Das Leben ist kein Wunschkonzert

FÜNFZEHN

Nach einer gefühlten Ewigkeit entließ uns Herr Koch in die Pause. Wie gewohnt schlenderte ich langsam zur Umkleidekabine und vergaß absichtlich meine Flasche, um noch einmal zurückgehen zu müssen.

Als ich wieder in die Turnhalle kam, sammelte Herr Koch gerade seine Sachen zusammen. "Ach Vitus. Ich muss noch mit dir reden! Deine Versetzung... Sie ist gescheitert. Egal welche Noten du noch bekommst, du kannst nicht versetzt werden!" sagte er und ich blieb abrupt stehen.

'Verdammt' war der einzige Gedanke, den ich fassen konnte. "Sind Sie sich da wirklich ganz sicher?" fragte ich niedergeschlagen, doch er nickte nur. Traurig verließ ich die Halle und zog mich um, um in den Unterricht zu gehen.

Als ich auch die letzten beiden Stunden hinter mir hatte, nahm ich mein Fahrrad und schob es langsam nach Hause. Dort angekommen stellte ich das Fahrrad auf den Hof und klingelte. Die Tür wurde geöffnet, doch dahinter stand nicht mein Vater, sondern sein bester Freund Jochen.

"Jochen?" fragte ich verwirrt, während er mich ins Haus zog. Er sagte jedoch nichts, bis wir im Wohnzimmer standen.

"Hier ist dein Versager, Martin!" rief Jochen in die Küche, während er meinen Rucksack nahm und in die Ecke schmiss. "Mir ist zu Ohren gekommen, dass du die Klasse nicht schaffst und nicht versetzt wirst!" schrie er mir ins Gesicht und schubste mich gegen die Wand.

"Was geht dich das an?" schnauzte ich zurück, worauf ich mir eine Backpfeife einfing. "Du redest nur, wenn ich dich etwas frage!" sagte er bitterböse und funkelte mich an. In dem Moment kam mein Vater in das Wohnzimmer. Er war sturzbesoffen und torkelte nur voran.

"Papa! Du hast wieder getrunken!" rief ich entsetzt, wodurch ich erneut eine Backpfeife erhielt. "Was habe ich eben gesagt?" sagte Jochen. "So und jetzt werden wir uns deine Noten mal genau ansehen! Zeig mir deine Hände!". Zögernd befolgte ich seine Anweisungen, worauf er meine Handgelenke packte und mit seinem Gürtel zusammenband.