Kapitel 85: Nicht jetzt

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Aber warum fühle ich mich so, als ob ich Evelyn betrüge?

Schweigend brate ich drei Spiegeleier an, bis ich zwei Arme um meiner Taille spüre.
"Morgensport lässt einen eigentlich auch gut in den Morgen starten." haucht sie von hinten in mein Ohr, weshalb ich mich umdrehe und in zwei klare, blaue Augen sehe.
"Ist das so?" grinse ich, hebe das Fliegengewicht vor mir an und setze sie auf den Küchentresen.
"Manu bringt mich um, wenn ich seine kostbare Küche beschmutze." schmunzle ich, während sich unsere Lippen hauch zart berühren.
"Dieses Risiko muss ich wohl eingehen." lächelt Stella, muss sich jedoch von mir lösen, als ich einen Satz nach hinten mache, da ich Kylie die Treppe herunter stampfen höre.
"Wisst ihr, ich würde so gerne fragen... aber, da die Weiber bei Layla lauter schreien, als wild gewordene Affen, brauch ich das nicht..." sagt sie sofort.
"Bei uns beiden war es andersherum." grinst die Kurzhaarige und springt von der Küchenzeile.
"Vergangenheit, bei Manu bring ich höhere Töne raus." kontert sie, worauf sich Stella schmerzerfüllt ans Herz fasst und anfängt zu kichern.
"Und wir sind wieder zusammen..." flüstert sie, weshalb ich sie grinsend ansehe, während ich ihr eins der Eier in die Hand drücke.
"Welch Wunder." lache ich und schmeiße mich neben meinen Hund auf die Couch, der mich nur mit raushängender Zunge und wackelnder Rute beobachtet.
Plötzlich starrt er an mir vorbei, was mich erst verwundert zu ihm sehen lässt, bis ich mich auch in die Richtung drehe und vor Schreck den Teller fallen lasse.
Entsetzt rapple ich mich auf, bis ich an der Schulter gepackt werde.
"Layla, hey, was ist los?" fragt die junge Frau und verfolgt meinen Blick, wo sie nichts zu erkennen scheint.
"D...Do..." stottere ich, doch Stella sieht mich nur ängstlich an.
"Wen siehst du?" fragt Kylie ruhig, als ob sie meine Gedanken lesen könnte.
"Paul." antworte ich kraftlos, bevor ich in Ohnmacht zu fallen scheine.
"Vergiss es, Layla! Bleib hier, verstehst du mich?" sagt die Kurzhaarige laut, nachdem sie mich auf das Sofa gelegt hat und nun neben mir sitzt.
"Ich will keiner Geister sehen können." flüstere ich, während mir eine Träne über die Wange rinnt.
"Du willst mich sehen, nur deswegen kann ich hier sein."
Erklingt es plötzlich, was mich hoch schrecken lässt und ich erneut in das Gesicht des Toten sehe.
"Ich wollte nie, dass Sie gehen..." hauche ich, worauf er nickt.
"Ich bin nicht weg. Ich bin da, wenn du mich brauchst."
Und schon ist er weg.

Ruhig streichelt mir die Blondine über den Rücken, weshalb ich zu ihr sehe.
"Ihr habt ihn nicht gesehen?" frage ich, worauf nur zwei Leute neben mir mit dem Kopf schütteln.
Verzweifelt raufe ich meine Haare.
Das kann doch nicht wahr sein.
'Du solltest lernen damit umzugehen.'
Ach ja, warte, ich frag den Geisterbeschwörer um die nächste Ecke. Der hilft mir bestimmt.
'Ein Versuch wäre es doch wert.'
Arschloch...
'Ich liebe dich auch, Schwesterherz.'
"Sah er so aus wie damals?" fragt auf einmal die Frau neben mir, weshalb ich sie kurz mustere und nicke.

"Hallo Stella..." sagt mein Bruder, als er ins Zimmer kommt und starrt die Erwachsene an.
"Pass auf..." sagt er ernst, läuft auf sie zu und drückt mit seinem Zeigefinger auf ihr Brustbein.
"Evelyn ist minderjährig, da kann ich nicht viel ausrichten. Aber brichst du ihr Herz so eiskalt, bekommst du die Wut der Adams zu spüren. Du weißt, was mit unserem Bruder passiert ist?" knurrt er gefährlich, dass es sogar mich etwas in den Couchpolstern versinken lässt.
Die angespannte Stimmung belastet den ganzen Raum, keiner sagt etwas.
"Manu, man kann niemanden das Herz brechen, wenn keine Gefühle existieren." unterbreche ich das Starrduell der beiden, weshalb mein Bruder mich sofort ansieht.
"Noch keine Gefühle. Egal in welcher Beziehung man zueinander steht, wenn man miteinander harmoniert, passiert das alles von allein." beginnt er aus Erfahrung zu sprechen, während sein Blick auf Kylie liegt, die nur eine Augenbraue hoch zieht.
"Ich werde sie nicht verletzen. Nicht so wie sie." sagt Stella, wobei sich Besagtes 'sie' so verachtend und ekelerregt anhört.
"Ich will Zwillinge." stellt Kylie laut fest, weshalb sich alle zu ihr drehen und sie fragend ansehen.
"Was denn? Ein Junge und ein Mädchen. So mein Guter, sieh zu. Ich will eine sexy Mutter sein, also hört ab 18 das Verhüten auf." sagt sie ernst, während Manu sie nur mit geweiteten Augen ansieht.
"Du willst Kinder mit mir?" fragt er ungläubig, wobei seine Stimme um geschätzte 20 Oktaven nach oben geht.
"Nach dieser Stimmlage überleg ich mir das nochmal." grinst sie, läuft dann aber auf ihn zu und streckt sich nah an sein Gesicht.
"Dich will ich mal heiraten." flüstert sie und küsst ihn sanft, was mir ein Messer ins Herz rammt.
"Arco muss mal raus, oder?" zieht mich Stella aus der Situation, worauf ich nur nicke und ihr in mein Zimmer folge, wo wir uns umziehen.

"Hast du Klamotten für mich?" fragt sie hoffnungsvoll.
"Was brauchst du denn?" stelle ich die Gegenfrage, während ich ihr schon einen dünnen Pulli und eine etwas engere Jogginghose aus dem Schrank ziehe.
"Alles." grinst sie, weshalb ich eine Augenbraue hochziehe.
"Wie Sie wünschen, Herrin." schmunzle ich nur, woraufhin sie nun beide Augenbrauen hoch zieht.
"Lass das." sagt sie ernst, während ich auf die zu laufe.
"Was?" hauche ich ihr ins Ohr, was ihr Gänsehaut über den kompletten Körper zieht.
"Mich so unsicher zu machen, ich bin das nicht gewohnt." jammert sie.
"Dann gewöhnst du dich eben jetzt dran." lächle ich, küsse ihren Mundwinkel und verschwinde aus dem begehbaren Kleiderschrank.

"Wie sehr hat das Gespräch der beiden gerade verletzt?" fragt sie, während ihr Blick fasziniert auf meinen gut erzogenem Hund liegt.
"Sehr." lächle ich traurig und trete dabei gegen die kleinen Steinchen auf dem Weg.
"Hattet ihr auch solche Gespräche?" harkt sie nach, worauf ich nicke.
"Und ich dachte sie werden wahr. Aber man sollte wohl doch eher bei der Realität bleiben." antworte ich, worauf ich einen fragenden Blick abbekomme.
"Wir sind noch so jung, solche Beziehungen halten nicht auf ewig." fahre ich fort.
"Und das bei Manu und Kylie?" fragt sie weiter.
"Das ist was anderes... Die beiden ergänzen sich zu gut, um sich jemals verlieren zu können." erkläre ich knapp, doch Stella beißt sich nur auf die Unterlippe.
"Das zwischen euch wird nie vorbei sein." stellt sie einfach so fest.
"Siehst du doch." grinse ich schief, doch den Schmerz in meinen Augen, den ich so gut verstecken kann, erkennt sie ohne Probleme.
"Layla, das ist okay." bestätigt sie, doch ich schüttle den Kopf.
"Ich muss nach vorn blicken." beende ich das Gespräch, Stella hat jedoch andere Pläne.
"Und wie?" fragt sie ernst nach.
Ohne weiter zu Zögern ziehe ich sie an der Hüfte zu mir und küsse sie vorsichtig, was sie erst nach einigen Sekunden erwidert.
"Ich will keine Beziehung, nicht jetzt." flüstere ich gegen ihre Lippen, worauf sie nickt.
"Ich auch nicht." versichert sie mir.
Dann ist ja alles gut.

Psycho and Cutie-After closed doorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt