Teil 44

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Avessa

Der Morgen kam viel zu früh und nachdem sie eine Weile gebraucht hatte, sich an alles zu erinnern, war sie gleichsam entsetzt und erleichtert. Entsetzt, was passiert war und dass Severus sie gefunden hatte und erleichtert, dass es Sonntag war... und es Severus gewesen war, der sie gefunden hatte. Er war zwar nicht der Netteste gewesen und hatte so verwirrende Nuancen der Wut ausgestrahlt, dass sie immer noch keine Ahnung hatte, was genau er dachte, aber...es wäre so viel schlimmer gewesen, wenn Sirius oder Remus sie gefunden hätten. Sie hätten erwartet, dass sie es meldet, sie hätten sie sicher nicht hier schlafen oder allein sein lassen. Severus schon. Ja, weil er sich nicht um sie scherte und die Tat seines Mitschülers wahrscheinlich nicht sonderlich schlimm fand..., aber dennoch war sie ihm dankbar, dass er ihr ihren Freiraum und die Entscheidung darüber gelassen hatte, was sie tun wollte.

Sie erhob sich und zuckte zusammen, waren ihre Muskeln ein wenig überfordert von der heftigen Anspannung gestern. Und dem Ausstoß der Magie. So ein Stärkungstrank hätte jetzt was. Sie runzelte die Stirn, als eine Phiole auf ihrem Nachttisch erschien. Wenn die Magie des Raums soweit ging... Sie schob die Gedanken für spätere Beachtung nach hinten und nahm den Trank, der ihr gleich wieder Kraft und Energie gab. Sie schmunzelte, als sie daran dachte, was ihr Vater immer zu solchen Hilfen gesagt hatte. ‚Ein Carrow braucht keine magischen Hilfsmittel. Keine Drogen oder Tränke.' Er hatte es gehasst. Ihr Blick wurde nachdenklich, hatte sie immer gedacht, es lag daran, dass ihre Mutter so viele hatte nehmen müssen...genommen hatte. Sie atmete tief durch und schob auch diese Gedanken beiseite und beschloss, sich auf das Wichtigste zu konzentrieren. Wie sie aus dem Schlamassel rauskam, in den sie sich gebracht hatte. Sie zitterte, als sie an den Abend im Bad dachte und schloss fest die Augen und Hände, ballte diese zu Fäusten. Sie musste über den Schrecken hinwegkommen! Sie durfte sich nicht anmerken lassen, dass es ihr zugesetzte hatte, was er ihr angetan hatte – und anzutun gedacht hatte.

Ein Blick in den Spiegel verriet ihr, dass sie sich so nicht bei den anderen sehen lassen konnte. Entweder sie schaffte es, dass man es nicht sah, oder sie musste doch noch zu Madam Pomfrey. Ihr Blick wurde nachdenklich. ‚Dass man es nicht sah'... Es gab da doch diesen Spruch in einem der Bücher aus der Bibliothek... Sie schloss die Augen und sprach ihn. Als sie wieder in den Spiegel sah, lächelte sie zufrieden, sah man ihr ihre Verletzung nicht mehr. Sie hob den Zauber nochmal auf und sprach ihn erneut, nur zur Übung und wieder klappte es. Wenn sie sich recht erinnerte, würde er so lange halten, bis sie ihn löste.

Wenn sie nun erneut die Salben auftat, wären die Verletzungen bis zum Abend verschwunden, nahm sie an. Also versorgte sie alle blauen Flecken und auch die Bisswunde am Hals mit der Salbe, legte am Hals noch ein breites magisches Pflaster an, auf dem derselbe Spruch lag, wie sie ihn nun auch auf ihre anderen Verletzungen sprach. Danach richtete sie sich die Haare, die Kleidung, bis sie wieder aussah, wie sie selbst und legte den Zauberstab an ihren Schenkel, wo er nach einem kleinen Zauber hielt. Ihren Umhang hatte sie im Bad gelassen. Sie würde ihn einfach schnell holen, auch wenn ihr Zittern bei dem Gedanken stärker wurde.

Doch war es wirklich noch sehr früh am Morgen und so war das Schloss angenehm leer. Ob der Umhang noch da war? Schließlich hatte sie Avery dort ebenfalls zurückgelassen. Avery...ob er wirklich verletzt gewesen war? Ihr Herz pochte schneller, als sie der Schreck packte, dass er eventuell zu heftig an die harten Kacheln der Wand getroffen war. Sie...hatte sich ihn natürlich nicht mehr angesehen. Oh, Merlin, was, wenn...

„Avessa!" Sie wirbelte herum und sah Severus auf sie zukommen. Er blieb vor ihr stehen und sah sie mit gerunzelter Stirn an. „Warum schaust du so?" Sie sah aus großen Augen zu ihm auf. „Avery...ich...ich habe...niemandem Bescheid gegeben, dass er...was, wenn er stark verletzt war...?", stieß sie stammelnd hervor und spürte ein leichtes Kratzen im Hals, doch war ihre Stimme nur noch heiser und nicht mehr so brüchig wie am Abend zuvor. Severus sah sie überrascht und dann tadelnd an. „Du machst dir Sorgen, dass ihm etwas passiert ist, Leary?!", fragte er etwas ungläubig und deutlich vorwurfsvoll und sie hob eine Schulter, sah fast entschuldigend zu ihm auf. „Naja... irgendwie... nein, aber..."

𝒜𝒞 - Alles zu seiner ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt