Kapitel 48: Kyra

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„Wahrscheinlich." antwortet sie nur knapp, um mir ihre Lippen wieder aufzudrücken.

„Ich verstehe nicht, warum sie her kommen muss. Die letzten Jahre hat sie sich auch nicht für uns interessiert." schnauzt Kylie rum, wobei ihr alle im Wohnzimmer zuhören, doch nur ihre Mutter reagiert mit einem: „Kylie! Also Bitte!"
„So schlimm wird sie schon nicht sein." versucht Evelyn die Situation zu entschärfen, was mich dazu bringt, über beide Ohren zu grinsen.
„Wenn die wirklich Zwillinge sind und die so ist wie unser Monster hier, kann das hier nen richtiges Problem werden."  necke ich meine Lieblingsblondine, die mich nur böse anfunkelt.
„Hab nicht so eine große Schnauze, du siehst aus, als ob du letzte Nacht von Blutekeln zerfressen wurden wärst." keift sie mich an.
Ja du hast recht, gefühlt ist wirklich mein ganzer Hals von Knutschflecken beschmückt, es sind aber nur zwei auf jeder Seite.
„Sie sollte gleich hier sein." unterbricht uns die Älteste im Raum, schnappt ihren Geschenkekorb und begibt sich zur Tür, was ihre Tochter ihr etwas widerspenstig nach macht.

Ein Taxi fährt vor das große Haus, was Evelyn, Manu und ich durch das Fenster beobachten.
Mein Blick liegt auf Kylie, die wahrscheinlich gerade wie eine Löwin auf ihre Feindin losgehen will.
Langsam geht des Mercedes auf und das erste was man sieht, sind weiße Ballerinas, die den Asphalt berühren.
„Kylie wird sie hassen." stellt meine Freundin fest, worauf Manu mit dem Kopf schüttelt.
„Sie hasst sie jetzt schon." berichtigt er.
„Seid nicht immer so negativ! Ich dachte ich leide an schwerem Pessimismus, dabei seid ihr die Schlimmen hier." unterbreche ich die beiden, während ich das Mädchen beobachte, wie sie lächelnd auf ihre Mutter zu läuft.
„Sollten wir raus?" frage ich unsicher, worauf Evelyn mit dem Kopf schüttelt.
„Die kommt doch gleich rein." meint sie nur mit zuckender Schulter, weshalb ich mich auf die Couch setze und sie sich im Reitersitz auf mich drauf.
„Scheiß Lesben." murmelt mein Bruder grinsend, was das Mädchen auf meinem Schoß wie einen Schießhund aufhorchen lässt.
„Wie bitte?" will sie sich vergewissern, doch mein Bruder wiederholt nur seine Worte.
Ohne zu zögern springt sie auf und dem schwarzhaarigen auf den Rücken, der sie vergeblich versucht von seinem Rücken zu schüttelt.

Mitten im Kampf der beiden ertönt ein Kreischen aus dem Eingangsbereich, worauf die beiden aufsehen und ein Bild für die Götter entsteht.
Evelyn hat deutlich einen Büschel Haare meines Bruders in einer Hand, während er sie mit einem Arm zwar festhält, trotzdem aber irgendwie versucht von sich zu stoßen.
„Danke Mom! Du lädst für mich Prominente ein! Ich kann's kaum glauben..." schwärmt sie und sieht abwechselnd zu mir und meinem Bruder, doch als sie anfängt zu sprechen, weiten sich nur meine Augen.
Bist du Synchronsprecherin? Deine Stimme ist ja der Hammer.
„Ich bin Evie." stellt sich die Braunhaarige vor, doch sie schenkt ihr keine Aufmerksamkeit, da diese absolut auf meinem Bruder liegt.
„Bist du auch bekannt? Oder warum kennt ihr euch so gut?" fragt sie meine Freundin, bis sie anscheinend einen Lichtblick bekommt, denn über ihrem Kopf leuchtet förmlich eine Glühbirne auf.
„Du bist ihre Freundin!" stellt sie fest und deutet auf mich, worauf wir beide nur nicken.
„Und du? Du bist Single ja?" fragt sie interessiert den einzigen Mann in der Runde, der sie nur überfordert ansieht und hilfesuchend zu Kylie sieht, die nur mit zugekniffenen Augen die Situation beobachtet.
„Nein..." antwortet er etwas zögerlich und sieht zu mir, wobei seine Augen pure Unsicherheit ausstrahlen.
„Na dann, herzlichen Glückwunsch an das Mädel, das von dir gevögelt werden darf." haut sie eiskalt raus, was ihre Mutter entsetzt zu ihr sehen lässt.

„Ich geh erstmal, lernt euch kennen..." sagt sie plötzlich, haucht beiden Töchtern einen Kuss auf die Stirn und verschwindet aus dem Haus.
„Muss sie schon wieder arbeiten?" fragt meine Freundin, worauf Kylie nur nickt.
Eine unangenehme Stille liegt im Raum, die jeder zu merken scheint, außer Kyra, die tippt die ganze Zeit auf ihrem Handy herum.
„Ich finde nirgendwo ein Bild mit deiner Freundin... du lügst doch.." murmelt sie, worauf Kylie nur die Augen verdreht.
„Dann mach dir jetzt eins." sagt er genervt, zieht Kylie zu sich und küsst sie, was sie überrumpelt erwidert.
„Süß." grinse ich, was meine Freundin nur nicken lässt.
„Okay wow." kommt es nur noch von der eigentlich komplett Fremden.

„Wollt ihr nicht mal miteinander reden?" frage ich etwas verzweifelt nach, als ich wieder diese unangenehme Stimmung im Raum spüre.
„Was soll ich denn sagen? Die letzten Jahre haben wir uns nicht füreinander interessiert, warum also jetzt? Nur weil unser beschissener Vater gestorben ist, muss sie hier jetzt aufkreuzen." meint Kylie ignorant, als jedoch das Wort ‚Vater' fällt, wird sie mit trauriger Mimik gemustert.
„Du kanntest ihn nicht. Rede nicht so über ihn." sagt Kyra ernst und tritt einen Schritt auf ihre Schwester zu.
„Genauso wenig wie dich. Und mit keinem von euch beiden will oder wollte ich je was zutun haben." knurrt sie zurück, worauf Kyra gefährlich zu Kylie sieht.
„Stop! Das geht in die falsche Richtung!" mischt sich Evelyn ein und stellt sich neben die beiden, die sie kaum beachten.
„Macht was ihr wollt, es geht uns nichts an. Aber denkt an eure Mutter, die dich mit offenen Armen empfangen hat." sage ich an Kyra gerichtet und drehe mich zu ihrer Schwester: „Und niemanden mehr liebt als dich."
Ohne weitere Worte laufe ich zur Haustür, werde jedoch von einer Hand festgehalten.
„Ich reiß mich zusammen..." flüstert meine beste Freundin extrem leise, was mich lächeln lässt.
„Och Schatzi, doch nicht für mich." lache ich, ziehe sie in meine Arme und rubble ihr über den Kopf, was sie versucht abzuwehren.

„Du solltest sie verstehen." murmle ich, als ich allein mit Kyra im Gästezimmer sitze, auf unterschiedlichen Betten.
„Sie denkt ihr gehört die Welt. Das geht aber nicht, weil sie mir gehört." antwortet sie knapp, was mich leise auflachen lässt.
„Die Welt gehört niemandem, sie wird leider nur von einer Sache eingenommen. Von Geld. Ohne Geld bist du nicht existent." stimme ich sie um, was sie interessiert zu mir sehen lässt.
„Wie meinst du das?" fragt sie nach und dreht sich leicht zu mir.
„Du musst Steuern zahlen, um existieren zu dürfen. Du musst deine Nahrung zahlen, die als menschliches Bedürfnis zählt. Natürlich, irgendwie muss sich das alles ja lohnen. In Deutschland geht es uns noch ganz gut. In Amerika, da sind sie Regeln abgehärtet. Eigentlich überall mehr als hier, was Vor- und Nachteile mit sich bringt." erkläre ich ihr die eigentlich selbsterklärende Frage.
„Also gehört die Welt dir?" fragt sie nach, was mich nur mit dem Kopf schütteln lässt.
„Ich will nichts besitzen, was zerstört wird. Man denkt nicht mehr daran, dass das, was man hier zerstört, das der Wichtigste Bestandteil des Lebens ist. Was bringt dir Essen und Trinken, wenn du keinen Ort zum Überleben hast?" frage ich eher rhetorisch, was das Mädchen nachdenklich werden lässt.
„Schon mal überlegt in die Politik zu gehen?" fragt sie, was mich wieder mit dem Kopf schütteln lässt.

„Wir schweifen vom Thema ab. Du und Kylie, ihr müsst euch beide zusammenreißen. Es ist für euch beide neu, aber es kann sich nichts bessern, wenn man bei dem Spiel mitspielt." komme ich auf das Thema zurück.
„Wieso sollte ich anfangen?" kommt es von der Blondine.
„Weshalb sollte sie anfangen?" stelle ich die Gegenfrage, was sie lachend nicken lässt.
„Du hast immer das letzte Wort, oder?" fragt sie und sieht zu mir.
„Meistens, außer bei einer Person.." lächle ich und wie auf Kommando kommt meine Freundin durch die Tür, die uns prüfend mustert.

„Ihr seid wirklich zusammen?" grinst das Mädchen, woraufhin sich Evelyn einfach auf mich drauf fallen lässt.
„Wir tun nur so." murmelt die Braunhaarige ins Kissen.
„Eine gute Freundin von mir ist Pan, sie sieht auch mega gut aus. Leider schlägt mein Herz für Bartstoppeln." träumt sie und legt sich auf das extra Bett.
„Das Schönste ist, den Kopf zwischen Titten legen zu können." berichtigt meine Freundin das Mädchen und tut besagtes auch sofort, was mich schmunzeln lässt.
„Schlaf gut." flüstere ich, während ich ihr einige Strähnen aus dem Gesicht streiche und sie gemütlich die Augen schließt.

Nach wenigen Minuten schweigen sieht uns die Blondine nochmal an und muss lächeln.
„Schön sowas noch sehen zu können. Heute heißt es oft nur noch ficken, und ich bin leider nicht anders." lacht sie leise, legt sich dann auf die andere Seite und versucht wahrscheinlich auch zu schlafen.
Irgendwie komisch, mit einer Fremden in einem Zimmer zu schlafen...
‚Tu nicht so, als ob es das erste Mal wäre.'
Woher willst du das denn wissen?
‚Ich bitte dich.'
Du gehst doch aber wenn...
‚Layla! Was denkst du von mir?! Natürlich!'
Vielleicht kenn ich dich ja nicht gut genug.
‚Du bist die Einzige, die mehr als alles über mich weiß...'

Psycho and Cutie-After closed doorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt