Kapitel 57: Koffein

1K 94 3
                                    

Da stimmt was nicht...

„Geht es ihr besser?" fragt Manu, als er mit einem Kühlakku an der Schläfe ins Zimmer spaziert kommt, während ich stumm den ruhigen Wellengang beobachte.
„Ich denke schon. Ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen Manuel... Was ist mit ihr?" flüstere ich verzweifelt und sehe zu meinem Bruder, der sich an die Bettkante setzt, um das schlafende Mädchen kurz zu mustern.
„Ich denke, dass es nichts schlimmes weiter war. Vielleicht war sie einfach extrem aufgeregt und dazu noch der ganze Alkohol..." antwortet er und fasst ihr an den Hals, was ihn dann nicken lässt.
„Es wird nichts schlimmes sein, sag einfach, wenn sie auf wacht." haucht er beruhigend.
„Ich vertraue mal jemanden, der anfangen wollte, Arzt zu studieren." grinse ich, was er nur erwidert und gehen will, doch ich halte ihn am Arm fest.
„Ich hab dich lieb..." kommt ein Luftzug über meine Lippen, worauf der Ältere mich lächelnd mustert und sich zu mir herunter hockt.
„Ich dich auch." flüstert er und gibt mir einen Kuss auf die Wange.

Weiter beobachte ich das Mädchen, das in meinen Armen liegt.
Wie ihr engelsgleiches Gesicht zart von den Sonnenstrahlen gestreift wird, weshalb sie manchmal ihre Nase etwas rümpft.
Leise und ohne großartige Bewegung richte ich uns in die Löffelstellung aus, wobei ich meine Nase in ihren Haare verschwinden lasse und die Augen schließe.
Riecht zwar nach Alkohol... doch ihr Geruch wird nicht wirklich überdeckt...
Ohne es zu wollen, schlafe ich dann auch innerhalb weniger Sekunden ein.

„Layla, wach auf!" kreischt Evelyn laut, was mich aus dem Schlaf hoch schrecken lässt und zu der Braunhaarigen sehen lässt, die mich entsetzt mustert.
„Wa...was..." stottert sie und starrt mich an, was mich in mein Gesicht fassen lässt.
Alles klitschnass...
Kurz mustere ich meine Hand, wo ich auch rote Flüssigkeiten erkennen kann.
Nasenbluten?
„Was hast du denn geträumt?" fragt sie besorgt, nimmt sich ein Taschentuch aus ihrem Nachtschränkchen und fängt an mir alles aus dem Gesicht zu tupfen.
„Geht es dir gut?" stelle ich ebenfalls eine Frage, worauf sie nur kurz auflacht und mir mit dem Daumen über die Wange wischt.
„Ich weiß nur noch, dass wir in einen Club sind und du mich raus getragen hast... und ich unfassbare Schmerzen im Brustkorb hatte... Mein erster Filmriss, den sollten wir feiern. Wo ist der Champagner? Ich nehme aber nur den für 1000 Euro, alles unten drunter ist unter meinem Niveau." scherzt sie, doch ich sehe ihr im Gesicht an, dass sie gerade ihre Kopfschmerzen herunter schluckt.
„Evelyn, ich hol dir eine Schmerztablette... und wir gehen zum Arzt..." beschließe ich und will aufstehen, doch sie drückt mich plötzlich mit dem Rücken auf die Matratze und sieht mich an.

„Kopfschmerztablette ist okay... aber kein Arzt..." murmelt sie, was mich stutzig werden lässt.
„Warum kein Arzt?" frage ich nach und werde immer ernster, als ich bemerke, wie sie meinen Blicken ausweicht.
„Prinzessin, was verheimlichst du mir?" flüstere ich und zwinge sie mir in die Augen zu sehen, indem ich ihr Kinn zwischen zwei Finger nehme.
„Koffeintabletten." sagt sie leise, so leise, dass ich mir das Wort selbst zusammenreimen muss.
„Warum?" harke ich nach, worauf ihr eine Träne über die Wange rollt.

„Hey." hauche ich und setze mich auf, dass ich sie richtig ansehen kann.
„Weißt du, wie es ist, wenn die Personen, die dir gegenüber sitzen, schon alles getan haben, was man nur tun kann? Drogen, Partys, Frauen... Ich hab Angst, dass ich dir irgendwann zu langweilig werde..." stottert sie vor sich hin, was mich zwar besorgt werden lässt, ich aber doch schmunzeln muss.
„Und Koffeintabletten machen dich Cooler?" frage ich ruhig nach, worauf sie mit dem Kopf schüttelt.
„Denkst du Manu und ich sind stolz darauf? Weißt du, dass wir das nur alles getan haben, um raus zu kommen? Weg von ihnen. Den Tod unseres Bruders vergessen, das war unser richtiges Ziel. Du musst nichts machen, um mit mir mitzuhalten... Verdammt Prinzessin... nichts von all dem ist gut... auch nicht ständig jemand Anderen zu haben, das macht einen kaputt..." erkläre ich und streiche ihr eine Strähne hinters Ohr.
„Bitte verstehe, dass du nichts tun musst, um mich zu beeindrucken... Allein deine Art, dieses süße, freche Mädchen... das jeder haben will, aber niemand haben kann, weil es zu mir gehört... das beeindruckt mich jeden Tag aufs Neue..." hauche ich und streiche über ihre Hand, auf welche ich auch sehe, bis mein Kopf hoch gehoben wird.
„Danke.." flüstert sie und küsst mich, wobei sie mich nach hinten wieder aufs Bett drückt.

„Du hast Kopfschmerzen." murmle ich zwischen den Küssen, als sie anfängt, mein Shirt hochziehen zu wollen.
„Also müsste doch ich rum meckern, nicht du." grinst sie und fährt mit den Lippen zu meinem Hals, weshalb ich sie sanft weg schubse.
„Du weißt genau, wo ich nicht mehr aufhören kann... also lass das... nutz das nicht so aus..." schmunzle ich und gebe ihr noch einen kurzen Kuss, bevor ich aufstehe und mich zu meinem Bruder begebe, der Frühstück macht.

„Koffeintabletten." murre ich und krame in einem kleinen Kästchen herum, wo wir einiges an Arznei drin haben.
„Sie hat Angst, dass du zu erfahren für sie bist." stellt er fest, worauf ich meine Augen verdrehe.
„Ach ehrlich?" stelle ich mich dumm, doch er mustert mich kurz.
„Deswegen sind manche wieder aus meinem Bett gesprungen. Vor allem unberührte Jungfrauen." grinst er, was mich wieder lächeln lässt.
„Sie ist aber keine Jungfrau..." murmle ich, worauf er mich nachäfft: „Ach ehrlich? Nicht zu überhören."
Grinsend werfe ich ihm ein Küchentuch ins Gesicht und laufe zurück ins Zimmer, wo ich meine Freundin vor der Glaswand stehen sehe.
Sofort dreht sie sich zu mir und sieht mich fragend an, da ich anscheinend breiter grinse als ein Honigkuchenpferd.
„Was?" fragt sie auch lächelnd, was mich kurz lachen lässt.
„Kannst du sowas öfter anziehen? Steht dir verdammt gut." grinse ich und deute auf das zu große T-Shirt.
„Wenn du welche opferst." antwortet sie knapp, nimmt die Tablette aus meiner Hand und schluckt sie mit etwas Wasser.
„Ich geh duschen..." flüstert sie im gleichen Atemzug und zieht sie das Kleidungsstück elegant über den Kopf und läuft Richtung Badezimmer, weshalb ich nur ihren nackten Rücken mustern kann.
Ergeben laufe ich ihr nach und schließe die Tür hinter uns ab.
Nicht, dass Manu Sachen sieht, die ihn nichts angehen...

Psycho and Cutie-After closed doorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt