ACHTUNDFÜNFZIG

591 33 5
                                    

"Na komm Vitus, dann zeige ich dir alles.", sprach der Mann freundlich und hielt mir die große Eingangstür auf. Immer noch genervt von dem langen Gespräch, stapfte ich durch die Tür und staunte nicht schlecht.

Wir standen in einer großen Halle, von der zwei Treppen in den ersten Stock führten. Links und rechts in der Halle waren gemütliche Sitzecken eingerichtet. In einem kleinen Sessel links von uns saß ein Junge etwa in meinem Alter und blätterte in einem Comic.

Als wir die Halle betraten, blickte er kurz auf, vertiefte sich dann aber schnell wieder in sein Heft.

Herr Schreiber führte mich an das andere Ende der Halle, von wo drei Gänge in alle Richtungen davonliefen. An der Wand war ein bunter Wegweiser befestigt.

"Hier geht es in den Essenssaal, wo wir dreimal am Tag gemeinsam Essen. Der zweite Gang hier führt zu den Betreuerzimmern. Falls du Fragen, Probleme oder sonstige Anliegen hast, kannst du gerne hierher kommen und wir versuchen dir zu helfen. Und die Zimmer auf dem dritten Gang zu unserer linken Seite wirst du noch kennenlernen, die sind jetzt erstmal irrelevant." erklärte er, bevor er ich weiter zur Treppe führte.

Im oberen Stockwerk waren nochmal drei Flure, auf denen sich die Zimmer, die Gemeinschaftsbäder und Aufenthaltsräume befanden. Immer zwei Jungen im gleichen Alter teilten sich ein Zimmer. Mädchen gab es hier keine und es war auch strikt verboten Freundinnen mitzubringen.

Auf den Zimmern herrschten strenge Regeln und langsam bekam ich das Gefühl, dass das hier keine freundliche Wohnanlage war, sondern eher ein Jugendgefängnis.

Mein Zimmernachbar trug den Namen Mike und lebte wohl auch erst seit kurzem hier. Herr Schreiber brachte mich auf mein Zimmer und verabschiedete sich mit den Worten, dass es um Punkt 18 Uhr Abendessen gebe und wir ja nicht zu spät kommen sollten.

Das Zimmer war nur mit dem Nötigsten möbliert: zwei Betten, ein Doppelschrank, ein Schreibtisch, sowie ein Stuhl. Vor dem Fenster hing eine hässliche braun-weiß gestreifte Gardine.

Mein Tasche, die ich noch immer in der Hand hielt, stellte ich in den Schrank. Ich hatte keine Lust sie auszupacken, also schmiss ich mich auf mein Bett und starrte an die Decke.

Jetzt hatte ich die Quittung dafür, dass ich versagt hatte. ich würde bis an mein Lebensende in diesem blöden Heim verschimmeln.

Das Leben ist kein WunschkonzertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt