Kapitel 231

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Nachdem wir uns eine Weile ziemlich angeschrien und uns einiges an den Kopf geworfen haben -wir beide- hab ich mich inzwischen im Schlafzimmer eingenistet, nachdem Wincent ins Büro gegangen und die Tür hat hinter sich zuknallen lassen. Ich hab mich inzwischen zwar schon wieder etwas beruhigt, aber sauer auf Wincent bin ich immer noch... und beruhigt bin ich auch nur in dem Sinne, dass ich nicht mehr alles, was Wincent in diesem Zimmer gehört, zerstören will. Nicht beruhigt in dem Sinne, dass der Streit nicht sofort wieder entfachen würde, wenn er jetzt durch diese Tür kommen würde. Nicht beruhigt in dem Sinne, dass ich jetzt nicht gerade auf Instagram hänge und ihr Profil stalke. Ja, das tue ich und wahrscheinlich sollte ich das nicht tun. Aber ich tue es... Als die Tür aufgeht, schellt mein Kopf nach oben, mein Blick trifft auf den von Wincent.
„Bevor du wieder anfängst mich anzubrüllen, ich hau gleich wieder ab, will mir nur Klamotten holen."
„Bevor ich wieder anfange dich anzubrüllen?" ziehe ich die Augenbrauen hoch und lege mein Handy weg.
Wincent steht mit dem Rücken zu mir vor dem Schrank und lässt augenblicklich den Kopf in den Nacken fallen, bevor er sich umdreht und sich mit dem Rücken an den Schrank lehnt, es wirkt, als wäre ihm das alles hier gerade total gleichgültig
„Leo, ich kann nicht mehr und ich will nicht mehr streiten. Ich nehme an, im Bett schlafen kann ich mir heute abschminken, also lass mich einfach nur schnell ein paar Klamotten holen und ich bin weg."
„Boah ganz ehrlich, du kannst mich mal! Seit wann bist du so ein Arschloch?"
„Ich denke nur, dass wir das heute nicht mehr klären werden, dafür bist du viel zu angepisst und das verstehe ich. Also lasse ich dich runterkommen, ich lasse dich in Ruhe, gebe dir deinen Raum. Ich schlafe im Wohnzimmer auf der Couch, wenn doch was ist."
„Okay."
Wincent schnappt sich also ein paar Sachen und dreht sich dann nochmal zu mir um.
„Ich liebe dich, über alles" flüstert er, dann verlässt er das Schlafzimmer.

Die Nacht ist unruhig, ich schlafe schlecht und wache immer wieder auf. Demnach stehe ich auch recht früh auf. Ich bin zwar noch müde, aber ich kann nicht mehr in diesem Bett liegen. Ich ziehe mir also einen Hoodie über, schnappe mir mein Handy und gehe in die Küche. Wincent liegt noch auf dem Sofa und schläft, aber auch nicht wirklich gut wie es scheint. Ich mache mir in der Küche eine Tasse Kaffee und setze mich an den Tisch. Während ich meinen Kaffee schlürfe hänge ich mal wieder am Handy. Allerdings tue ich, anders als gestern Abend, alles, um nicht ihr Instagram zu stalken. Irgendwann kommt Wincent rein, macht sich auch einen Kaffee und setzt sich an den Tisch.
„Können wir jetzt wieder miteinander reden? Uns nicht anbrüllen und einfach reden?"
„Über was?"
„Über uns."
„Geht's genauer?"
„Kannst du dich bitte nicht wie ein trotziges Kind benehmen?"
„Ein trotziges Kind?"
„Leo, ich werde alles tun, damit du mir verzeihst. Ich bereue es doch so sehr!"
„Ich weiß doch nichtmal, ob ich sauer bin, dass du mit ihr geschlafen hast."
„Dein Ernst? Du bist nicht sauer deswegen?"
„Ich hab gesagt, dass ich es nicht weiß. Ich weiß allerdings, dass ich dich gerade dafür hasse, dass du mich nicht verstehst und dass ich dich dafür hasse, dass du mich belogen hast."
Na super, jetzt hat er wieder dieses reumütigen Blick drauf. 
„Ich verstehe dich und es tut mir so unglaublich leid, dass ich dir das verschwiegen habe."
Er steht auf und kniet sich dann vor mich hin.
„Steh auf Wincent."
„Ich weiß noch ganz genau, was du zu mir gesagt hast, als du bei mir im Hotel aufgekreuzt bist, nachdem wir uns bei irgendeinem Dreh nach unserer Trennung das erste Mal wiedergesehen hatten. Ich meinte nur, dass es scheiße wehtun würde, wenn wir es versuchen und es wieder nicht klappen würde. Du hast gesagt, dass ich mir vorstellen soll, was sein würde, wenn es klappt. Weiter habe ich dir kaum zugehört, ich hatte nur vor Augen, wie ich auch nach Jahren noch total vernarrt in dich sein werde. Wie wir irgendwann mit Kindern und nem Hund in einem Haus außerhalb in irgendeinem Dorf wohnen. Ich habe mir meine komplette Zukunft mit dir zusammen ausgemalt. In diesem Moment habe ich mir vorgenommen uns nie wieder aufzugeben. Das habe ich auch nie getan, oder? Ich habe keine Millisekunde gezögert, als du mir gesagt hast, dass du schwanger bist. Ich bin tagelang zwischen deinem Bett auf der Intensiv und der Neointensiv gependelt, in ständiger Angst, dass einer von euch beiden stirbt, während ich gerade beim anderen bin. Ich habe vier Jahre lang an dich geglaubt und nie die Hoffnung verloren, dass zu aufwachst. Ich habe diese Eiszeit zwischen uns ausgesessen, nachdem du wach warst. Ich halte auch noch alles aus, was auf mich zukommt, solange ich Hoffnung habe, dass wir irgendwann wieder wir sind."
„Ich will das nicht. Ich will dich nicht hassen, aber ich kann nichts gegen meine Gefühle tun."

Alles was uns reichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt