Kapitel 78: Zu spät

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Immerhin.

Mit normalen Schritten nähere ich mich dem Schultor, wo heute niemand anzutreffen ist.
Verdammt..
„Ey Püppchen, wir gehen erstmal rein." muntert mich Kylie auf und zieht mich hinter sich ins Schulgebäude bis zu den Spinden, wo ich eine Gruppe an Jungen erkenne und in der Mitte die Braunhaarige, nach der ich gesucht habe.
Schnell laufe ich auf die Gruppe zu und ziehe einen Jungen etwas zur Seite, um an Evelyn zu gelangen, werde jedoch grob an der Schulter gepackt und zurück geschubst.
„Verpiss dich du Fotze." knurrt der Junge aus meiner Klasse, was mich auflachen lässt.
„Fass mich noch einmal an..." antworte ich gefährlich und gehe einen Schritt auf ihn zu, sodass er zurück weicht.
„Evelyn." sage ich ernst, doch das Mädchen widmet mir keinen Blick.
„Komm schon, lass uns reden." versuche ich es weiter, worauf sie sich umdreht und mich mit verletzten Augen ansieht.
„Ich will nicht mehr reden, Layla." antwortet sie und will sich weg drehen, doch ich fasse ihr sanft an die Schulter, dass sie mich über diese ansieht.
„Es war nicht so wie es aussah." flüstere ich ruhig, doch sie lacht nur und sieht mich an,
„Zu spät, es ist vorbei." kommt es kalt von ihr, was ich erst kurz verarbeiten muss.
„Wie bitte?" frage ich verwirrt nach, weshalb sie meine Hand von ihrer Schulter schiebt und nah vor mich tritt.
„Ich mache Schluss." verdeutlicht sie ihre Worte.

Jede Emotion scheint aus meinem Gesicht gewichen zu sein, denn alle sehen mich etwas verunsichert an.
Keiner kann auch nur ein Gefühl aus meiner Gestik oder Mimik erkennen, nicht mal das Mädchen vor mir, das mich jetzt für über ein Jahr durch dick und dünn begleitet hat, denn ihre Augen strahlen pure Angst aus.
Innerlich jedoch scheint gerade alles zu zerbrechen, was ich aufbauen konnte.
Mein Herz pocht gegen meine Brust und die Schwärze von vor einem Jahr nimmt mich wieder in beschlag, bis jemand mein Handgelenk umfasst.
„Layla, komm." haucht sie, worauf Evelyn ironisch auflacht und uns mustert.
„Geht ficken." fährt sie uns an, was Kylie nur grinsend nicken lässt.
„Auf deinen neuen Lebensabschnitt, Layla." wendet sie sich an mich, um sofort ihre Lippen auf meine zu drücken.
Ohne weiteres lass ich es einfach über mich ergehen, lasse mich auch einfach zur Toilette ziehen, wo ich mich kraftlos am Waschbecken abstütze.
„Wenn du jetzt Schwäche zeigst, erfüllst du ihren Wunsch." sagt sie ruhig und streichelt mir über die Wange, um die aufkommenden Tränen zu verwischen.
Kurz will ich meinen Mund öffnen, schließe ihn aber wieder und nicke.
„Danke... Dass du mich da weg geholt hast." stottere ich und nehme sie in meinen Arm.
„Ich hab nicht gehört was ihr gesagt habt, aber ich hab das Zerreißen von deinem Herz förmlich gehört." flüstert sie mir ins Ohr und streicht mir durch die Haare.
Immerhin Eine, die mich nicht als unkontrollierbare Waffe anerkennt...

Mit neutralem Gesichtsausdruck betrete ich das Klassenzimmer, alle Augen sind auf die Blonde neben mir und mich gerichtet, während wir in die letzte Reihe gehen und uns dort auf einen Stuhl fallen lassen.
„Du hast sie nicht betrogen." kommt es plötzlich von der Seite, wo ich mich auch hin drehe und sofort Nick erkenne.
„Anscheinend ja schon." lächle ich und beobachte, wie er einen Stuhl an den Tisch zieht und mich mustert.
„Ich bitte dich. Das ist nicht deine Art." grinst er mitleidig und klopft mir auf den Rücken.
„Dann kennst du mich innerhalb weniger Wochen besser als sie nach fast zwei Jahren." antworte ich lachend.
„Du bist ein verdammt guter Schauspieler. Deine Gefühle so zu verstecken... Dafür solltest du einen Preis bekommen." stellt er fest, was mich nur nicken lässt.
„Vielleicht kannst du ja mal hetero spielen..." versucht er es grinsend und legt seine Hand auf meine.
„So gut bin ich dann auch nicht." lache ich, wo er einsteigt und unser Gelächter das ganze Getuschel in unserer Klasse übertönt.
„Ich bitte alle an ihren Platz zu gehen, der Unterricht beginnt in zwei Minuten." sagt er Lehrer vorne laut, was alle ohne Widerrede tun.

„Schämst du dich nicht?" fragt Samu, als wir uns auf eine Bank fallen lassen haben und er nun etwas steif vor mir steht.
„Um nichts in der Welt hätte ich sie betrogen." antworte ich kalt, weshalb er nur nickt.
„Wirklich?" fragt er nach, was mich wieder nur nicken lässt.
„Es tut mir leid..." gibt er sich nun geschlagen und lässt sich neben mich fallen, was ich nur mit einer kurzen Handbewegung ab schüttle.
„Dich scheint es aber auch nicht wirklich zu interessieren." gibt er von sich, was mich wieder nur auflachen lässt.
„Du kennst mich einfach nicht gut genug." lächle ich ihn an und mustere ihn kurz, um dann noch breiter zu grinsen.
„Sitzt da als hättest du nen Stock im Arsch... oder war das gestern Abend?" harke ich nach, worauf diesmal er lacht.
„Heut morgen..." gesteht er und sieht von uns weg, weswegen Kylie und ich kurz lachen.
„Also ist doch Tyler top... Kaum zu glauben..." grinst sie und tätschelt Samu den Kopf, der ihre Hand leicht beleidigt weg schlägt.

„Ey Nick!" brülle ich plötzlich dem Blonden zu, stehe auf und laufe zu ihm.
„Bekomm ich eine?" frage ich, während ich auf die kleine Schachtel in seiner Hand deute, doch er schüttelt nur mit dem Kopf.
„Sicher nicht Schätzchen, erst wenn du über die Trennung hinweg bist. Du gerätst in keine Sucht wegen der Scheiße." erklärt er, weshalb ich ihm gegen sein Schlüsselbein boxe.
„Nenn mich nicht Schätzchen, hört sich schwul an." murre ich und verschränke meine Arme vor der Brust.
„Irgendein Problem mit Schwulen?!" kommt es plötzlich von der Bank hinter mir, woraufhin ich nur zwei Mittelfinger hoch halte.
„Layla komm schon. Ich weiß du bist verletzt. Aber ich schwöre bei Gott, sehe ich dich mit ner Kippe oder du kommt morgen komplett dicht in die Schule, ziehe ich dich an deinen Haaren mit dem Gesicht durch Scheiße, hast du mich verstanden?" fragt er ernst nach, während ich ihn mit zu Schlitzen geformten Augen betrachte.
„Spätestens am nächsten Tag passiert dir dann was Schlimmeres." warne ich ihn, doch er zuckt mit den Schultern.
„Ich hab dich echt lieb gewonnen. Als Freundin, ich will nichts von dir, keine Sorge. Um dich vor dem Mist zu schützen, in den man so schnell gerät, würde ich alles in Kauf nehmen." sagt er ernst, was mich die Augenbrauen hochziehen lässt.
„So etwas Intelligentes hast du noch nie gesagt." lächle ich, schließe ihn kurz in die Arme und flüstere ein kurzes: „Danke."
„Nicht dafür Große." lächelt er und geht mit dem Klingeln wieder rein.
Das wird schwer... verdammt schwer...

Mit einem Schlag rinnen mir Tränen aus den Augenwinkeln, jedoch werde ich sofort von zwei Menschen umarmt, die mir wohl als letztes geblieben sind.
„Ich liebe sie doch so..." hauche ich mit zitternder Stimme, während mein Rücken getätschelt wird.
„Wissen wir, aber nach dieser Aktion heute, hat sie das echt nicht mehr verdient..." antwortet Kylie.
Um das zu verstehen, fehlt mir einfach das Selbstbewusstsein...

Psycho and Cutie-After closed doorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt