Kapitel 41: Alles Bestens.

1.2K 91 6
                                    

Laut atme ich aus und lege meine Hand auf die Türklinke, um nach draußen zu kommen, als plötzlich ein Handy klingelt.

„Andrew Adams." sagt die Stimme ruhig, als das Klingeln erlosch.
„Ja, ich komme sofort. Bin in der Gegend." fährt er fort und ich höre, wie er sich auf der Treppenstufe dreht und sich die Schritte entfernen.
„Ich glaube dir mal." sagt er zum Abschied, bevor man laut die Haustür zuschlagen hört.

Sofort mache ich die Tür auf und laufe zu meinem Bruder nach unten, der etwas angeekelt ins Wohnzimmer sieht.
„Schlägt Kinder und betrügt seine Frau. Die haben nicht geredet, das war dirty Talk oder so. Er hat gerade den Gürtel zugemacht, als ich unten war. Sie konnte sich anscheinend nicht so schnell anziehen." erklärt er und ich folge seinem Blick, wo eine Frau um die 50 steht und nur schützend eine Decke vor sich hält.
„Komm, sie trifft keine Schuld." beruhige ich meinen Bruder und lege meine Hand auf seinen Brustkorb, der sich ungleichmäßig hebt und senkt.
Er ist wütend. Sehr wütend.

„War das...?" fragt Evelyn erschrocken, was mich nur nicken lässt.
Meine Beine geben nach...
„Layla!" sagt sie laut und zerrt mich auf das Gästebett, während ich anfange viel zu schnell zu atmen.
Nein... bitte nicht...
„Ich bin da..." flüstert Evelyn und hält mein Gesicht in ihren Händen.
„Ich weiß..." antworte ich und greife nach ihrem Arm, was alle im Raum überrascht beäugen.
„Keine Panikattacke und kein Anfall..." haucht sie und streicht mir eine einzelne Träne vom Gesicht.
„Alles ist gut..." kommt es wieder über meine Lippen, obwohl ich das Gefühl habe, von innen zerrissen zu werden.
Entspann dich'
Lass mich in Ruhe.
‚Steh auf.'
Nein.
‚Mach!'

Langsam setze ich mich auf, was Evelyn aufhalten will, doch ich drücke ihren Arm sanft weg und stelle mich vor das Bett.
‚Manu und Kylie haben dadrin heute Nacht Sachen getan, die du dir nicht vorstellen willst.'
Was willst du gerade von mir?
‚Konzentrier dich einfach drauf zu stehen. Vertrau mir. So wie damals. Beste Freunde für immer.'
* „Joonie?" weine ich laut, da ich in meinem Zimmer nichts als Dunkelheit erkennen kann.
„Ich bin doch da!" antwortet er ruhig und schnippt nach oben, da er extra neben meinem Kinderbett schläft.
„Weißt du was?" frage ich unter Tränen.
„Was gibts Prinzessin?" flüstert er und wischt mir mit dem Daumen meine Krokodilstränen weg.
„Du bist mein aller bester Freund..." schluchze ich, was meinen Bruder nur lächeln lässt.
„Und du meine aller beste Freundin." antwortet er und haucht mir einen Kuss auf die Wange.
„Also sind wir beste Freunde für immer?" frage ich nach und halte seine Hand mit meinen kleinen Fingern bei mir.
„Beste Freunde für immer." versichert er mir, nimmt mich in den Arm und legt mich neben sich auf die schmale Matratze.*
‚Da hab ich halb auf dem Boden geschlafen.'
Ich weiß...

„Alles wieder klar?" fragt Manu besorgt und fährt mir mit der Hand über die Schulter.
„Alles bestens." lächle ich und laufe aus dem Raum, was mir die anderen mit einem kleinen Abstand gleich machen.

„Es wäre besser, wenn Sie jetzt gehen. Der Sexbesuch hat ja für genug Aufregung gesorgt. Außerdem kann ich Sie nicht mehr ansehen, ohne Ihre Schwabbeltitten vor den Augen zu haben, die gerade von meinem Erzeuger springen." bittet mein Bruder die ältere Frau, die nur peinlich berührt mit all ihren Sachen im Flur steht.
„Ich wollte eh gehen..." haucht sie und sprintet förmlich aus dem Haus.
„Alles gut Layla? Du bist so blass..." fragt Kylie tatsächlich etwas besorgt, was mich nur nicken lässt.
„Muss nur mal kurz auf Toilette." lächle ich beruhigend, drehe mich um und sprinte die Treppe hinauf zu Evelyns Badezimmer.

„Du unnützes Stück Scheiße.
Versteckst dich wie ein Feigling vor deinem Vater.
Du wirst nie etwas erreichen.
Jeder wird dich verlassen.
Und fett bist du auch wieder geworden... Du warst so schön dünn... inzwischen bist du fast wieder im Normalgewicht...
Verrecken solltest du an deiner Magersucht, aber selbst dafür bist du ja zu dumm.
Aber sich nicht mal die Pulsadern aufschneiden zu können, ohne erwischt zu werden... Einfach peinlich!"
Stimmen. So viele. Zu viele.
Leise fahre ich die Tür mit meinem Rücken herunter und starre zur Wand mir gegenüber.
Meine Sicht ist durch die Tränen schon längst verschwommen.
Mein Gesicht beginnt zu brennen, da immer mehr stumme Tränen über dieses fließen.

Kraftlos drücke ich mich an der Wand nach oben und spüre, wie meine Beine wieder nachlassen wollen.
Langsam schleiche ich zum Waschbecken, an dem ich mich nur mit viel Mühe halten kann, um dann in den Spiegel zu sehen.
Tod mustern mich die Augen meines Spiegelbildes.
„Layla! Kommst du jetzt mal?!" brüllt Kylie von unten, weshalb ich mir schnell Wasser ins Gesicht spritze, einen neutralen Ausdruck annehme und schnell nach unten gehe.

„Du darfst wohl nicht anfangen?" grinse ich, während sie mich beleidigt mustert und nickt.
„Spiegelei, isst du doch am liebsten." trällert mein Bruder und schöpft mir eine ordentliche Ladung auf den Teller, um mir dann zuckersüß einen Kuss auf den Hinterkopf zu hauchen.
„Aber natürlich Schatzi, vielen dank!" lache ich und klatsche ihm sanft mit einer Hand auf die Wange.
„Moment mal, in welchem Film sind wir hier gerade?" fragt meine Freundin von der Seite und streicht mir mit ihrer Hand über den Arm.
„Manu und ich sind keine Geschwister... Wir sind schwer Verliebte, die mal Abwechslung brauchen." sage ich kalt und starre auf das Rührei.
„Wäre mir Essen nicht wichtiger als alles andere, hätte ich sie jetzt auf den Teller gespuckt." schmatzt Kylie vor sich hin, während sie sich eine Gabel nach der anderen in den Mund schaufelt.
„Also passt ein Dreier doch? Ich fand Manulein schon die ganze Zeit sehr anziehend..." schwärmt Evelyn und läuft zu meinem Bruder, um sich an seinen Unterarm zu klammern.
„Übertreib es nicht Schnecke." mahnt sie Kylie und deutet mit der Gabel auf sie.
„Vierer?" harkt sie nach.
„Nein." antwortet Kylie ernst, woraufhin sich meine Freundin schmollend wieder auf ihren Platz begibt.

„Autsch." schmunzle ich und greife mir ans Herz.
„Er ist ja auch um einiges heißer als du."
Sie liebt mich.
„Wer's glaubt."
„Oh Baby, ich will doch nur dich." kichert die Braunhaarige und fällt mir um den Hals, was mich nur nicken lässt.
„Da verpasst du was." hängt sich die Kleinste im Raum ins Gespräch.
„Ist gut jetzt, iss dein Ei Babe." sagt mein Bruder ernst und streichelt ihr über den Rücken, was sie nur freudig lauter Schmatzen lässt.
„Wenigstens einer unterstützt mich!" schnauzt sie uns an.
„Ja, entweder damit du die Klappe hälst, oder damit du richtig rund wirst und dich keiner mehr will außer er." grinse ich, wofür ich ein Stückchen Ei ins Gesicht bekomme.
„Hör lieber auf. Wenn sie mit Essen wirft, ist es kein Spaß mehr." lacht Evelyn und beginnt ebenfalls zu essen, was ich nur zögerlich nachmachen kann.

„Alter ich glaub gestern hat irgendwas meinen Magen etwas verdorben..." knurre ich mit verzogenem Gesicht, stehe ohne weiteres Kommentar auf und sprinte nach oben ins Badezimmer.
Schnell schließe ich die Tür hinter mir ab und sehe zur Kloschüssel.
Es fängt alles wieder von vorne an...
„Sollte es auch. Hat niemand mehr verdient als du."
Wahrscheinlich...

‚Layla.'
Und noch eine Stimme ertönt.
‚Mach nicht das, was ich denke.'
Du bist Tod. Du kannst nicht denken. Geh. Lass mich heute einfach in Ruhe. Und das ist keine Bitte!
Stille durchfährt den Raum, nicht mal Gedankengänge schwirren durch meinen Kopf, während ich mich über die Kloschüssel lehne.
Das ist nicht gut.
Anfänger brauchen Monate um sich übergeben zu können, doch hat man einmal den Trick raus, braucht man nur daran zu denken.
Und tatsächlich, bevor ich mir den Finger erst richtig in den Hals schieben konnte, kam alles vom Frühstück wieder auf meinem Magen.
Schnell spüle ich, laufe zum Waschbecken und wasche mir den Mund aus.
So was ekelhaftes, das konnte ich noch nie ab.
„Du kannst dir aber nichts anmerken lassen. Denk dran, wo du sonst wieder hin musst."
Ich denke dran.

Psycho and Cutie-After closed doorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt