Teil 46

134 6 0
                                    

Avessa

Nach Arithmantik war sie in die Bibliothek gegangen und hatte sich an die Hausaufgaben gemacht. Sie würde sicher nicht alle fertig bekommen, aber sie wollte so viel wie möglich erledigt haben, bevor sie heute Abend auf die Feier ging. Sie spürte ihn, bevor sie ihn sah. Avery. Ihr Puls stolperte und setzte rasend wieder ein und ihre Atmung beschleunigte sich. Ihre Kehle fühlte sich sogleich trocken an und sie beeilte sich, ihre Sachen zusammenzupacken, um schnellstens aus der Bibliothek zu verschwinden. Sie schwang sich gerade ihre Tasche um die Schultern, als er um das Regal herumkam und sie erblickte. Hinter ihm stand Mulciber und Avessa hätte gelacht, wenn sie nicht so eine Angst verspürt hätte.

Dann straffte sie sich. Himmel, er war ein einfacher dummer Schüler! Er würde ihr nichts tun! Es war mitten am Tag in Hogwarts! Er wollte sie nur einschüchtern. Und das würde ihm nicht gelingen. So sah sie betont langsam und gelangweilt – wie sie hoffte – zu ihm auf, legte all die jahrelang antrainierte Gleichgültigkeit in ihre Maske. „Na sowas...Hogwarts beliebtestes Slytherinpärchen. Was kann ich für euch tun?" Die beiden ballten ihre Hände zu Fäusten. Super Idee, sie derart zu provozieren, ganz toll... Sie machte eine ungeduldige Geste, das Buch, welches sie ausleihen wollte, vor sich umklammernd. „Nun redet schon!", herrschte sie sie an.

Avery trat ruckartig einen Schritt nach vorn, doch war immer noch das kleine runde Tischchen zwischen ihnen, sodass Avessas aufgerichtete stolze Haltung nicht ein bisschen wich. Ihre Augenbraue zog sich unwillig nach oben und sie wusste, wie diese Geste wirkte, hatte sie sie selbst oft genug an Professor Snape beobachtet. Dieser gleichsam entnervte und gelangweilte Blick konnte einen rasend machen. Das willst du?! „Du bist mal wieder unpassend mutig Leary.", sagte Avery und sie zwang sich, langsam und genervt einzuatmen. „Jaja. Gryffindors sind schlechter als Slytherins, die zu zweit auftauchen, um einen Einzelnen einzuschüchtern. Tapfer... Ich muss nun aber los. Wenn ihr mich also entschuldigen würdet." Ihre Hand ging in den Umhang und umklammerte ihren Zauberstab, bevor sie um den Tisch herumging und an den beiden Siebtklässlern vorbeigehen wollte.

Sie spürte die Wut in beiden, doch hielten sie sich zurück, wohl nicht zuletzt deswegen, weil Madam Pince den Zeitpunkt wählte, nach ihnen zu schauen. Madam Pince konnte Schüler nicht lange allein lassen. Merlin sei Dank. Avessa lieh ihr Buch aus und ging dann schnellen Schrittes in die Große Halle, auch wenn ihr so schlecht war, dass sie wahrscheinlich nichts runterbekommen würde. Sie betrat die Halle und ein paar Erstklässler wichen ihr aus, als sie zum Gryffindortisch stürmte. Sie konnte einfach nicht anders, als würde der Tisch Sicherheit bedeuten. Lily sah ihr lächelnd entgegen, bevor ihre Miene einen fragenden Zug annahm. „Was ist denn los?", fragte sie, als Avessa sich ihr gegenüber niederließ. Die Angesprochene seufzte und schüttelte den Kopf. „Nichts, alles gut. Ich war in der Bibliothek und hätte fast vergessen, etwas zu essen."

Lily sah sie zwar zweifelnd an, ließ es aber so stehen und Avessa war ihr dankbar. Die Jungs hätten sie wieder ausquetschen, bis sie entweder nachgegeben hätte oder sie sich gestritten hätten. Sie wusste, dass sie es gut meinten, aber dennoch war es manchmal etwas enervierend. Lily dippte ihr Brot in einen Klecks Kräuterquark, der auf ihrem Teller lag und biss dann genüsslich davon ab. „Machen wir uns gleich zusammen fertig? Ich hätte die Haare gern hochgesteckt, schaffe es aber nie." Avessa sah sie unsicher an. „Ich bin da auch nicht so gut drin. Ich weiß, wie ich meine Haare zurückknote, damit sie nicht stören und kann leidlich flechten, das war's." Lily lachte. „Wie gut, dass wir Louise haben. Sie ist richtig gut in Frisuren. Welche willst du dir machen?"

Avessa hob eine Schulter. „Wie immer?" Lily rollte mit den Augen. „Ich dachte, du warst immer wieder auf solchen Veranstaltungen? Da kann man doch nicht ‚wie immer' hingehen!", sagte sie vorwurfsvoll und Avessa nickte. „Doch, klar. Es ist kein Ball, Lily." Diese grinste. „Na gut. Zum Ball lässt du dir von Louise die Haare machen und heute lässt du sie wenigstens mal offen, ja? Ich weiß gar nicht, wie du mit offenen Haaren aussiehst." Avessa zog eine unwillige Miene. „Dann hängen sie mir immer im Gesicht rum...", maulte sie und Lily lachte. „Avessa Leary, du bist kein kleines Kind, hör auf, zu schmollen. Wir machen das schon. Und nun iss was, sonst bist du nach einem Glas Wein betrunken."

𝒜𝒞 - Alles zu seiner ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt