Prolog

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„Ich will da aber nicht hin". Bockig verschränkte ich meine Arme vor der Brust und blieb wie ein kleines Kind einfach im Wagen sitzen.
Liam verdrehte genervt die Augen und setzte seinen Sohn ab, der mich wartend ansah.
„Harry, wie oft haben wir das besprochen?".
100 Mal. Das wusste ich selbst, dennoch änderte es nichts daran. Ich war einfach noch nicht bereit dafür.
„Harry, bitte. Es ist doch nur eine Besprechung."
Niall hob den Sohn von Liam auf den Arm und sah mich wartend an. Noch immer bockig schüttelte ich meinen Kopf.
„Ich wurde eindeutig überstimmt. Macht es doch alleine. Ich habe keine Lust darauf. Zayn muss ja schließlich auch nicht mitmachen".
Schon als ich es aussprach, bemerkte ich meinen Fehler. Entschuldigend sah ich zu Liam, der nun mit versteinerter Miene da stand. „Tut mir leid", nuschelte ich und stieg aus dem Wagen.
Manchmal kamen die Worte einfach, ohne das ich vorher drüber nachdachte.
„Gut, da wir nun alle den Weg aus dem Wagen geschafft haben, können wir ja endlich rein gehen". Niall grinste und versuchte vermutlich die Stimmung wieder zu lockern, was ihm hoffentlich gelang.
Liam hatte es nach all den Jahren noch immer nicht überwunden, auch wenn er mittlerweile verlobt war und einen Sohn hatte.
Dieses Gigi-Ding, wie Niall es immer nannte, hatte ihm ein tiefes Loch ins Herz gerissen.

Die Beiden gingen vor und klopften an die massive Eichentür, während ich mich versuchte hinter Liam unsichtbar zu machen.
Sieben Jahre hatte ich mich vor diesem Tag gefürchtet.
Sieben Jahre, in denen ich meine Gefühle noch immer nicht ordnen konnte.
Sieben Jahre, in denen ich wirklich alles versuchte, um mich zu verlieben, es mir manchmal sogar einredete, doch es brachte am Ende nichts. Am Ende war es noch immer ER.

„Da seid ihr ja!".
Bei seiner Stimme bildete sich eine Gänsehaut auf meinem Körper und meine Nackenhaare stellten sich auf. Wie sehr mir seine Stimme gefehlt hatte.
Völlig in Gedanken merkte ich nicht, wie sich meine Schutzwand aus Liam, Niall und dem kleinen Bear auflöste und Louis vor mir stand.
Erschrocken blickte ich in die mir so vertrauten Augen.
Vertraute Augen, die doch so weit entfernt waren.
„Harry".
Mehr als ein leises Flüstern kam nicht aus seinem Mund und unbeholfen wie ich war, hob ich meine Hand zum Gruß, so wie man es bei flüchtigen Bekannten tat.
Doch das waren wir nicht.
Oder vielleicht doch. Mittlerweile.

Wir sahen uns direkt in die Augen.
Diese wundervollen Augen, die so viel mit mir erlebt hatten.
Die mein Leben soviel sinnvoller machten damals.

„Ich hab es dir gesagt. Du schuldest mir 100 Dollar Payno."
Ein Lachen erklang und Louis und ich schraken auseinander. Wehmutig ließen wir unseren Blickkontakt los und sahen beide zu Niall, der grinsend die Hand vor Liam ausstreckte.
„Spinn nicht rum Niall und lasst uns endlich reingehen".

Louis Haus war groß.
Imposant.
Und kalt.
Nichts vertrautes zierte das Wohnzimmer.
Keine Bilder, keine privaten Dinge - Nichts.

Er schien meinen Blick zu bemerken.
„Ziemlich kahl hier, hm? Meine persönlichen Dinge sind in meiner Wohnung in London. Dies hier dient lediglich als Schlafplatz, wenn ich in L.A. bin".
London?
„Du hast die Wohnung noch?". Ich konnte nicht vermeiden, dass meine Stimme eine Oktave höher ging.
Seine Wohnung.
Seine erste, eigene Wohnung.
Louis nickte verlegen und sah auf seine Schuhe.
„Ich konnte sie nicht auflösen. Nicht diese Wohnung".

Mein Herz setzte aus.
Natürlich konnte er es nicht. Er konnte es genau so wenig wie ich. Auch ich konnte meine erste Wohnung nie auflösen. Auch wenn ich nie dort war, weil es einfach zu schwer war.

„Können wir dann anfangen?".
Liam, der sich bereits mit Niall und Bear auf das Sofa niedergelassen hatte, sah uns mit einem leichten Grinsen auf den Lippen an.
Ich wusste was er dachte und er hatte Recht. Zumindest was mich betraf.
Ich empfand nach all den Jahren noch immer das Gleiche für Louis.
Auch wenn es nie wirklich ausgesprochen wurde, nie zwischen uns geklärt wurde - das was wir damals hatten, all die Gefühle - sie waren noch präsent.

Und das würde für das kommende Projekt sicherlich ein Problem werden.

Ein Herzschlag entferntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt