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Ich machte mir Sorgen.

Es war unüblich für Louis sich nicht am nächsten Tag bei mir zu melden.

Er schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Er ging nicht an sein Handy, war nicht zu Hause und auch bei Freddie war er nicht.

Niemand wusste wo er war.

Weder Briana, noch Lottie oder die anderen Jungs.
Nichtmal Paul wusste wo er abgeblieben war.

Was war wenn er wieder etwas dummes getan hatte?
Wenn er - nein. Daran wollte ich jetzt nicht denken.

Verzweifelt lief ich in meinem Haus auf und ab.
Drehte beinahe am Rad, als ich meine Haustür hörte wie diese geöffnet wurde.

"Louis?".

Sofort rannte ich in meinen Flur, doch musste enttäuscht feststellen, dass es sich nicht um meinen Freund handelte, sondern um Niall und Hailee.

"Ist er noch immer verschwunden?", wollte mein bester Freund besorgt wissen und beklommen nickte ich.
"Ich weiß einfach nicht mehr wo ich noch anrufen soll. Keiner weiß wo er ist und keiner kann ihn erreichen".

Hailee sah mich traurig an und schmiegte sich in meine Arme.

"Wenn Louis nicht gefunden werden will, dann wirst du das auch nicht. Du kennst ihn. Er wird sich wieder bei dir melden".
"Spätestens morgen auf der Met-Gala wirst du ihn sehen", kam es von Niall und nachdenklich ließ er seinen Blick schweifen.

"Das Outing von Zayn und Liam hat ihn vollkommen aus der Bahn geworfen".

Hailee und Niall nickten.

"Sie haben das getan was er sich schon so lange wünscht. Sie können frei sein, ihre Liebe zeigen während wir wie in einem Käfig zusammen eingesperrt sind. Und wessen Schuld ist das? Meine".
Ich wollte nicht wie ein weinerlicher Jammerlappen rüberkommen, doch so war es nun mal.
Ich war daran schuld das es Louis so schlecht ging.

"Es gibt bei dieser Geschichte zwei Seiten, Harry. Louis' Seite, auf der er sich gerne outen möchte und am liebsten jedem Menschen auf dieser Welt zeigen will das du sein Freund bist. Er will mit dir ins Kino gehen, spazieren und diesen normalen Pärchenkram machen und dann gibt es da deine Seite. Die Seite die euch beschützen will, eure Privatsphäre sichern will und euch nicht noch mehr Fotografen an den Arsch heften möchte als ohnehin schon. Die Seite die eure Liebe als reine Privatsache ansieht."

Nickend stimmte ich meinem besten Freund zu.

"Aber ihr müsst einen Kompromiss finden. Wenn ihr immer zwischen diesen zwei Seiten steht wird das am Ende wieder genau so enden wie vor wenigen Monaten. Ihr macht euch beide das Leben damit schwer und zerstört alles was ihr euch aufgebaut habt. Ihr zerstört euch selbst und das ist nun wirklich keine Lösung".

Bei Hailees Worten musste ich den dicken Kloß in meinem Hals herunter schlucken.

Sie hatten beide sowas von Recht.

Doch es gab hier keinen Kompromiss.

Es gab nur Entweder Oder.

Und ich wusste nicht für was ich mich davon entscheiden sollte.

Ich war dieses Thema schon hunderte Male in meinem Kopf durchgegangen.

Hatte unendlich lange mit Dr.Sullivan darüber gesprochen und trotzdem war ich zu keinem Entschluss gekommen.

Diese ganze Situation überforderte mich.

Es war ja nicht so, als wenn man sich ein Fahrrad kaufen würde und wenn es einem doch nicht passte, tauschte man es einfach um und nahm sein Altes zurück.

Man konnte sein Leben nicht wieder umtauschen und zu einem früheren Zeitpunkt zurück reisen.

Wenn wir uns einmal geoutet hatten, dann mussten wir damit leben. Wir konnten nicht in eine Zeitmaschine steigen und es ungeschehen machen.

Wir konnten die Zeit nicht zurückdrehen, auch wenn wir es uns so oft wünschten.

Zurückdrehen.

Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf und schnappte mir meinen Autoschlüssel.
"Harry? Was ist los?", wollte Niall wissen, doch ich war schon fast aus der Tür.

"Ich weiß wo Louis ist".

****

Der Kies knirschte unter meinen Schuhen, als ich das alte Eisentor hinter mir zufallen hörte.

Kälte durchzog mich und fröstelnd schlang ich meine Arme um meinen Oberkörper.

Ich hatte diesen Ort nie besucht.

Hatte ihn stets gemieden und dennoch wusste ich genau wo ich hin musste.

Wenige Schritte trennten mich von ihm.

Ich konnte ihn sehen.

Wie er da saß, wie ein Häufchen Elend.

In mir zog sich alles zusammen und ich wusste genau das er weinte.

Ich konnte das Beben welches durch seinen Körper ging auch aus dieser Entfernung sehen.

Ich ging einige Schritte weiter und auch wenn er mich gehört hätte, drehte er sich nicht um. Vielleicht rechnete er auch nicht mit mir.

Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen, blieb dicht hinter ihm stehen und schaue mit großer Trauer auf den Grabstein vor uns.

Leises Schluchzen kam aus dem Mund meines Freundes, während er sich an einer einzelnen Rose klammerte als wäre diese sein letzer Anker.

Ich kniete mich neben ihn, meine Knie versanken im nassen Gras als ich meine Arme um ihn schloss.

"Boo", hauchte ich leise und drückte meinen Freund an meine Brust.

Das Schluchzen wurde lauter und nun liefen auch mir die Tränen über die Wange.

Den Grabstein seiner Mutter zu sehen machte das ganze zu real.

An diesem Ort wurde einem bewusst das sie wirklich von uns gegangen war.

Nicht mehr hier war.

Ihren Sohn nicht mehr trösten konnte.

"Sie...sie", schniefte Louis, doch ich schüttelte nur meinen Kopf und drückte meine bebenden Lippen auf seine Stirn.

"Es wird alles gut, Boo. Ich verspreche es dir."

Ein Herzschlag entferntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt