Kapitel 102

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„Du scheinst bemerkenswert gut darin zu sein, negative Umstände auszublenden, oder, Avessa?", fragte die dunkle Stimme vom Sessel her und sie hörte echtes Amüsement in ihr. Bitter verzog sie die Lippen und schluckte, sammelte sich kurz, aus Angst, ihre Stimme könnte zu zittrig klingen, wenn sie zu schnell antwortete. Dann drehte sie sich zu ihm und zuckte mit den Schultern. „Ich habe nur gelernt, mich davon nicht beherrschen zu lassen, da sowas eher kontraproduktiv ist." Als sie die, wenn auch etwas widerwillige Zustimmung in ihm verspürte, musste sie erneut ein wenig zynisch lächeln, war es etwas, das ihr Vater seinen Kindern immer wieder gepredigt hatte: ‚Lasst euch niemals von euren Gefühlen beherrschen. Insbesondere nicht von Angst. Sie lähmt euch nur.'

„Nun, da haben wir wohl eine ähnliche Einstellung. Das überrascht mich. Bei dir allerdings fehlt dadurch auch der natürliche und in vielen Fällen lebenswichtige Respekt vor Gefahren – und das ist ebenfalls eher kontraproduktiv, Avessa." Hatte sie immer gewollt, dass ihre Umgebung aufhört, sie mit Spitznamen zu belegen und anfing, ihren Namen zu nutzen? Nun, hier empfand sie es als bedrohlich, dass er immer wieder ihren Namen nutzte. Namen hatten Macht.

Dennoch versuchte sie sich an einem Augenrollen und verschränkte ihre Arme noch fester, wie um sich davon abzuhalten, zu stark zu zittern, oder zu verhindern, dass sie auseinanderbrach, die Angst zuließ. „Was wird das hier? Eine Teegesellschaft? Dann wäre ich für eine Tasse desselben recht dankbar, habe ich doch etwas wenig getrunken, wie es scheint." Aaron sah sie einen Moment durchdringend an, als wüsste er noch nicht, ob es ihn wütend machen oder amüsieren sollte, dass sie so reagierte, doch entschied er sich letztlich für Letzteres, was Avessa kaum überraschte.

Er war so eindeutig in der Machtposition, dass er es ihr erlauben konnte, zu rebellieren, denn es brachte ihr nicht das Geringste. Manchmal spielte ihr Vater auch gern, wie es schien. So lächelte er und nahm einen Schluck aus seinem Glas, bevor er seinen Zauberstab auf sie richtete. Ihr wurde schlagartig kalt und ihre Augen begannen zu brennen, doch schaffte sie es nicht, zu blinzeln. Sie starrte die Spitze des Stabes an und wartete auf den Schmerz, denn ihre Regale hatte sie so fest und verwinkelt hochgezogen, wie es nur ging.

Doch lächelte Aaron nur und bewegte Stabspitze und Blick über ihren Körper, als wisse er noch nicht genau, wo er ihr weh tun wollte. Sie musste humorlos auflachen, war es so typisch ihr Vater, dass er sie zappeln ließ. Sie hasste diese Art des Wartens. Nichts war schlimmer... Aaron sah sie bei dem Lachen überrascht an und doch konnte sie auch Unwille in ihm aufkommen spüren und ein eigenartiges Gefühl des Triumphs durchzog sie. Und wenn es sie nur noch mehr Schmerzen kosten würde, sie würde ihn provozieren, bis...

Sie verharrte im Gedanken, als sich ein anderer vehement und jäh bildete: Wenn sie verhindern wollte, dass er an ihr Wissen kam, musste sie ihn so sauer machen, dass er sich nicht mehr beherrschen konnte und lieber den Cruciatus nutzte! Sie wusste, was anhaltende Schmerzen dieser Art für Auswirkungen auf den Geist eines Menschen haben konnte. Nicht, dass sie unbedingt sterben wollte, weder geistig, noch körperlich, doch wenn es die einzige Möglichkeit war, ihr Wissen zu schützen...?

Sie atmete unauffällig tief durch und legte all den Spott, die Arroganz und Herablassung ihrer Erziehung mit hinein, die sie aufbringen konnte und stöhnte entnervt. „Nun mach schon, du Versager! Oder traust du dich nicht?", provozierte sie ihn und er ruckte bei den Worten in eine angespannte aufrecht sitzende Position. „Was hast du gerade gesagt, Schlammblut?!", zischte er und sie lächelte mitleidig, auch wenn ihr das Herz bis zum Hals pochte und sie nicht glaubte, dass sie noch länger aufrecht stehen konnte, zitterte alles an ihr heftig.

Denk an alle, die du liebst! Sie würden nur noch mehr leiden, wenn Voldemort dein Wissen bekommt! Sie riss sich zusammen. „Soll ich es dir aufschreiben?", fragte sie genervt und schaffte es zu grinsen. „Was will Voldemort nur mit einer solchen Niete? Oder hat er einfach keine große Auswahl? Als Halbblut mit Muggelvater kann er aber auch vielleicht nicht allzuviel erwar-..." – „Crucio!", polterte ihr Vater und sprang wutentbrannt auf, den Zauberstab auf sie gerichtet.

𝒜𝒞 - Alles zu seiner ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt