Kapitel 64

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Ich bog so rasant in die Einfahrt vor Alecs Haus ein, dass mein alter Wagen prompt erlosch. Ich fluchte, ließ es dann aber bleiben, zog den Schlüssel und stapfte die letzten Meter zur Veranda.
Ich wollte gerade auf die Klingel drücken, als mir etwas auffiel. Die Tür war nur angelehnt. War seine Mom vielleicht gerade nach Hause gekommen? Ich blickte mich um, konnte aber nirgends ein Auto entdecken. Nein, sie war vermutlich noch arbeiten. Also stieß ich leicht gegen die Tür. Sie schwang nach innen auf. Millionen Gedanken schwirrten mir wie verirrte Fliegen durch den Kopf und ich malte mir schon Horrorszenarien aus, wie ich gleich über Alecs blutverschmierte Leiche stolpern würde. Oh Gott, mir kam die Szene aus „The Mentalist" in den Sinn, in der dieser Typ seine Frau und sein Kind tot auffindet. Ich erschauderte kurz und ertappte mich dabei, die Wände nach Blutsmileys abzusuchen. Dann schüttelte ich energisch den Kopf.

Reiß dich mal zusammen!, herrschte ich mich selbst an. Du wirst ja wohl noch Alecs Haus betreten können ohne dir dabei in die Hosen zu machen! Idiotin!

Ich trat vorsichtig über die Schwelle ins Haus, als erwartete ich, dass sich ein bewaffneter Maskierter aus irgendeiner Ecke auf mich stürzte. Ich hielt den Atem an. 10 Sekunden vergingen. 20. Nichts passierte. Ich atmete aus. Gott, war ich paranoid. Ich hatte definitiv zu viele schlechte Filme gesehen.

Das Wohnzimmer lag direkt neben der großzügigen Eingangshalle mit Treppe, in der ich gerade stand und so marschierte ich schnurstracks auf die Tür zu. Schließlich hatte die Haustür offen gestanden. Als ich direkt vor der verschlossenen Wohnzimmertür stand, hörte ich Musik. Irgendetwas Rockiges, Aggressives. Bevor sich die Panik wieder in meinem Kopf breitmachen konnte und ich rückwärts das Haus verlassen konnte, öffnete ich lieber die Tür und trat ein.
Das Zimmer war ein absolutes Chaos. Ich war bei Weitem kein ordentlicher Mensch, aber das war sogar für meine Verhältnisse zu krass. Überall lagen Kissen auf dem Boden herum, DVD-Hüllen und leere Gläser. Immerhin sah ich keinen der obligatorischen, vor sich hingammelnden Pizzakartons. Er hatte sich also nicht völlig gehen lassen.

Und dann sah ich ihn. Er saß auf dem Sofa, eine halb leere Whiskey-Flasche in der Hand, das Hemd halb offen und starrte die Wand an. Als er mich hörte, drehte er den Kopf, schaute mich an und schnaubte nur.

„Wa-was ist hier los?", fragte ich völlig entgeistert.

„Ich feier ne kleine Party mit mir selbst.", gab Alec ironisch zurück und prostete mir zu.

Ich schwieg und stieg über ein Kissen hinweg auf die Couch zu. Dort ließ ich mich neben Alec fallen und sagte: „Krieg ich auch nen Schluck?"

Er schnaubte wieder und reichte mir die Flasche. Ich setzte sie an die Lippen und trank einen Schluck. Verdammt, war das Zeug scharf! Beinahe hätte ich alles wieder ausgespuckt. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, brach Alec das Schweigen und sagte: „Mein Vater war hier."

Bad boys do it better?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt