Kapitel 44: Desto auffälliger, desto unauffälliger

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„Dann musst du sie wohl gehen lassen."

Nur über meine Leiche.

„Ja, ich brauche Hilfe." hauche ich, als ich sie sanft in die Arme schließe und an mich drücke.
„Die brauchst du. Und die besorg ich dir auch morgen gleich. Ihr geht nicht in die Schule." meint mein Bruder hinter mir und schließt mich ebenfalls in die Arme, dass wir zu dritt mitten im Wohnzimmer stehen und uns einfach nur anschweigen.
„Geht ins Bett." befiehlt mein Bruder seufzend, worauf wir sofort reagieren und uns auf den Weg nach oben machen, wo eine drückende Stille zwischen uns liegt.

„Ich mach das nicht freiwillig..." flüstere ich bedrückt, da mir diese Ruhe im Herzen schmerzt.
„Das weiß ich doch... Aber mir tut es nun mal auch verdammt weh, dich so sehen zu müssen..." antwortet sie mit einem traurigen Ton und kuschelt sich an mich, da wir seit einigen Minuten schon in meinem Bett liegen.
„Du tust jedem weh."
„Warum bist du dann noch bei mir?" frage ich anscheinend unerwartet, denn meine Freundin schnappt erschrocken nach Luft.
„Wie bitte?" harkt sie erschrocken nach und beugt sich leicht über mich, was ich durch den durchs Fenster schimmernden Mond erkennen kann.
„Menschen halten Abstand von dem was sie verletzt. Warum bist du bei mir, wenn ich dich verletze?" erkläre ich meine Frage, wodurch Evelyn nur entrüstet auflacht.
„Du bist intelligent. Doch das ist eine Handlung eines Höhlenmenschen. Ich bitte dich. Bringst du dich um, weil du dir in den kleinen Finger geschnitten hast? Nein, du lässt die Wunde heilen. Und du brauchst bei deiner Heilung halt ein wenig Unterstützung." sagt sie ernst, was mich schmunzeln lässt.
„Sonst halte ich dir immer solche Reden." grinse ich und fahre dem bildschönen Mädchen mit einer Hand über die Wange.
„Diesmal braucht halt nicht die Prinzessin Hilfe, sondern ihr tapferer Ritter." kichert sie, bis ich sie zu mir ziehe und sanft küsse.

„Und egal was die Stimmen sagen, ich liebe dich." haucht sie zwischen einzelnen Küssen, was mich nur zu einem Nicken bringt.
Natürlich...
„Sicher? Also..."
Ja, sicher.
„Ich liebe dich auch." antworte ich leise, während sie neben mich fällt und sich eng an mich drückt.
„Wir schaffen das schon. Haben wir schon mal." flüstert sie, kurz bevor sie in den Schlaf fällt.

Ich will das nicht nochmal. Ich hab mich zusammengerissen. Alles für dieses Mädchen. Und jetzt? Alles umsonst.
„Du könntest ja in Ruhe leben und lieben, aber mein Vorschlag gefällt dir ja nicht."
Wenn du das mit meinem Vater meinst, das Problem ist nicht zu beseitigen. Er wird mich immer aufsuchen.
„Nicht wenn er Tod ist..."
Ich kann ihn nicht einfach umbringen.
Ruhe durchfegt den Raum, nicht ist zu hören, außer die zarten Atemzüge der Braunhaarigen in meinen Armen.
„Ich hoffe dir ist bewusst, dass ich noch nicht schlafe und ich merke wie du dich anspannst. Schlaf jetzt bitte.." haucht sie und drückt meinen Oberarm leicht zusammen.
„Entschuldige." antworte ich leise und drehe mich mit dem Gesicht zu ihr, wo ich in ihre treuen Augen sehen kann.

„Ich will kein Mörder werden..." kommt es extrem leise über meine Lippen, was das Mädchen erst verwirrt aufsehen lässt, mich dann aber liebevoll auf die Wange küsst.
„Du wirst keiner. Versprochen..." lächelt sie zuversichtlich, zieht mein Gesicht mehr zu sich, um mich noch kurz zu küssen.
„Augen zu jetzt." haucht sie, worauf ich nur nicke und meine Augen schließe.
„Und wie du einer wirst..."
„Layla, denk an schöne Momente." zieht mich Evelyn wieder in die Realität, was wieder nur ein leichtes Nicken von mir bringt.
Schöne Momente...

„Aufstehen." sagt eine mir allzu bekannte Stimme, die mich sofort aufrecht im Bett sitzen lässt.
„Was machst du denn hier?" frage ich verwirrt und reibe mir kurz die Augen, da ich es nicht ganz realisiere.
„Naja, wenn ich höre, dass mein Lieblingspsycho plötzlich nächtliche Anfälle bekommt, stehe ich natürlich sofort vor der Tür." lächelt die junge Frau und fährt sich durch ihre perfekt gestylten Haare.
„Du sollst ihr helfen, dich nicht an sie ran machen." knurrt meine Freundin aus dem Türrahmen, weshalb ich mich verwirrt umdrehe, wo tatsächlich niemand mehr liegt.
„Bekomm ich mal fünf Minuten oder so? Ich komm gerade nicht mehr klar." bitte ich die zwei Personen, die mich auffordernd mustern.
„Natürlich, komm dann bitte runter." antwortet Stella freundlich, dreht sich um und verschwindet aus meinem Zimmer, wobei Evelyn sie nur eifersüchtig mustert.
„Prinzessin, ich bitte dich. Ich sollte eher eifersüchtig sein." grinse ich und klettere von meinem Bett, um sie an der Hüfte zu mir zu ziehen.
„Warum? Sie macht doch dich an, nicht mich." antwortet sie mürrisch und starrt auf mein Schlüsselbein, was wieder etwas sichtbarer ist als vorher.
„Weil zwischen mir uns Stella nichts laufen kann... Wir sind beide der Part, der unschuldige Mädchen in die Matratze drückt. Und so wie sie aussieht. Ist doch zum dahin schmelzen für so süße Halblesben wie dich." lächle ich, während ich ihr einige Strähnen hinters Ohr streiche.
„Sie ist nicht mal halb so schön wie du." faucht sie mich an.
„Natürlich nicht..." lache ich sanft, doch meine Freundin sieht mich nur ernst an.

„Tu nicht auf heile Welt. Du unterdrückst gerade alles, schon wieder. Lass es raus und rede mit ihr. Sie weiß mit dir umzugehen." mahnt sie mich.
„Du weißt auch mit mir umzugehen." versuche ich sie zu beruhigen, doch sie schüttelt den Kopf.
„Wie gesagt, ich liebe dich zu sehr. Und sie hat gelernt solche Probleme zu beseitigen, ich nicht... Lass dir bitte helfen. Wenn nicht für dich, dann für mich..." fleht sie mich mit tränengefüllten Augen an.
„Okay... Tut mir leid..." hauche ich angespannt und nehme sie in den Arm, wo ich meinen Kopf auf ihren lege.
Ich verletze sie.
„Sag ich doch."
Ich muss was dran ändern.
„Lass das arme Mädchen gehen."
Ich glaube nicht, dass es ihr dadurch besser gehen würde.

Plötzlich klingelt das Handy meiner Freundin, den Namen auf den Display kann ich durch die Position jedoch nicht erkennen, doch Evelyn zieht nur scharf Luft ein und grinst dann.
„Geh schonmal." beruhigt sie mich kichernd, weshalb ich mich in Bewegung setze, jedoch stehen bleibe, als ich die Stimme höre, obwohl ich fünf meter entfernt von dem Mädchen stehe und nicht mal Lautsprecher an ist.
„Kylie entspann dich!" kreischt Evelyn zurück, da Kylie meckert, weil sie allein in der Schule ist.

Schmunzelnd begebe ich mich in die Küche, wo sich Stella mit meinem Bruder unterhält.
„Ich denke wirklich, dass das die einzig wirkende Therapie sein könnte... Sie ist wirklich wieder an einem gewissen Block-Punkt. Da bekommt man sie nicht allein raus." redet sie nachdenklich, worauf mein Bruder nur nickt.
„Ums Geld gehts ja nicht. Gibts da bestimmte Arten die du empfehlen könntest?" fragt er nach, doch Stella stoppt ihn, als sie mich sieht.
„Na du Gestörte. Kaffee?" lächelt sie, doch ich mustere die beiden misstrauisch.
„Wenn ihr mich wieder dahin zurück schickt, hau ich ab. Und ihr werdet mich nie wieder finden." knurre ich mahnend, was Stella nur lachen lässt.
„Das ist eine andere Therapie Süße, setz dich." fährt sie fort, weshalb ich mich neben sie setze.
„Ich werde dir jetzt keine Predigt halten und auf Psychologe tun, denn das bin ich nicht. Die Einzige, die was ändern kann, bist du. Merks dir." meint sie nur und klopft mir auf den Rücken.
„Danke." antworte ich nur.

„Nur reden. Nicht anfassen." murmelt meine Freundin von hinten, nimmt Stellas Hand von meiner Schulter und setzt sie auf meinen Schoß, weshalb der Barhocker unter mir stark zum wackeln kommt.
Hektisch greife ich nach der Tischkante, was jedoch etwas zu spät war und dich jetzt unter meiner Freundin auf dem Boden liege.
„Ich hoffe es tut weh!" prustet mein Bruder einfach los, wobei er seinen Tee durchs ganze Zimmer spuckt.
„Fick dich." murre ich und halte meinen Mittelfinger in seine Richtung, weswegen er mir nur einen Luftkuss zuschickt.
„Ihr geht gleich mal spazieren oder so... Ich muss mit deiner Freundin reden." meint er, worauf ich nur nicke.
Was soll ich auch sagen.
„Die ficken bestimmt."
So dumm wären sie nicht, dafür würden sie mich nicht weg schicken.
„Desto auffälliger, desto unauffälliger."

Psycho and Cutie-After closed doorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt