nächste Song ist in Arbeit! Ich hab grade einfach wieder so viel zu erzählen und auch Bock, Musik zu machen."
Wincent Augen strahlen richtig, während er erzählt. Das hier ist zu einhundert Prozent mein Wincent von früher.
„Was ist?" grinst er mich dann an.
„Ist nur echt schön, dich so zu sehen."
„Wie?"
„Locker, glücklich, ohne Sorgen."
„Ich geb mir Mühe, wieder der zu werden. Wieder über die positiven Seiten meines Lebens zu singen, hilft echt."
Er zieht mich näher an sich ran und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. An seinem Nacken ziehe ich mich hoch, um auf seinen Schoß zu klettern. Wincent lacht nur auf und schiebt seine Hände unter mein Oberteil. Ich spüre seine Fingerspitzen auf meiner Haut und bekomme sofort eine leichte Gänsehaut.
„Bett?" murmle ich.
Wincent grinst nur, nickt und greift unter meine Oberschenkel um mit mir zusammen aufzustehen.
„Bitte lass mich runter" lache ich.
Etwas widerwillig lässt er mich runter und sieht mich aus seinen großen braunen Augen an.Als ich wieder ins Schlafzimmer komme, kuschle ich mich direkt zu Wincent unter die Decke.
„Wann genau war nochmal die nächste Hausbesichtigung?"
„Übermorgen Nachmittag, wieso?" murmle ich und lege meinen Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen.
„War mir nicht mehr ganz sicher... Wenn das wieder nichts sein sollte, müssen wir doch überlegen, erstmal noch was für den Übergang zu suchen."
„Und dann kommt wieder irgendwas dazwischen und in fünf Jahren gehen wir die Haussuche vielleicht nochmal an."
„Nein" seufzt er „Ich will das! Aber ich will nicht, dass du noch länger Angst hast. Ich will, dass du dich wieder sicher fühlst."
„Mein Papa hat mit dir gesprochen" verdrehe ich die Augen und setze mich auf.
„Darum geht's nicht."
„Ihr habt ohne mich über mich geredet."
„Nein, er macht sich einfach Sorgen um dich... und ich auch. Du weißt, dass ich dich immer beschützen werde. Aber ich hab doch selber Angst, dass ich das nicht immer kann."
„Wenn es dich beruhigt, ich fühle mich extrem sicher bei dir und mein Papa weiß das. Irgendwann will ich trotzdem wieder alleine zuhause bleiben können."
„Deswegen ist es wichtig, dass wir umziehen."
„Glaubst du, dass damit all unsere Probleme ganz einfach verschwinden?"
„Haben wir echt so viele? Wow, wusste ich noch gar nicht" brummt er und steht auf.
„Nein, aber ein relativ großes" versuche ich, das Ganze noch zu retten.
Wincent verlässt das Schlafzimmer trotzdem. Ich gebe ihm ein paar Minuten, dann ziehe ich mir was über und folge ihm. Schweigend lege ich etwas zögerlich meine Arme um seinen Bauch. Sofort fällt spürbar die Anspannung von ihm ab.
„Babe, du bist grade erst nach Hause gekommen. Bis eben war alles gut."
„Ja und weil genau dieses Thema für immer mehr Anspannung zwischen uns sorgt, will ich, dass wir das alles endlich komplett hinter uns lassen können."
„Wir werden das schaffen, versprochen. Irgendwann ist das alles vorbei und unser Zuhause wird wieder unser Zuhause, an dem wir uns sicher fühlen. Wir beide."
Wincent dreht sich zu mir um und vergräbt mich in einer großen Umarmung.
„Ich liebe dich" murmelt er und vergräbt seine Nase in meinen Haaren.
„Morgen sehen wir uns das Haus an und mal sehen, die Lage ist wirklich toll. Wir sind schonmal dran vorbei gefahren. Das Dorf hat glaube so 100 Einwohner, von außen sieht das Haus echt hübsch aus."
„Das klingt, als wärst du schon ein bisschen verliebt in dieses Haus."
„Ein kleines bisschen. Vielleicht dürfen wir auch nicht nach dem perfekten Haus suchen, sondern nach dem Haus, was das Potential hat unser perfektes Haus zu werden. Es muss nicht jetzt schon zu 100% unseren Vorstellungen entsprechen. Wir haben vor, da für den Rest unseres Lebens zu wohnen. Wir bauen einfach was um. Solange der Grundriss und die Umgebung stimmt, kann es perfekt werden."
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Alles was uns reicht
FanfictionJa gut, Leo ist wieder da, aber sicher, dass damit jetzt wieder alles einfacher wird? Sind sie bereit, die ganzen Herausforderungen zusammen zu meistern, oder werden sie an ihnen zerbrechen? Was ist mit Kilian?