Goodnight my Love

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Wörter: 993



Es war ihr letztes Jahr gemeinsam. Nach diesem Schuljahr würde Sherlocks Familie umziehen, raus aus London. Seine Eltern hatte ihm noch erlaubt, dieses Schuljahr auf seiner alten Schule zu beenden, doch nach dem nächsten Sommer würde er eine andere Schule besuchen müssen. 

Sherlock versuchte, so viel Zeit wie möglich mit seinem Freund zu verbringen. Er konnte sich die Zeit ohne John nicht vorstellen. Eine Zeit ohne all das, was sie hatten. 

Beinahe jedes Wochenende gingen sie auf irgendein Date und es war selten, dass beide in ihrem eigenem Bett schliefen. 

Doch wie immer verging die Zeit mit John viel zu schnell und bald kamen die Sommerferien. Jeder normale Schüler würde sich auf die freie Zeit freuen, doch Sherlock und John bekamen dieses Jahr das Grauen, wenn sie auch nur an die Ferien dachten. Für sie hieß es dann Abschied nehmen.

Am letzten Schultag waren bereits alle Sachen im Haus der Holmes gepackt und alles war abreise bereit. Direkt am nächsten Morgen würden sie aufbrechen. Deshalb sollten auch eigentlich alle im Haus bleiben, doch Sherlock wollte seine letzte Nacht in London an Johns Seite verbringen.

Leise stand er auf und versicherte sich, dass seine Eltern schon schliefen, bevor er sich zur Hintertür aus dem Haus schlich. 

"Na, wo wollen wir denn jetzt noch hin, Bruderherz?", fragte eine Stimmer hinter ihm. Erschrocken drehte Sherlock sich um. Mycroft saß auf der kleinen Bank, die in ihrem Garten stand und starrte seinen Bruder fragend an. 

Sherlock verdrehte die Augen. Das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war sein Bruder, der ihn daran hinderte, zu John zu kommen. "Keine Angst, ich bin pünktlich wieder zurück", giftete er ihn an. 

"Sherlock."

"Was?"

Mycroft lächelte beinahe mitfühlend. Er wusste, dass Sherlock der Abschied von seinem Freund schwer fiel. "Sag John alles Gute von mir."

Sherlock nickte einmal, bevor er sich umdrehte und ging.

Johns Balkontür stand wie immer auf, sodass Sherlock einfach in sein Zimmer gehen konnte. Trotz der späten Stunde lag John noch wach. "Hey", grinste er und streckte Sherlock seinen Arm entgegen. 

"Hey", erwiderte Sherlock und legte sich neben John, der sofort seinen Arm um seinen Freund schlang. "Warum bist du noch wach?", fragte Sherlock leise. 

"Ich wusste, dass du noch rüber kommst."

Eine Weile legen sie einfach nur schweigend da und genossen die Nähe des anderen. Sherlock hätte fast meinen können, dass John eingeschlafen wäre, wenn er nicht seinen Atem beobachtet hätte. 

"Sherlock?", fragte John irgendwann leise. 

"Mmhmm", brummte Sherlock nur. 

"Ich will nicht, dass du morgen gehst." Es war ein einfacher Satz, doch Sherlock konnte die Trauer dahinter hören. Er zog John auf seine Brust und strich beruhigend über seine Haare.

"Ich will doch auch nicht gehen. Aber ich verspreche dir, dass wir uns wiedersehen werden."

"Wirklich?"

"Wirklich. Jetzt versuch zu schlafen."

Leise begann Sherlock zu summen bis John in den Schlaf driftete. Sherlock wollte nicht einschlafen. Dazu hatte er morgen auf der Autofahrt genug Zeit. Jetzt wollte er einfach nur hier liegen und John beim Schlafen zusehen.

Während er das tat, wanderten seine Gedanken zu dem, was hätte sein können. Er hätte so vieles besser machen können, so viele Fehler seinerseits waren unnötig gewesen und hatten ihn nur Zeit mit John gekostet, weil dieser für ein paar Tage nicht mit ihm gesprochen hatte, weil er eine Entschuldigung erwartet hatte. Und jetzt war ihre Beziehung durch seinen Umzug ruiniert.

Die beiden waren schlau. Sie wussten, dass eine Fernbeziehung nicht halten würde, da konnten sie sich nichts vormachen. Und trotzdem tat es weh und keiner wollte wirklich loslassen. 

Eine leise Träne rollte über Sherlocks Wange. Er hatte gar nicht bemerkt, dass er angefangen hatte zu weinen. 

Sherlock hätte nicht sagen können, wie lang er so mit Johns Kopf auf seiner Brust da lag, doch irgendwann wurde es wieder hell draußen. Er wusste, dass seine Eltern kurz nach Sonnenaufgang aufstehen wollten. Wenn er also nicht bald losging, würde er in Schwierigkeiten stecken. Obwohl die Verlockung, einfach bei John einzuziehen, wirklich groß war. 

Er seufzte und schob John vorsichtig um ihn nicht zu wecken von seiner Brust runter. Leise stand er auf. Ein paar Minuten guckte er noch ein letztes Mal auf John hinunter, bevor er sich vorbeugte und ihn auf die Stirn küsste. "Ich liebe dich", flüsterte er. "Und das wird sich nie ändern."

Schweren Herzens verließ er den Raum ohne sich noch einmal umzuschauen. 

Zehn Jahre später hatte Sherlock John immer noch nicht vergessen, doch der Kontakt war abgebrochen. Seit seinem Umzug hatten sie sich nicht mehr gesehen und irgendwann hatten auch die Nachrichten nachgelassen, bis sie schließlich ganz ausgeblieben waren.

Nun arbeitete er im St. Barts an einem seiner vielen Experimente, als er zwei Paar Schritte hörte. Er beachtete sie nicht weiter und konzentrierte sich wieder auf das Mikroskop vor ihm. "Anders als zu meiner Zeit", sagte eine Stimme, die Sherlock irgendwie bekannt vorkam, plötzlich. 

Irritiert schaute er auf. Woher kannte er diese Stimme? Als er sah, wer da stand, erübrigte sich diese Frage. Er hatte sich verändert, aber Sherlock hätte ihn immer noch unter tausend Menschen erkannt. 

"John?", fragte er, so leise, dass es ihn selbst überraschte, dass John ihn überhaupt gehört hatte.

John sah ebenso überrascht zu ihm herüber. Er brauchte ein paar Sekunden, um alles zu realisieren, doch dann erkannte auch er, wer da vor ihm stand. "Sherlock!" 

Sherlock sprang von seinem Stuhl auf und lief auf seinen alten Freund zu. Ohne zu überlegen, ob John noch genauso empfand wie er, zog er ihn an sich heran und küsste ihn. Die Sorgen, die in genau diesem Moment einschlugen, waren völlig unbegründet, denn John küsste sofort zurück. 

Als sie sich wieder von einander lösten, grinsten sie sich einfach nur an, bis Mike sich neben ihnen räusperte. "Also, ich nehme an, ihr kenn euch bereits?" Sherlock grinste noch ein wenig breiter. "Oh ja. Und ich habe ihm versprochen, dass wir uns wiedersehen werden."

"Mike?", fragte John. "Ist Sherlock derjenige, der einen Mitbewohner sucht?" Mike und Sherlock nickten. John grinste Sherlock an. "Wann kann ich bei dir einziehen?"

Johnlock OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt