People will talk

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Wörter: 907


Also. So würde es also enden. John hätte nie gedacht, dass er so sterben würde. Im Krieg hatte er geglaubt, er würde an der Kugel sterben, die ihn getroffen hatte. Doch als er wieder zurück nach Hause gekehrt war, war er davon ausgegangen, dass er ein langes, sicheres, langweiliges Leben haben würde. Aber an eine Bombenweste in einem Schwimmbad hatte er nie auch nur einen Gedanken verschwendet. 

Doch genauso war es jetzt. Er stand in einer Umkleidekabine, eine Bombenweste fest um seinen Oberkörper geschlungen und einen dicken, ungemütlich warmen Wintermantel darüber. Er wusste, was er zu tun hatte. Die Stimme in seinem Ohr hatte das sehr deutlich gemacht.

"Ich hab Ihnen ein kleines Kennenlerngeschenk mitgebracht", hörte er plötzlich eine sehr vertraute Stimme rufen. Er wusste sofort, wer es war. "Darum ging es doch die ganze Zeit, oder? Dass Sie mich zum Tanzen bringen wollten mit Ihren Rätseln. Alles, um mich hiervon abzulenken." 

"Gehen Sie raus zu ihm und wiederholen Sie Wort für Wort, was ich Ihnen sage, Johnny Boy", flüsterte die Stimme in Johns Ohr. "Wenn Sie den Mantel öffnen, bevor ich es Ihnen erlaube, macht es bum." Zitternd öffnete John die Tür und trat in den Schwimmbereich. Sherlock stand, einen USB-Stick in erhobener Hand gehalten, mit dem Rücken zu ihm. Als er die Tür hörte, drehte er sich um.

John sah den Schock in seinem Gesicht, die Ungläubigkeit und den Schmerz, dass sein vermutlich einziger Freund ihn so verraten konnte. "N'abend", sagte er. Doch, was er eigentlich sagen wollte, war 'Du weißt, dass ich es nicht bin. Das würde ich dir nie antun können. Er hat mich. Lauf!'

Sherlock starrte ihn immer noch schockiert an und ließ seinen Arm langsam sinken. John versuchte ihm mit seinen Augen zu sagen, was hier vor sich ging, doch er wusste, dass Sherlock zu geschockt war, um es mitzubekommen. Es zerriss ihn innerlich als er den nächsten vorgegebenen Satz heraus brachte. "Das ist eine Überraschung, Sherlock, nicht wahr?"

"John?", fragte Sherlock verletzt. "Was zum Teufel-"

Doch John musste ihn unterbrechen. "Ich wette, das haben Sie nicht erwartet." Sherlock kam langsam auf ihn zu und endlich, endlich durfte John den Mantel öffnen und die Bombenweste zeigen, zeigen, dass es nicht seine Worte waren, dass er Sherlock nie so behandeln würde. "Was meinen Sie, was soll ich ihn als nächstes sagen lassen?" Gott, er hasste dieses Spiel und die Stimme in seinem Ohr, die offensichtlich großen Spaß daran hatte. Man konnte das Grinsen hören.

Als Beweis für seine Überlegenheit ließ die Stimme ihn völligen Schwachsinn von sich geben, bis Sherlock ihn unterbrach. "Hören Sie auf!" John hörte die Angst in der Stimme des Detectives. Angst um ihn, John. John hörte kaum noch, was er sagte, bis... "Das kann ich auch mit John Watson. Seinen Herzschlag verstummen lassen, meine ich." 

"Wer sind Sie?", schrie Sherlock, immer noch voller Angst, und guckte sich hektisch um. John hörte eine Tür quietschen und dann eine Stimme, die er irgendwoher kannte, doch er wagte es nicht, sich umzudrehen. "Ich habe Ihnen meine Nummer gegeben. Ich dachte, Sie würden mal anrufen." 

Von da an bekam John kaum noch etwas mit. Er sah, wie Sherlock seine Pistole zückte und auf den Mann hinter ihm richtete, sah wie sich seine Lippen bewegten, als er mit ihm sprach und wie er die Waffe entsicherte, bekam am Rande mit, wie Moriarty mit Sherlock flirtete und seinen Kurzschluss, dass alle Menschen sterben müssten, bevor Sherlock sich zu ihm wandte. "Alles in Ordnung? " Doch John wagte es nicht, zu sprechen, nicht ohne Stimme im Ohr.

"Sie dürfen reden, Johnny Boy, nur zu." John nickte nur. Sherlock brachte den USB-Stick hervor und hielt ihn Moriarty hin. "Hier."

"Oh, der Speicherstick mit den Raketenplänen. Langweilig", sang er und schmiss den Stick ins Wasser. John nutzte seine Chance und stürzte sich auf Moriarty. "Sherlock, lauf!" Doch Sherlock lief nicht. Er stand einfach nur da, bis ein roter Punkt auf seiner Stirn erschien. John verstand es nicht. Warum hatte Sherlock sich nicht selbst gerettet? Langsam ließ er den Psychopathen wieder los und der rote Punkt verschwand von Sherlocks Stirn.

Als Moriarty endlich weg war, wartete Sherlock nur einen kurzen Moment, bevor er sich auf John stürzte und ihm die Weste vom Leib riss und Moriarty dann hinterher rannte. Johns Beine gaben nach und er musste sich am Pfosten abstützen und hinsetzten. Er wäre gerade beinahe gestorben. Sherlock wäre gerade beinahe gestorben, obwohl er sich in Sicherheit hätte bringen können. Doch offensichtlich war keiner bereit, ohne den anderen zu sterben.

Sherlock kam zurück und lief aufgebracht vor John hin und her. "Geht es dir gut?", fragte John besorgt. "Mir?", fragte Sherlock. "Ja, bestens." Doch er hielt einfach nicht an und lief weiter auf und ab. John stand auf und stoppte Sherlock, packte ihn vorsichtig an den Schultern. "Hey", flüsterte er. "Wie geht es dir?"

"Gut, John, es ist alles bestens!", betonte Sherlock, schien aber immer noch nervös und abwesend.

"Gott, du bist so dickköpfig", lachte John, bevor er sich auf die Zehenspitzen stellte und Sherlock küsste. Das brachte Sherlock zurück ins Hier und Jetzt. Bis jetzt hatten sie das nur hinter geschlossenen Türen und mit zugezogenen Vorhängen in ihrer eigenen Wohnung gemacht. Beide wollten es geheim halten. Doch das war ein öffentliches Schwimmbad, vermutlich mit Kameras.

"Aber John-"

"Ich weiß", sagte John ein wenig außer Atem. "Leute werden reden."

"Ja, macht dich das nicht-"

"Leute werden reden und ich werde stolz sein und ich werde sie reden lassen." Er grinste. "Ich will nicht die einzige Person sein, die weiß, wie sehr ich dich liebe." 

Johnlock OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt