Alles was uns reicht

Kapitel 299

Leo

Lächelnd fahre ich durch seine vollen Haare, während er leise schnarchend in meinem Arm liegt. Zwischen dem Kastanienbraun finden sich vereinzelt leicht gräuliche Haare, aber im Gesicht sieht er, wenn er schläft immer noch super jung aus... und genauso wie Kili. Naja, wie der Vater so der Sohn.
„Gott, wie soll ich das überleben, wenn Nummer zwei auch nen Junge wird?"
„Kilian kommt sowieso mehr nach dir, das wird schon" murmelt Wincent und verstärkt seinen Klammergriff um mich „Wann müssen wir aufstehen?"
„Ein paar Minuten haben wir noch... Außerdem können wir es uns doch leisten, etwas später zu kommen."
„Das aus deinem Mund... Träume ich noch?"
„Idiot" lache ich.
„Ok, ich bin wach."
„Wir können doch trotzdem noch etwas liegen bleiben und kuscheln, oder?"
„Von mir aus können wir uns auch hier einsperren und uns den restlichen Tag von nichts als Luft und Liebe leben."
„Was essen würd ich dann trotzdem gerne. Ich hab nämlich echt keine Energie mehr nach letzter Nacht."
„Das heißt nur, dass ich meinen Job richtig gemacht habe."
Breit grinsend stützt er sich hoch und stupst mit seiner Nase gegen meine.
„Sind wir jetzt eigentlich seit sechs Jahren, zwei Jahren oder einem Tag verheiratet?" murmle ich.
Wincent wirkt augenblicklich nachdenklich.
„Naja, für mich ist das eindeutig. Seit sechs Jahren. Auch wenn uns vier Jahre gemeinsam gestohlen wurden, waren wir in denen verheiratet und für mein Verständnis haben wir die gemeinsam durchgestanden. Außerdem... auch wenn vor unserem Hochzeitstag vor sechs Jahren nicht alles unbedingt so gelaufen ist, wie wir es gern gehabt hätten... An dem Tag hat Kilian das Licht der Welt erblickt und uns das schönste Geschenk überhaupt gemacht."
Das ist wohl wahr... Kilian ist das Beste, was uns passieren konnte. Er ist unser kleines ein und alles.
„Ich liebe dich, Wincent."
„Ich liebe dich auch, Leo."
Sanft legt er seine Lippen auf meine. Der Kuss ist lang, zärtlich und einfach wunderschön. Ich will nicht, dass er aufhört... Mein Magen allerdings schon. Als der laut los knurrt, löst Wincent sich lachend von mir.
„Na komm, anziehen und runter zum Frühstück."
Es ist eine kleine Qual, mich aus dem Bett zu schälen, aber der Gedanke gleich was zu essen zu bekommen, treibt mich an. Im Bad mache ich mich ein wenig frisch und ziehe aus der kleinen Tasche ein lockeres Sommerkleid. Angezogen, aber noch immer ziemlich müde schlurfen wir nach unten, wo die gesamte Hochzeitsgesellschaft schon sitzt.
„Na guten Morgen, ihr frisch vermählten" grinst mein Papa und hebt seine Tasse Kaffee.
„Wir sind sechs Jahre verheiratet, Papa. Vielleicht kommt das nicht an eure 25 Jahre ran, aber die knacken wir auch noch."
Kilian kommt um den Tisch herum zu uns gerannt und schlingt seine Arme um mich.
„Guten Morgen, mein Schatz" schmunzle ich und wuschle ihm durch die Haare.
Mit ihm im Schlepptau geht's für uns dann zu den für uns freigehaltenen Plätze wo ich dem Himmel sei Dank Kaffee und was zu essen bekomme.

„Ich hab noch ein Hochzeitsgeschenk für dich" flüstert Wincent mir zu und kapselt mich nochmal kurz ab.
„Wince... Was denn noch? Schau dich doch nochmal um. Wir hatten gestern die perfekte Hochzeit, die perfekte Hochzeitsnacht und ein tolles Hochzeitsfrühstück mit unseren Liebsten. Ich hab doch schon alles was ich immer wollte."
„Das Geschenk hat auch noch ne winzig kleine Bedingung... Es gehört uns beiden, aber es ist für unsere Familie. Für uns und Kilian und unser zweites Kind. Irgendwann dürfen die unter sich ausmachen, wer was bekommt, aber da sind wir schon unter der Erde."
„Wince, los sag schon."
Er zieht ein kleines Säckchen aus seiner Shorts und öffnet es, nur um mir einen Schlüssel unter die Nase zu halten.
„Der Schlüssel zu deinem Herzen?" witzle ich und muss lachen.
„Ach bitte, den hast du dir doch schon lange gekrallt. Das hier ist der Schlüssel zu unserem Haus in Holland. Wir waren schonmal da, vor ein paar Monaten. Jetzt gehört es wirklich uns."
„Das is nen Scherz, oder? Wincent, bist du jetzt komplett durchgedreht?"
„Du hast das alte Paar doch getroffen. Die beiden haben sich jetzt wenigstens den Traum von einem kleinen Häuschen in der Normandie erfüllen können. Und wer weiß, vielleicht verbringen wir dann unseren Lebensabend in Holland in unserem Strandhaus. Gib's zu, es ist perfekt als Ferienhaus für uns."
„Es gehört wirklich uns? Das ist kein Scherz?"
„Kein Scherz, ich hab's für uns gekauft."
„Aber... wie?"
„Naja... mit Geld."
„Du sagst das, als wäre ein Hauskauf nichts großes."
„Es ist etwas großes, aber ich wollte immer gut für meine Familie sorgen und ich bin in der Position, wo ich das jetzt eben wirklich kann. Und ich verspreche dir, in Zukunft mache ich keine weiteren so großen Ausgaben hinter deinem Rücken."
„Will ich auch für dich hoffen, Idiot!" schüttle ich den Kopf, ziehe ihn dann aber direkt an mich, um ihn zu küssen „Ich liebe dich Wincent und das ist das perfekte Hochzeitsgeschenk!"
„Ey! Besser als die Hochzeit an sich?"
Schmunzelnd stößt Zola zu uns und sieht stirnrunzelnd zwischen uns hin und her.
„Hm... Danke dafür nochmal, du bist wirklich die Beste!"
Ich löse mich von Wincent und falle meiner besten Freundin um den Hals.
„Also, langsam müssen wir dann trotzdem abreisen. Und vorher muss noch ein bisschen was in euer Auto geladen werden und ihr müsst euch angemessen von euren Gästen verabschieden."
„Was muss denn alles eingeladen werden?" frage ich verwirrt.
„Oh Süße... Hast du gestern nicht ein einziges Mal auf den Tisch geschaut, wo eure Gäste ihre Geschenke abgestellt haben?"
„Wir haben doch gesagt, dass wir nichts wollen."
„Aber ihr habt nicht wirklich geglaubt, dass das irgendjemanden davon abhält, euch etwas zu schenken. Jetzt kommt."
Zola schiebt Wincent und mich zurück zum Tisch.
„Und du sagst mir später definitiv noch, was er getan hat, dass du jetzt noch breiter grinst, als nach eurer kleinen Session am Strand letzte Nacht" flüstert sie mir zu.
„Woher weißt du davon?"
„Ach bitte, ich war schon früh auf den Beinen um ein bisschen was zu koordinieren und hab gesehen, wie ihr nach oben gerannt seid. Jedem ist klar, was ihr gemacht habt... Wars gut?"
Ich kann mir das Lachen nicht verkneifen und nicke. Es war sehr gut...