24.12.

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Es war der 24. Dezember.
Die Wochen waren nur so dahin geflogen und schneller als man gucken konnte, hatten sich die Menschen auf Weihnachten eingestimmt.

In den vergangenen Wochen hatte ich jede Nacht bei Louis geschlafen.
Ich wollte einfach sicher gehen, dass er keine Dummheiten tat.
Auch hatte ich mich mit Briana getroffen und mir noch einmal die Geschichte aus ihrer Sicht angehört. Danach bestärkte sich mein Beschützerinstinkt und ich ließ Louis kaum noch aus den Augen.
Ich begleitete ihn zu jeder seiner Therapiestunden, auch wenn ich nicht an jeder Teil nahm. Oft saß ich einfach nur im Wagen oder in dem Wartezimmer und wartete auf ihn, bis er fertig war.
Dr. Sullivan, Louis' Therapeutin, begrüßte mich jedes Mal freundlich und informierte mich über seine Fortschritte.
Sie hielt es für sehr unwahrscheinlich, dass Louis nochmal Drogen nehmen würde, doch ich wollte mich einfach vergewissern.
Und vielleicht, ja vielleicht genoss ich es auch einfach neben ihm zu schlafen.
Es beruhigte nicht nur ihn.

Doch heute war wie gesagt der 24. Dezember.
Und das hieß es war nicht nur Weihnachten, sondern auch Louis' Geburtstag.
Er hatte mich nicht gebeten zu ihm und seiner Familie zu kommen, dennoch wusste ich, dass es ihm eine große Freude bereiten würde, wenn ich an diesem Tag bei ihm war. Und seiner Genesung würde dies sicher gut tun.
Ich rief meine Mutter an und vertröstete sie auf den folgenden Tag, was sie Anfangs nicht gut hieß, doch als sie meine Gründe hörte, war sie auf einmal der Meinung, dass man Weihnachten eh überbewertete.

****

Vollgepackt mit reichlich Geschenken für all die Geschwister von Louis und natürlich einem Geburtstagsgeschenk für ihn klingelte ich am späten Nachmittag an der Eingangstür der Familie.
Lediglich Lottie, Louis' Schwester, wusste das ich kommen würde.
Und sie hatte sich gefreut wie ein Honigkuchenpferd.
So wunderte es mich auch nicht, dass kurz nach meinem Klingeln mir die quirlige Blondine die Tür öffnete und mir freudestrahlend in die Arme fiel.

„Oh Harry, du weißt gar nicht wie glücklich ich bin dich zu sehen".
Lächelnd drückte sie mir einen Kuss auf die Wange und nahm mir die Tüte mit den Weihnachtsgeschenken ab.
„Er wird Augen machen", kicherte sie und wollte die Haustür wieder öffnen, als sie inne hielt und sich ihr fröhliches Gesicht zu einer ernsten Miene änderte.
„Ihm geht es heute sehr schlecht, Haz."

Ich folgte Lottie in das große Haus.
Es herrschte großer Trubel und die Lautstärke glich die an einem Bahnhof.
Grinsend blieb ich im Türrahmen des Wohnzimmers stehen und betrachtete das Gewusel vor mir.
Die Zwillinge, Ernest und Doris, liefen lachend durch das Wohnzimmer. Doris, nebenbei keine Hose an, schrie während ihr Bruder versuchte sie zu fangen.
Louis' Stiefvater saß auf dem Sofa und versuchte die Lichterkette für den Weihnachtsbaum auseinander zu tüddeln, während Louis und seine anderen Schwestern den Baum schmückten.
„Ich habe jemanden mitgebracht!", rief Lottie in die Menge und sofort huschten alle Augen zu mir.
Grinsend winkte ich in die Menge und es schien, als wenn es mit einem Mal Mucksmäuschenstill wurde.
Mein Blick flog zu Louis, der mich mit offenen Mund anstarrte.

Die Überraschung war wohl gelungen.

„Harry!".
Doris war die Erste die aus der Starre erwachte und rannte mir, immer noch ohne Hose, entgegen. Lächelnd hockte ich mich hin, fang den kleinen Wirbelwind auf und nahm sie auf meinen Arm.
„Na, Prinzessin".
Lächelnd küsste ich ihre Wange und sah ihr in die strahlenden Augen.
„Warst du denn artig? Denkst du, du bekommst Geschenke vom Weihnachtsmann?".
Eifrig nickte die Kleine.
„Ich war immer artig", bestätigte sie und nickend ließ ich sie wieder auf den Boden.

Der Rest der Familie erwachte auch endlich und so fand ich mich in einem Meer aus Menschen wieder, die mich umarmten.
Zum Schluss stand Louis vor mir.
„Du bist hier", flüsterte er und sah mich an, als wenn er es nicht glauben konnte.
„Na heute ist doch dein Geburtstag. Denkst du den kannst du ohne mich feiern?".
Verlegen lächelte mein Ex-Freund und drückte sich in meine Arme.
„Das bedeutet mir so viel, danke".

****

Kurz nach mir erschien Briana gemeinsam mit Freddie.
Ich fand es schön, dass Louis Weihnachten gemeinsam mit seinem Sohn verbrachte und es schien mir, dass jeder hier Briana als Familienmitglied akzeptiert hatte.
Der kleine Sohn von Louis war außer sich vor Freude als er mich sah.
Wir hatten irgendwie einen Narren aneinander gefressen und auch ich war glücklich den kleinen Sonnenschein wieder in meinen Armen zu halten.

Wir aßen gemeinsam, wobei diese Gans die Louis' Stiefvater gemacht hatte wohl die Beste meines Lebens war und anschließend gab es die Bescherung.
Lächelnd hatte ich die Zwillinge und Freddie dabei beobachtet, wie sie jedes Geschenk völlig aufgeregt und voller Freude geöffnet und sich danach bei dem Weihnachtsmann bedankt hatten. Er war zwar nicht hier, aber Ernest erklärte mir, dass der Weihnachtsmann das schon hören würde.

Der Abend war harmonisch und langsam kehrte Ruhe ein.
Briana und Freddie verschwanden und auch die Zwillinge wurden ins Bett gebracht.

„Harry, jetzt lass den Abwasch. Das machen wir morgen".
Seufzend ließ ich den Teller im Geschirrspüler verschwinden und drehte mich zu Lottie.
„Wie du meinst".
Wenn ich schon Gast in diesem Haus sein durfte, wollte ich auch beim Aufräumen helfen. Doch anscheinend gefiel das der Blondine nicht.
„Louis ist im Garten".
Ich verstand ihren Wink mit dem Zaunpfahl, schnappte mir mein Geschenk für ihn und ging ebenfalls in den Garten.

Louis saß in der alten Hollywoodschaukel, eine Zigarette zwischen den Lippen und einem Bier in der Hand.
Als er mich sah, stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen und ich setzte mich neben ihn.
„Danke das du gekommen bist, Haz. Das hat den Tag erträglicher gemacht".
Ich wusste wie Louis das meinte. Seinen Geburtstag und Weihnachten ohne die Mutter zu feiern, war vermutlich jedes Jahr die reinste Qual.

„Ich habe hier noch ein Geschenk für dich".
Louis nahm die Schachtel in die Hand und sah mich an.
In meinem Körper begann es zu Kribbeln und Nervosität breitete sich aus.
Ich wusste nicht wie er reagieren würde, dennoch hoffte ich das ihm mein Geschenk gefiel. Es war eigentlich die Idee von Niall gewesen und Anfangs fand ich es dumm. Es war kein richtiges Geschenk, doch als auch Hailee sagte ich sollte ihm das schenken, war ich mir sicher. Doch jetzt, jetzt wo Louis das Geschenk in den Händen hielt und es jeden Moment öffnen würde, war ich mehr als unsicher.

Und dieses Kribbeln in meinem Bauch machte mich fast fertig.

Ein Herzschlag entferntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt