Kapitel 97

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Avessa

Sie ging schnellen Schrittes in Richtung Krankenflügel und wischte sich beim Gehen erneut über die Augen, die einfach nicht aufhören wollten zu brennen. So heftig hatte sie noch nie auf Severus reagiert. Also, auf seine Emotionen. Sie wusste doch, dass er sie hasste... Dennoch hatten seine schier unbändige Wut, die plötzlich in ihm aufgelodert war und der Hass ein Ausmaß erreicht, dass sie so noch nicht kannte von ihm. Und es hatte sie erschreckt. Sehr. Denn es hatte ihr Vertrauen in seine Person erschüttert. Irgendwie hatte sie bisher immer gedacht, dass er, wenn es hart auf hart käme...nichts gegen sie unternehmen würde.

Und damit meinte sie nun nicht die dumme Werwolfsache – entschuldige, Remus. Sie meinte eher die Probleme mit den Todessern und IHM. Doch nach eben... Sie schluchzte leise und ungewollt, wurde wütend auf sich selbst. Eben hatte sie kurz Angst gehabt, er würde ihr etwas antun. Eben hatte sie die Sicherheit, die sie, wie sie nun merkte, immer in seiner Gegenwart verspürt hatte, verlassen. Er hatte sie eben wirklich gehasst. Wofür, wusste sie nicht zu sagen. Was hatte sie getan? Er ist ein Todesser, Vessa. Ist er nicht! Haarspalterei. Er wird es. Das ist so sicher wie das Gold in Gringotts. Sie presste wütend die Lippen zusammen und betrat – zum wievielten Male, seit sie in dieser Zeit gelandet war? – den Krankensaal.

„Madam Pomfrey?", rief sie verhalten und die Heilerin trat aus ihrem Büro. „Oh, Mademoiselle Leary.", sagte sie und deutete auf ihr Büro. „Komm 'erein." Sie betraten den kleinen aber gemütlichen Raum und Madam Pomfrey schloss die Tür. „Setz disch, ma petite. Monsieur Lupin erzählte mir, was passiert ist." Sie zückte den Zauberstab und begann einen Diagnosezauber, bevor Avessa noch etwas dazu sagen konnte. Sie runzelte die Stirn. „Monsieur Lupin sagte, du 'abest Schmerzen in der Brust ge'abt und Blut ge'ustet?" Avessa nickte leicht. „Nicht viel, aber ein wenig, ja. Und es tat wirklich extrem weh. Als...als würde etwas aus der Brust gerissen...und dann wieder wie ein heftiger Druck." Die Heilerin sah sie nachdenklich an. „Wo genau?" Avessa deutete auf ihre Brust und Madam Pomfrey nickte langsam. „Direkt über dem 'erzen."

Sie zuckte mit den Augenbrauen und atmete tief durch, den Kopf schüttelnd. „Isch kann keine Verletzungen oder Ähnlisches erkennen, ma chère. Dunkle Magie wäre natürlisch denkbar, aber da bin isch nischt so bewandert wie andere...und isch ge'e davon aus, dass niemand in 'ogwarts disch verfluchen würde, n'est-ce pas?" Avessa wurde kalt und sie schluckte, nickte dann aber. „Wahrscheinlich nicht, Madame...", sagte sie leise und beschloss, noch Professor Dumbledore aufzusuchen, wie sie mit Sirius besprochen hatte. Sirius... Ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus und ließ den Schmerz über den Streit mit Severus verblassen.

Er war es auch gar nicht wert, dass sie sich seinetwegen schlecht fühlte! Sie stand auf, den Krankensaal zu verlassen, doch Madam Pomfrey sah sie verwirrt an. „Was 'ast du vor, petite?" Sie seufzte innerlich, weil die Jungs nie so angesprochen wurden, doch war die Heilerin in ihrer Zeit ganz genauso. Daher ärgerte es sie auch nicht wirklich. „Nun...ich dachte, wenn ich gesund bin...", sagte sie, doch die Heilerin schnaubte. „Du 'ast Blut ge'ustet, Mademoiselle Leary. Isch werde disch sischer nischt einfach ge'en lassen, nur weil isch nischt die Koriphäe in schwarzer Magie bin! Professor Dumbledore ist bereits auf dem Weg."

Avessas Augen weiteten sich, da sie gar nicht mitbekommen hatte, dass Madam Pomfrey ihn gerufen hatte. Doch nickte sie fügsam und setzte sich wieder. Die Heilerin ließ sich nochmal jede Kleinigkeit erzählen und als es klopfte, hatte sie schon wieder diesen eindringlichen Blick drauf, der Avessa nachdenklich und forschend betrachtete. „'erein.", erklang ihre strenge, aber melodische Stimme und Professor Dumbledore betrat den Raum. „Einen wunderschönen guten Tag, die Damen.", lächelte er und sah neugierig von Madam Pomfrey zu Avessa. „Warum bin ich hier? Und vor allem, warum bist du erneut hier, Avessa?"

𝒜𝒞 - Alles zu seiner ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt