Severus
Er hatte nun einige Tage nicht mehr mit ihr gesprochen und deutlich gemerkt, dass es sie verwirrte. Doch hatte ihr Stolz wie immer nicht zugelassen, dass sie ihn fragte, was los war. Stolz? Vielleicht war es ihr auch völlig egal... Ja, offensichtlich, denn sie war nicht aufgetaucht wie verabredet, obwohl er ihr sogar extra einen Erstklässler geschickt hatte, der sie erinnern sollte. Sein Wangenmuskel zuckte, als er darüber nachdachte, wie sie sich wohl gefreut hatte, ihm eins auszuwischen, indem sie nicht kam. Er konnte doch nichts dafür, dass sie von der Realität überrascht worden war. Und er konnte auch nichts dafür, dass Aaron sie so behandelt hatte! Vielleicht bewirkte das Wochenende endlich, dass sie ihre große Klappe unter Kontrolle brachte. Sie war manchmal wirklich typisch Gryffindor, die im Angesicht der Gefahr lieber noch provozieren. Das war kein Mut, das war Dummheit. Und wenn er an das abschließende Gespräch dachte, hatte sie das auch verstanden. Dennoch kam er nicht umhin, sich ein wenig schlecht zu fühlen, wenn er an ihren verlorenen und erschöpften Ausdruck im Gesicht dachte, als sie sich getrennt hatten.
Als sie ihn dann wegen der Erinnerung angesprochen hatte, war er hin und hergerissen gewesen, wollte er eigentlich nicht, dass sie sich erinnerte, da das Gespräch mit ihr an dem Abend...recht persönlich gewesen war. Zu persönlich, wie er fand. Doch hatte er eh nicht auf ihre Bitte eingehen müssen, da sie Black unterbrochen hatte. Also warum war sie nun sauer auf ihn?! Und ließ ihn warten wie einen Idioten? Seine Wut kochte nun, da er sie hier einfach rumstehen sah, noch höher und auch das schreckhafte Zucken konnte ihn nicht besänftigen, das sie durchzog, als er sie anfuhr. Ihre Augen fanden seine und er sah schuldbewusste Panik in ihnen aufsteigen.
„Oh, Severus! Es...es tut mir leid! Ich habe es vergessen! Ich war bis eben bei Professor Dumbledore und..." Sie brach ab und er zog eine Augenbraue hoch, die Arme verschränkend. „Warum warst du bei Professor Dumbledore?", fragte er kühl und sie hob eine Schulter. „Das ist privat, Sev..." Seine Augenbraue wanderte noch ein Stück weiter in die Höhe, doch schien sie nicht bemerkt zu haben, wie sie ihn genannt hatte. Er runzelte die Stirn. „Was ist mit dir los, Leary?" Sie sah zu ihm auf und zuckte mit den Schultern, während sie tief durchatmete und sich von der Wand abstieß. „Einfach kein guter Tag. Entschuldige...ich mach die Arbeit morgen allein, okay?" Er sah sie durchdringend an. Sie hatte wieder diesen verlorenen Ausdruck im Gesicht. Was war das mit ihr? Sie hatte Freunde, Familie, war gut in der Schule...aber was wusste er schon von ihrer Familie und er wusste ja, was das für ‚Freunde' waren. Mit ihnen lag sie immer wieder im Streit, besonders mit Black. Er konnte nicht sagen, dass er das nicht gut fand.
„Wir werden sie zusammen machen. Es ist eine Gemeinschaftsarbeit, Leary." Sie nickte und ging an ihm vorbei, weiter in Richtung Gryffindorturm. „Brauchst du noch Hilfe wegen der Erinnerung?", hörte er sich fragen und sie sah überrascht zu ihm zurück. Dann schüttelte sie den Kopf. „N-nein, aber danke.", sagte sie und ein sanftes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Er nickte langsam. „Wer hat dir geholfen, Dumbledore?" Sie hatte sich schon umdrehen wollen und blickte nun erneut zu ihm und der leichte Schock in ihren Augen sagte ihm, dass er mit der eher scherzhaft gemeinten Vermutung Recht hatte. Warum ging sie mit sowas zu Dumbledore? Und viel schlimmer, was hatte der Alte noch gesehen? Schnell ging er in Gedanken den Abend durch, doch eigentlich kam ihm nicht viel Schlimmes in den Sinn. Avessa hatte sich mittlerweile gefangen und schüttelte den Kopf. „Nein...ich habe mich einfach erinnert...manchmal helfen Ruhe und Ent-...spannung. Hat Madam Pomfrey gesagt, als ich sie gefragt habe, weißt du..."
Er schmunzelte sacht und sah sie erröten. Er verstand nicht, warum sie nicht besser log. Er hatte gesehen, dass sie eine ausgezeichnete Maske aufbauen konnte, als sie Aaron gegenüberstand. Warum also nicht bei ihm? „Ja...wie auch immer...", sagte sie und wandte sich dann um, einen zweiten Versuch zu starten, weiterzugehen. Er schloss zu ihr auf und begleitete sie. „Nun, dann kannst du deinen kleinen Freunden ja sagen, dass sie sich geirrt haben und Lucius nichts als die Wahrheit gesagt hat." Sie sah schräg zu ihm auf und ihre Augen wurden leicht schmal und begannen, ärgerlich zu funkeln. Na bitte. Besser, als diese halbtote Larve von eben. Die kleine Gryffindor war immer noch recht leicht zu reizen und ihm wurde klar, dass ihm die kleinen Streitgespräche die letzten Tage gefehlt hatten.
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𝒜𝒞 - Alles zu seiner Zeit
Fanfiction𝐁𝐀𝐍𝐃 𝟒 Avessa Carrow. Jüngster Spross einer der ältesten reinblütigen Familien, der Unantastbaren Achtundzwanzig. Und eine Gryffindor. Das sechste Schuljahr beginnt und Avessa will nur noch weg. Denn der Dunkle Lord ist zurück und ihre Familie...