Mindpalace

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Fluff
Wörter: 728


"Hey Sherlock, ich mache Frühstück. Willst du einen Tee dazu?"

Sherlock antwortete nicht. Er war mal wieder in seinem Gedächtnispalast, wo er nichts und niemanden an sich heran ließ. Er blendete einfach alles aus.

Normalerweise machte er so etwas nur, wenn sie einen Fall hatten und er gewisse Informationen brauchte, die er in seinem Kopf irgendwo vergraben hatte.

Doch heute hatten sie keinen Fall. Es war ein ganz gewöhnlicher Tag, was so viel hieß wie, es war still und langweilig. Doch John hatte nichts dagegen. Der letzte Fall war anstrengend gewesen und er brauchte mal etwas Ruhe bevor sein und Sherlocks Drang nach Gefahr wieder einsetzten.

Der Arzt zuckte mit den Schultern und machte sich daran, das Frühstück inklusive Tee für sich und Sherlock zuzubereiten.

Als er fertig war, stellte er alles auf ein Tablett und ging ins Wohnzimmer. Sherlock saß immer noch in seinem Sessel und war immer  noch mit seinen Gedanken ganz woanders.

Worüber er wohl gerade nachdenkt?, fragte sich John. Er hatte absolut keinen Schimmer worum Sherlock sich Sorgen machte, wenn es keinen Fall zu lösen gab.

Sherlock sah so friedlich aus, ganz anders als sonst, wenn er in seinem Gedächtnispalast war. Sonst stand ihm die Sorge um den Fall immer ins Gesicht geschrieben.

Diesmal lächelt er jedoch sogar ein wenig und John konnte nicht anders als selbst etwas zu lächeln.

Eine Zeit lang setzte er sich einfach nur in seinen Sessel und beobachtete seinen Mitbewohner. Er grübelte darüber nach, was Sherlock wohl für glückliche Gedanken hatte, die ihn so ruhig wirken ließen.

Nach zwanzig Minuten stand er auf und ging zu seinem Freund hinüber. Vorsichtig streckte er seine Hand aus und legte sie auf Sherlocks Kopf. Er streichelte sanft durch seine Locken, immer in dem beruhigendem Wissen, dass Sherlock nicht so leicht aufwachen würde.

Genau dieses Wissen ließ ihn tun, was er als nächstes tat. Langsam beugte er sich herunter und legte seine Lippen vorsichtig auf Sherlocks.

Es sollte nur ein kurzer Kuss werden, nicht viel mehr als Lippen, die ein anderes Paar streiften. Doch John war überrascht als Sherlock tatsächlich zurück küsste.

Er löste sich von seinem Freund und guckte ihn an. Der Detective schien immer noch in seinem Gedächtnispalast zu sein.

"Sherlock?", fragte John vorsichtig, doch es kam keine Antwort.

Er sagte es noch ein weiteres Mal, doch diesmal eindringlicher.

In seinem Gedächtnispalast war Sherlock in seinem "John-Flügel". Er hatte einen ganzen Flügel nur für seinen besten Freund eingerichtet. Es war prunkvoller und heller als der Rest des Palastes und überall hingen Bilder von ihm. Die ganzen Akten berichtete von ihren vielen gemeinsamen Abenteuern, die er nie vergessen wollte und auch nie können würde.

Doch das wichtigste war, dass er seine eigene Nachbildung von John hier drin hatte. Gerade in diesem Augenblick küsste er genau diese Nachbildung.

Er wusste, dass es traurig war, dass er sich mit so etwas zufrieden geben musste, aber er war froh, dass er wenigstens eine Möglichkeit hatte, John jemals zu küssen. In der wirklichen Welt würde das nie passieren.

Doch bald würde er sich wieder in die Realität begeben müssen. Er war schon viel zu lange hier.

Seufzend zog er sich von Johns Abbildung zurück.

"Ich muss gehen", flüsterte er.

"Kommst du wieder?", fragte die Nachbildung hoffnungsvoll.

Sherlock lächelte. "Natürlich."

Und damit ging es für ihn in die Wirklichkeit zurück.

Einen kurzen Moment dachte er, er hätte es nicht geschafft, denn John küsste ihn immer noch.

Verwirrt schlug er die Augen auf. Das war definitiv Bakerstreet und nicht sein Gedächtnispalast.

"Da bist du ja wieder", sagte John, der bemerkt hatte, dass Sherlock seinen Kuss nicht mehr erwiderte.
"Woran hast du gedacht?"

Sherlock war immer noch verwirrt. "Ich ähm... ich glaube... ich habe an... John, warum hast du...?"

"Dich geküsst? Keine Ahnung. Du sahst so friedlich aus und ich dachte, du würdest es nie erfahren. Die Frage ist, warum hast du zurück geküsst?"

Sherlock wurde ein wenig rot. Ok. Untertrieben. Er wurde rot wie eine Tomate.

"Ich könnte oder könnte auch nicht, daran gedacht haben dich zu küssen und möglicherweise könnte ich dich in meinem Kopf geküsst haben, weshalb ich ich in der Realität so reagiert habe."

Verlegen kratzte er sich am Kopf und John lachte.

"Ein hoch auf deinen Gedächtnispalast. Doch jetzt kannst du, wenn du willst, das Original haben."

"Na-natürlich will ich das", stotterte Sherlock, lächelte verlegen und zog John wieder zu sich.

Johnlock OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt