Kapitel 70: in Mitleidenschaft

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Wir sollten darüber nicht mehr so viele Witze machen.

„Ich hab hunger..." murmelt Kylie und springt aus meinem Bett, weshalb ich mich auch aufrichte und ihr kurz nachsehe.
Wann hast du das nicht?
„Wo willst du denn hin?" fragt Kylie plötzlich interessiert in die Eingangshalle und als ich auch an der Treppe ankomme, sehe ich nur noch meinen Bruder, der sie etwas verwirrt ansieht.
„Ich geh zum Fitnessstudio... Ich muss ein paar Sachen unterschreiben." antwortet er etwas zögerlich, da er anscheinend auch nicht wirklich weiß, was das jetzt für ein Zeichen von dem Blondschopf ist.
Langsam laufe ich ihr nach, bis ich es nur noch laut rumpeln höre und meinen Bruder zum Treppenanfang rennen sehe.

„Scheiße!" kreischt das Mädchen in seinem Arm, der sofort einige Tränen über die Wange laufen.
Sofort beschleunige ich meinen Schritt und nehme Manu sanft das Mädchen aus dem Arm.
„Bitte tritt mich nicht..." flüstert Manu sich selbst zu, um sofort ihr Hosenbein etwas hochzukrempeln und scharf Luft einzuziehen.
„Kannst du stehen?" fragt er besorgt nach, steht auf und stütz sie auf einer Seite.
Doch als sie nur versucht das Bein abzusetzen, bricht sie halb zusammen, wobei ihre Tränen sich auch immer weiter vermehren.
„Wir müssen ins Krankenhaus." stellt er fest, packt Kylie unter den Schulterblättern und den Kniekehlen und läuft Richtung Tür.
„Lass mich runter, ich kann das selbst!" faucht sie ihn an, jedoch gibt mein Bruder ihr keinerlei Aufmerksamkeit und trägt sie trotz Widerstand zu seinem Auto.
„Ich will nicht ins Krankenhaus!" jammert sie weiter, als mein Bruder sie ins Auto setzt und auf der Fahrerseite einsteigen will.
„Weißt du, wie scheiß egal mir das ist?" knurrt er und öffnet die Tür neben Kylie, die ihn nur wütend anfunkelt.
„So wie dir meine Gefühle scheiß egal sind?" fragt sie wütend nach, worauf mein Bruder ironisch lachend ausschnauft und ihren Blick einfach erwidert.

„Mir sind die Gefühle von Personen die ich liebe das Wichtigste auf der verdammten Welt. Doch vor den Gefühlen steht ihre verdammte Gesundheit." antwortet er etwas bedrohlich und starrt ihr intensiv in die Augen.
Sogar ich wäre etwas zurück gewichen, doch Kylie beugt sich nur noch weiter nach vorn, was nun Manu verwirrt etwas zurück gehen lässt.
„Sag mir doch bitte, wen du liebst. Ich kann es ja nicht sein, wenn dir die Gefühle dieser Personen so wichtig sein würden." wirft Kylie ihm gegen den Kopf, worauf er wieder auflacht.
„Du willst es also wissen, ja?" fragt er nach, wobei Kylie diesmal alle Gesichtszüge verliert und meinen Bruder nur ansieht.
Ohne weiter auf Kylie einzugehen, nimmt er einfach ihr Gesicht in seine Hände und küsst sie maximal eine Sekunde.
„Um nichts in der Welt, hätte ich dich betrogen." flüstert er noch gegen ihre Lippen, bevor er ihre Tür zu schlägt und sich auf seine Seite begibt.

Zögernd steige ich neben Kylie ins Auto, damit Manu losfahren kann und eine drückende Stille im Auto liegt.
Kylie tut so, als ob sie mit ihrem Bein beschäftigt ist, während Manu mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Stadt rast, obwohl der Verkehr gerade wahrscheinlich gar nicht mehr sein könnte.
Immer wieder hupt es, immer wieder bauen wir fast einen Unfall, bis es mir auch reicht.
„Entweder fährst du jetzt langsamer oder ich fahre." knurre ich nach vorne, weshalb mich Manu kurz im Rückspiegel mustert.
„Kylie ihr Bein muss hoch gelegt werden." antwortet er nur, um wieder auf das Gaspedal zu treten, weshalb ich schlagartig nach hinten in den Sitz gedrückt werde.
„MANU!" kreischt nun Kylie, was meinen Bruder schlagartig vom Gas gehen lässt und er nach hinten sieht.
„Entspann dich..." flüstert sie, lehnt sich nach vorn und streicht ihm über den Arm.
„Das zieht nicht mehr." lächelt er, dreht sich wieder nach vorn und beschleunigt.

„... und ich glaube sie hat sich einen Knochen im Bein gebrochen." beendet er die Erklärung, als wir endlich im Krankenhaus angekommen sind.
„Wir holen einen Arzt." bestätigt der junge Herr und deutet ihm, dass er sich neben uns setzen solle.
Ohne Worte lässt er sich mir gegenüber auf den Stuhl fallen, wobei er sein Gesicht in seinen Händen versteckt.
Erst mustere ich ihn, um mich dan zu Kylie zu drehen, die ihn etwas verzweifelt ansieht.
Jetzt fängt sie an drüber nachzudenken.
„Wie viele hattest du seitdem wir uns getrennt haben?" fragt sie plötzlich, was meinen Bruder aussehen lässt.
„Ist das jetzt dein Ernst?" stellt er eine Gegenfrage, worauf Kylie nur nickt, weshalb mein Bruder ironisch auflacht.
„Niemanden." antwortet er, was Kylie diesmal zum auflachen bringt.
„Ich bitte dich." lacht sie herzhaft, weswegen sich Manuel von seinem Stuhl erhebt, sich vor sie stellt und er sich langsam zu ihr herunter beugt, dass sie auf gleicher Augenhöhe sind.
„Ich bekomm nicht mal einen gottverdammten Steifen mehr. Und wenn ich einen habe, dann fühle ich mich, als ob ich dich wirklich hintergehen würde." fährt er sie flüsternd an, doch sie sieht ihn nur kalt an.
„Dann musst du es ja mit einer versucht haben." bestimmt sie, was meinen Bruder verzweifelt ausatmen lässt.
„Weißt du..." fängt er an, doch plötzlich wird ihr Name aufgerufen, weshalb Manu ihr aufhelfen will, sie jedoch versucht selbst aufzustehen, vergebens.
Ohne weiteres hebt mein Bruder sie einfach im Brautstyle hoch und trägt sie zum Behandlungsraum.

„Da muss glücklicherweise nur eine Schiene dran, das Wadenbeinbruch wurde etwas in Mitleidenschaft gezogen. Wir informieren ihren Hausarzt und da gehen sie einfach zur Kontrolle einmal die Woche hin. Die Schwellung geht schneller weg, wenn man die Stellen kühlt. Beim Duschen entweder etwas wasserdichtes drüber ziehen oder hinsetzten und vorsichtig entfernen. Wenn's geht nimmt man sich da eine Hilfe." lächelt unser gegenüber freundlich, wobei nur Manu richtig zuhört.
Kylie ist tief in Gedanken, während ich sie einfach nur anstarre und überlege, wie ich diese Spannung zwischen den beiden schnellstmöglich auflösen kann.
„Außerdem hat sie eine Woche Schulbefreiung, ich würde Ihre Mutter kontaktieren, sie müsste sich auch frei nehmen." fährt er fort, worauf Kylie nur: „Die ist irgendwo in Südamerika." murmelt.
„Sie kommt zu uns." bestätige ich, was der Arzt nur nickend zur Kenntnis nimmt.

„Wo soll ich hin, wenn du in der Schule bist?" fragt Kylie, wohlwissend, was sie für eine Antwort bekommt.
„Frag nicht so blöd." flüstere ich extrem leise.
Sofort lässt sie ihren Kopf gegen die Kopflehne fallen, während ihr Blick nach draußen fliegt und sie das Krankenhaus anstarrt.
„Also zu uns?" fragt mein Bruder, als er einsteigt und mustert erst mich, dann Kylie im Rückspiegel.
„Ja." antworte ich knapp, währen dich Kylie sanft über die Hand streichle.
Du machst es dir selbst nur schwer.

Psycho and Cutie-After closed doorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt