Teil 12

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Avessa

Sie setzte sich erleichtert auf den ihr angebotenen Sessel und wartete, dass Professor Dumbledore sich ebenfalls gesetzt hatte und das Wort an sie richten würde. Die Schulleiter in den Gemälden taten, als würden sie schlafen, nur eins von einem dunkelhaarigen Mann mit stechenden Augen musterte sie kalt und berechnend. Sie erwiderte den Blick fest. Dumbledore schwang seinen Zauberstab und ein Teeservice erschien, mit dampfendem Wasser und einer Kräuter-Früchte-Mischung, die beruhigende Wirkung zu haben schien. Er folgte Avessas Blick und schmunzelte. „Phinneas, ich befürchte, das Blickduell werden sie verlieren. Miss Carrow kommt mir nicht wie eine junge Dame vor, die sich schnell einschüchtern lässt."

Avessa verspürte zwar Stolz bei den Worten, sah Dumbledore aber auch vorsichtig an. Wusste er, was passiert war? Zwischen Snape und ihr? Dann presste sie die Lippen aufeinander. Warum dachte sie an Snape, wenn Dumbledore davon sprach, ob sie leicht einzuschüchtern war? Das sollte sie ganz schnell vergessen! Von ihm würde sie sich nie einschüchtern lassen! Sie begegnete dem Blick Dumbledores, der sie forschend, aber freundlich betrachtete. „Sie scheinen aufgewühlt, Miss Carrow, sehe ich das richtig?" Er reichte ihr eine Tasse Tee, die sie dankend entgegennahm und sah sie dann aufmunternd an. Sie nickte leicht und atmete tief durch, gab den Versuch auf, ihre Emotionen zu verbergen. Unglücklich sah sie in ihre Tasse. „Ich schaffe das nicht, Sir.", sagte sie leise und er sah sie mitfühlend an. „Was genau, Miss Carrow...oder darf ich Avessa sagen?"

Sie nickte. „Natürlich, Sir. Es...es ist, dass ich zu nah an meiner Zeit bin, Sir. Zu viele Menschen, die ich in meiner Zeit kenne, existieren auch hier schon. Ich weiß, ich darf Ihnen nichts sagen, Professor, aber..." Er lächelte sanft. „Wenn es dir hilft...es wird mich kaum überraschen, dass viele meiner Kollegen, wie ich auch, nicht in den kommenden zwanzig Jahren sterben." Natürlich! Herrscht nicht gerade Krieg?! Als Avessas vorwurfsvoller Blick ihn traf, lachte er auf. „Du bist eine intelligente junge Dame und du hast natürlich Recht. Wir leben in einer gefährlichen Zeit, wie es scheint und ein dunkler Zauberer wird immer mächtiger...Wenn ich höre, wer alles noch in deiner Zeit lebt, lässt mich das vielleicht Rückschlüsse auf die uns unmittelbar bevorstehende Zeit ziehen." Er atmete tief durch und rieb sich über die Nasenwurzel. „Du hast also Angst, dass jemand anderes als Professor McGonagall oder ich mich an dich erinnert? Das wäre sicherlich nicht gut...", murmelte er und sie nagte an ihrer Unterlippe.

„Nun, das ist nicht alles, Sir...ich...bin offensichtlich nicht in der Lage, mein Wissen adäquat aus meinem Verhalten anderen gegenüber hinauszuhalten.", versuchte sie es nett zu umschreiben und Dumbledore lachte leise auf. „Du meinst, du kannst jemanden nicht leiden, den du aus deiner Zeit kennst?" Sie hob eine Schulter, nickte dann aber fast unmerklich. „So in etwa, Sir...", sagte sie leise. „Ich bin eigentlich gut darin, meine Einstellungen zu verbergen, so bin ich aufgewachsen, Professor, aber hier...fällt es mir so schwer. Meine...Gefühle und auch meine Magie sind so aufgewühlt...durcheinander. Ich habe Sorge, dass mir etwas herausrutscht oder..." Ihr kam ein Gedanke und sie sah ihn erschrocken an. „Vielleicht meine Art, jemanden zu behandeln zu dem Verhalten führt, was mich später stört...kann...kann das sein, Sir?", fragte sie verwirrt und Dumbledore musterte sie einen Moment, bis er seinerseits tief durchatmete.

„Das ist zumindest ein interessanter Gedanke, den man nicht ganz von der Hand weisen sollte. Wobei ich dir nicht zu nahetreten will, aber ein Mensch allein ist nicht dafür verantwortlich, dass sich ein anderer zu einem netten oder eher unangenehmen Charakter entwickelt." Seine Stimme war warm und beruhigend und sie nahm zusätzlich einen großen Schluck heißen Tees, der in ihre Kehle biss und ihren Magen erhitzte. Der leichte Schmerz störte sie wie immer nicht im Geringsten, sondern half ihr, sich zu konzentrieren.

„Das hoffe ich sehr, Professor...dennoch werde ich versuchen, meine Antipathien besser zu verbergen. Allerdings...Sir..." Sie sah auf. „Was wäre, wenn...wenn ich...hier bin, um etwas zu verändern? Etwas...Schlimmes vielleicht...?", wisperte sie und Dumbledores Blick wurde dunkler. „Es tut mir leid, Avessa, aber ich denke nicht, dass wir zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen dürfen, dass du etwas ändern ‚sollst'. Dies würde implizieren, dass du ‚geschickt' wurdest und alle Zeichen deuten eher daraufhin, dass du selbst dich hierher begeben hast. Deine Magie, wenn auch vielleicht in Verbindung mit der deiner Umgebung, hat dafür gesorgt, dass du hier bei uns landest."

𝒜𝒞 - Alles zu seiner ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt