John Watsons Geburtstag

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Wörter: 1365


"Sherlock", rief John von der Haustür aus. "Ich bin zurück."
Er stapfte die Treppe hoch, während die schweren Einkaufstüten ihn runterzogen, weswegen die Stufen lauter knarrten als sonst.

Warum musste es immer John sein, der den Einkauf erledigte? Sherlock hatte diesmal nicht mal eine vernünftige Erklärung gehabt, warum er zu Hause bleiben musste. Er hatte gesagt, er müsse irgendetwas planen. Sherlock brauchte keine Zeit, um Dinge zu planen. Alles, was er jetzt tat, war, in seinen Gedächtnispalast zu gehen und die Pläne entwickelten sich in Sekundenschnelle von ganz allein.

John öffnete die Tür mit seinem Fuß, taumelte in das Wohnzimmer und stellte die Tüten mit einem lauten Geräusch auf dem Boden ab. "Sherlock? Bist du zu Hause?"

Der Raum war leer bis auf ein paar Papiere, die über den Boden verteilt lagen. John riskierte einen Blick in die Küche, in der Sherlocks Labor mal wieder den ganzen Küchentisch und sogar einige der Arbeitsflächen einnahm. Aber immer noch kein Zeichen von Sherlock selbst. Er war wohl wieder zu irgendeinem neuen Fall gegangen.

John bahnte sich einen Weg durch das Chaos zu seinem Sessel uns ließ sich vorsichtig, um die ganzen Papierhaufen nicht umzuschmeißen, in ihm nieder. Er schloss seine Augen und versuchte, das Chaos zu ignorieren. Ohne Erfolg. Er öffnete seine Augen wieder und schaute sich um.

'Gott, so kann ich nicht leben. Ich werde meinen Geburtstag morgen nicht in diesem Durcheinander feiern. Bleibt wohl das Aufräumen an mir hängen. Schon wieder.'

Morgen war wirklich sein Geburtstag und obwohl er keine Gäste erwartete, würde es doch schön sein, den Tag in einer aufgeräumten Wohnung zu verbringen.

Er stand auf und fing mit den Zetteln und Bildern und Notizen rund um seinen Sessel an. Es waren wie es schien drei verschiedene Fälle, drei verschiedene Personen, nach denen John die Zettel auf dem Schreibtisch sortierte. Er ging eine gefühlte Ewigkeit weiter so vor und arbeitete sich immer weiter in den Raum hinein, während er alles an seinen Platz räumte.

Als er endlich die Hälfte geschafft hatte, beschloss er, eine kleine, wohlverdiente Pause einzulegen. Er entdeckte ein kleines, in Leder gebundenes Buch auf Sherlocks Schreibtisch. Der Titel wies es als "Die Nachwirkungen des Verlustes" aus. John hatte nicht die leiseste Ahnung, warum Sherlock so ein Buch besaß, aber da alle anderen Bücher eher blutrünstig waren und oft ziemlich verstörende Themen enthielten, schien dieses wirklich normal. Und John war immer für normal.

Er setzte sich in seinen Sessel und schlug das Buch auf. Er plante, ein oder vielleicht auch zwei Kapitel zu lesen, bevor er sich wieder ans Aufräumen machen würde. Ein kleiner zusammengefalteter Zettel fiel aus dem Buch, sobald er es öffnete. Verdutzt lehnte John sich vor, hob den Zettel auf und faltete ihn auseinander.

Es schien, also ob Sherlock eine Liste geschrieben hatte. John hätte die krakelige Handschrift einfach überall erkannt. Die Liste war durchnummeriert und hatte kleine Kästchen neben jedem Eintrag. Eine To-Do-Liste. Wieder eines dieser Dinge, die Sherlock normalerweise nie machte. Er würde auch in diesem Fall einfach in seinen Gedächtnispalast gehen und dort alles abhaken. 

Also war entweder Sherlocks Gedächtnispalast kaputt, was, soweit John wusste, unmöglich war, oder die Sache, die Sherlock plante, war zu groß, um sie in einem solch abstrakten Ort zu speichern. Das Letztere war wahrscheinlicher und John spürte einen Anflug von Aufregung. Er würde etwas lesen, was die Ungleichheiten zwischen ihm und Sherlock ausgleichen könnte. John Watson würde nicht länger im Dunkeln tappen!

1. Schokoladentorte
Nach den paar Sekunden, die John benötigte, um Sherlocks Schrift zu entziffern, verflog die Aufregung sofort wieder. Er hatte erwartet, etwas zu finden, was mit einem unglaublichen Fall zu tun hatte, von dem Sherlock ihm nicht erzählt hatte. Doch die Aufregung kam sofort zurück, als er realisierte, was das wirklich für eine Liste war. Die Mitbewohner aßen nie Kuchen, außer an Geburtstagen. Und hier stand es auf der Liste, abgehakt und nur einen Tag vor Johns Geburtstag. John lachte in sich hinein und wunderte sich, woher Sherlock das genaue Datum kannte. Dann kam er zu dem Schluss, dass Sherlock vermutlich in seiner Geburtsurkunde nachgeguckt haben muss.

Johnlock OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt