Das Leben ist kein Wunschkonzert

NEUNUNDDREIßIG

Am nächsten Morgen quälte ich wieder aus dem Bett. Meine Motivation für die Schule war gleich Null. Aber ich musste dorthin, auch um in dieser Wohngruppe zu bleiben und nicht in ein schäbiges Heim zu kommen, das hatte man mir von Anfang an gesagt.

Heute fuhr ich mir dem Fahrrad zur Schule und kam nur gerade rechtzeitig zum Unterricht. Wenigstens musste ich so nicht die nervigen Sprüche meiner Mitschüler ertragen.

In der Schule folgte wieder langweiliger Unterricht. In der Pause wollte ich mich in eine abgelegene Ecke des Schulhofes verdrücken, wurde jedoch von Tim und seinen Kumpels aufgehalten.

"Na Vitus, hast du jetzt Angst vor Papa? Kannst du Nachts überhaupt schlafen oder machst du dir jetzt in die Hose?" fragte er und seine Freunde brachen in schallendes Gelächter aus. Ich versuchte meine Wut zu unterdrücken und presste hervor: "Es ist ja schön, dass du dich um mich sorgst, Tim, aber ich kann auch sehr gut darauf verzichten!".

Es fiel mir sehr schwer in dieser Situation ruhig zu bleiben, weshalb ich meine Fäuste ballte. "Wir werden jetzt doch nicht gleich wütend werden. Das war doch nur eine nette Geste." stichelte Tim weiter und erreichte damit genau was er wollte. Mein Puls steigerte sich und der klardenkende Teil meines Gehirns schaltete sich aus.

Ich schrie ihn einfach nur noch an: "Jetzt hör mal zu Tim: das ist mein Leben und du hast kein Recht dazu dich einzumischen! Also lass mich einfach in Ruhe.". Ich hatte einen drohenden Schritt auf ihn zu gemacht.

Sofort verlosch das Grinsen auf den Gesichtern der Jungen und Tim verschränkte die Arme vor der Brust. Ich starrte ihn nur mit finsterem Blick, bevor ich mich umdrehte und zurück zum Gebäude laufen wollte.

Doch einer von Tims Freunden hielt mich davon ab, indem er sich vor mich stellte. Jetzt war es Tim, der einen drohenden Schritt auf mich zumachte. "Du wagst es so mit mir zu reden? Das wirst du büßen!" zischte er mich an, doch ich zeigte mich unbeeindruckt.