Zayn

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Ohne zu klopfen riss ich die Zimmertür auf, bereit los zu schreien und Liam eine saftige Standpauke zu geben. Wie dumm war er denn? Er konnte doch nicht einfach sein Leben aufgeben.
Nicht wegen mir!
Nicht wegen dieser dummen Frage!

Gerade als ich mit meiner Standpauke anfangen wollte, hielt ich jedoch inne.
Der Anblick der sich mir bot, versetzte meinem Herz einen Stich und es war mir unmöglich, hier jetzt irgendwie rumzuschreien.

Liam saß zusammengekauert auf dem Bett, die Beine an seine Brust gezogen und weinte. Und wie er weinte. Die Schluchzer die seinen Mund verließen gingen als komplettes Beben durch seinen Körper.
Ein Anblick, den ich nur schwer ertrug.

Zögerlich machte ich einen Schritt auf ihn zu, doch er sah nicht auf.
Es schien gar so, als wenn er mich gar nicht bemerken würde.
Doch den lauten Knall der Tür müsste er eigentlich gehört haben.

Langsam ging ich auf das Bett zu und selbst als ich mich neben Liam nieder ließ, sah dieser nicht auf.
Ein heftiger Schluchzer ging durch seinen Körper und in mir zog sich alles zusammen.
Ich litt jedes Mal mit wenn er traurig war.
Anscheinend hatte sich das nach all den Jahren noch immer nicht geändert.

Behutsam legte ich meine Hand auf seine Schulter, als Liam erschrocken den Kopf hoch riss und mich mit verweinten Augen geschockt ansah.
Er hatte mich also wirklich nicht bemerkt.
„Li-", begann ich, doch er schlug meine Hand weg und vergrub sein Gesicht wieder in seinen Armen, die er verschränkt auf seine Knie abgelegt hatte.
„Geh!".
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich jetzt gehe".
Was dachte er sich denn eigentlich?
Beendete hier wegen mir seine Beziehung, löste sogleich die Verlobung auf und verließ die Mutter seines Kindes?
Hier brauchte es einiges an Redebedarf.

Liam ignorierte mich und weinte still weiter.
Doch ich kannte ihn einfach zu gut, um nicht zu wissen wie ich in einer solchen Situation an ihn ran kommen würde.

Vorsichtig kletterte ich hinter ihn, schlang meine Arme um seinen Oberkörper und legte mein Kinn auf seinem Rücken ab.
Liam reagierte nicht, doch das kannte ich schon.
Er konnte wirklich sehr stur sein.
Behutsam schob ich meine Hände auf seinen Bauch und begann sanfte Kreise zu ziehen. Und es wirkte.
Liams Körper entspannte sich und je länger ich ihn den Bauch streichelte, desto weniger wurden auch seine Tränen.
Er liebte diese Geste.
Er hatte mir einmal anvertraut, dass seine Mutter das bei ihm immer gemacht hatte, wenn es ihm schlecht ging.
Und so war es jahrelang meine Aufgabe ihm den Bauch zu streicheln.
Wenn er krank war, wenn er Kummer hatte, wenn er schlechte Laune hatte... einfach immer, wenn er es brauchte.

Als die Schluchzer komplett aufgehört hatten, versuchte ich erneut mit ihm zu sprechen.
„Liam", murmelte ich leise gegen seinen Rücken, streichelte seinen Bauch aber weiter.
„Bitte red endlich mit mir."
Ich wollte die Anderen nicht in die Pfanne hauen.
Liam sollte mir selbst sagen was passiert war.
Und vor allem, warum er so voreilig gehandelt hatte.
Selbst wenn er unglücklich war, konnte man an einer Beziehung arbeiten.

„Ich...wir... wir haben uns getrennt".
Es war nur ein Flüstern, dennoch hatte ich es verstanden.
„Und warum habt ihr euch getrennt?", wollte ich wissen und hörte mit meiner Streicheleinheit auf. Ich wechselte meine Position, setzte mich vor Liam in den Schneidersitz und knotete seine Arme auseinander.
Lächelnd nahm ich seine Hände und er sah mich endlich an.

Liam rang noch immer mit sich, war sich vermutlich nicht sicher, ob er mir die Wahrheit sagen wollte, doch das beruhigende Streicheln seiner Hände, ließ ihn dann endlich die letzten Blockaden lösen.
„Ich habe ihr die Wahrheit gesagt. Ich-".
Liam holte einmal tief Luft und schaute auf unsere Hände.
„Ich bin schwul ... richtig schwul."

Äh.
Okay?

Ich löste meine Hand aus seinen und legte einen Finger unter sein Kinn, damit er mich wieder ansehen musste. Leicht Lächelte ich und nickte, denn er war noch lange nicht fertig.
Frustriert schloss er einmal seine Augen, nur um mich danach mit einem leichten Tränenschleier auf ihnen wieder anzusehen.
„Ich habe es wirklich versucht, Zayn. Habe so viele Freundinnen gehabt und sogar ein Kind gezeugt, aber...ich kann an Frauen einfach nichts finden. Sie machen mich einfach Null an."

Eine Frage brannte mir auf der Seele und vermutlich war es nicht der richtige Moment diese zu stellen, doch ich musste es einfach wissen.

„Wenn du Frauen so abstoßend findest, wie hat das dann mit Bear geklappt? Wie hast du... naja...du weißt schon".
Liam senkte schüchtern seinen Blick und wurde rot.
Na auf die Antwort war ich nun wirklich gespannt.
„Ich habe an jemand anderen gedacht."

Lächelnd nahm ich wieder seine Hände.
Das hatten wir alle doch schonmal.

„Und warum bin ich jetzt hier Liam? Warum hat Cheryl mich angerufen und gesagt ich kann dir helfen?".
Liams Miene verhärtete sich und der Rotschimmer wich.
Anscheinend hatte ich eine falsche Frage gewählt.

Ein Herzschlag entferntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt