Das Leben ist kein Wunschkonzert

DREIUNDVIERZIG

Als mein Lehrer zu Ende erzählt hatte, saß ich nur noch zusammengekauert auf dem Sofa und starrte Marie ängstlich an. Es dauerte einen Moment, bis sie die Informationen verarbeitet hatte, wahrscheinlich hätte sie mit so etwas nicht gerechnet, was die Situation für mich nicht unbedingt besser machte.

Marie atmete einmal tief durch und fing dann an zu sprechen: "Vitus, ich muss sagen, ich bin echt enttäuscht von dir. Ich hätte gedacht, dass du aus der Sache mit Frau Meyer gelernt hättest. Wir müssen da nochmal in Ruhe drüber reden, aber vorerst bleibst du hier. Du hast Hausarrest. Und ich kann dir versichern, dass du für alles gerade stehen musst!".

Sie hatte Recht, also nickte ich niedergeschlagen. Marie begleitete meinen Lehrer noch zur Tür, während ich mich schon in mein Zimmer verdrückte. Ich setzte mich auf mein Bett und fing an zu grübeln: Früher war mein Leben so unkompliziert gewesen. Ja, meinem Vater hat mich öfter mal angeschrien und ihm ist auch mal die Hand ausgerutscht, aber alles in allem hatte ich ein gutes Leben.

Und jetzt? Was war aus meinem Leben geworden? Ich lebte in einem Heim, bin in der Schule bei jedem, ausgenommen Herr Koch, unten durch. Meine Mitschüler haben es ebenfalls auf mich abgesehen. Es ist alles andere, als ein einfaches Leben. Vielleicht wäre es doch einfacher, einfach alles zu beenden, so wie es so vielen immer geholfen hat...

Ich wurde prompt aus meinen Gedanken gerissen, als es klopfte. Im nächsten Moment streckte Marie ihren Kopf durch die Tür. "Muss ich jetzt ausziehen?", fragte ich sie zögerlich. Sie seufzte und setzte sich neben mich auf das Bett.

"Vitus, du weißt, dass du Mist gebaut hast. Und du weißt auch, dass du dafür gerade stehen musst. Aber ich kann dich momentan einfach nicht rausschmeißen. Du hast Glück, dass du psychisch vorbelastet bist. Ansonsten hätte so eine Schlägerei vermutlich für dich den Rausschmiss bedeutet.", erklärte sie mir mit leiser Stimme.