Kapitel 119

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Snape

"Du warst da und hast nichts getan!", fauchte sie und ihre Magie begann, sich aus der seinen zu lösen, flirrte hektisch um das junge Mädchen. Sie sprang auf und umklammerte sich so fest mit ihren Armen, als habe sie Angst, auseinanderzubrechen und der Blick, der ihn nun traf, war vielleicht nicht unverdient, aber unerwartet schmerzhaft.

"Na? Hat es sich gelohnt, mich zu verschachern? Hat es sich gelohnt, alles für den Verrückten zu tun, der sie getötet hat?!", fauchte Avessa und ihre Lider flatterten, bevor sie sich seitlich zur Brüstung lehnte und würgte. "Ich will das nicht... Ich... Ich will nicht hier sein... Ich hatte einen Plan...", stammelte sie und erneut erklangen diese leidenden Laute – wie von einem verwundeten Tier.

Zorn wallte in dem Slytherin auf, doch war er mittlerweile sehr viel geübter darin, seine Gefühle zu kontrollieren und so erhob er sich, ohne eine Miene zu verziehen. „Ja. Den hatten Sie. Aber wie Ihnen bereits Professor Dumbledore gesagt hat, lässt die Zeit nur eine gewissen Grad an Einmischung..." – „Schweigen Sie!", schrie die Gryffindor und wirbelte zu ihm herum, der Blick gefährlich flirrend.

„Ich will das nicht hören! Ich will Sie nicht sehen! Verschwinden Sie!" Ihre Stimme kippte bei den letzten Worten und schon wandte sie sich wieder ab, vollkommen hilflos und sehr offensichtlich ohne auch nur eine Idee, was sie nun tun sollte. Der Hauslehrer der Slytherins presste die Lippen aufeinander. Sie hatten keine Zeit! Sicher war nicht nur bei ihm und Lupin der Zauber gewichen, der das junge Mädchen, welches damals in ihre Klasse ging, vor ihren Erinnerungen verborgen hatte.

Und wenn er richtig vermutete, würde es mehr als nur einen geben, der die verpasste Chance von damals ihr würde anlasten wollen. Sie musste sich zusammenreißen. „Miss Carrow!", schnarrte daher seine tiefe Stimme emotionslos, doch sie achtete nicht auf ihn und rieb sich die Brust, welche, wie er nun sah, dunkel verfärbt war. Eine Erinnerung zuckte durch seinen Kopf und er verzog schmerzlich seine Lippen.

Für sie war der Jahreswechsel 1976/77 gerade erst ein paar Tage her, wenn er Dumbledore – und wohl auch der Reaktion der jungen Gryffindor – glauben durfte. Und damit auch die Verletzungen, die sie erlitten hatte. Er schluckte hart, als die volle Erinnerung aufkam. Sein Zauber hatte ihr diese Verletzungen beigebracht!

Seine Hand griff nach der Schülerin, die erneut schluchzend zusammengebrochen war, in der vagen Absicht, sie irgendwohin zu bringen und sie zu heilen, doch riss sich das Mädchen los und rannte auf die Brücke. Er fluchte und wollte ihr nachrufen, doch blieb ihm das Wort im Hals stecken, als sich der von einem wehenden Umhang umschlossene Körper wandelte, schrumpfte und letztlich eine Art Katze geradewegs im Verbotenen Wald verschwand.

„Was...!" Er wirbelte zu Lupin herum, der ebenfalls ein Stück auf die Brücke gerannt war, geschockt Avessa nachzublicken. „Was hat das zu bedeuten, Lupin?!", herrschte Snape ihn an und sein Magen verzog sich. Sie war ihnen ähnlicher, als er gedacht hatte. Waren sie sich deswegen so nah gewesen, damals? Weil sie ebenfalls ein sicher nicht registrierter Animagus war?

Lupin seufzte nur und sah zu ihm. „Sie sehen es doch selbst, Severus, was soll ich noch groß dazu sagen?" Der ehemalige Zaubertrankprofessor schnaubte. „Natürlich. Kein Wunder, dass sie so an Ihnen dreien hing.", ätzte er und fühlte die altbekannte Wut auf Potter, Black und Lupin aufwallen. „Wenn sie ihr sowas beigebracht haben." Der Tadel in seiner Stimme war unverkennbar, doch wie immer blieb der vermaledeite Werwolf ruhig.

„Sie konnte es schon, als sie zu uns kam. Sie hat es also die letzten Jahre unter Ihrer Nase gelernt, Severus. Und nun sollten wir uns lieber Gedanken machen, wie wir sie da rausbekommen. Wenn ich mich recht entsinne, gab es dort eine Art Wolf, die nicht sehr gut auf Avessa zu sprechen war..."

Das Unwohlsein im Gesicht Lupins ließ Severus wieder zum Wald blicken, als plötzlich ein heftiger Schmerz durch seinen linken Unterarm zuckte und er erbleichte. Es war nichts geplant gewesen, daher war es unwahrscheinlich, dass sich das Treffen nicht um Avessa drehen würde.

Dem misstrauischen Blick Lupins begegnete er mit einem herablassenden, den Schmerz unterdrückend. „Nun. Wie auch immer. Sie sollten Sie da rausholen. Sie ist verletzt und sollte in den Krankenflügel." Das Gesicht seines Gegenübers verdüsterte sich nun doch und endlich sah er Wut in den sonst so ruhigen Augen.

„Ich erinnere mich.", entkam es ihm gepresst und ein Knurren lag in seiner Stimme. „Die klaffenden Wunden, die sich nicht schließen wollten. Wir wussten, von wem sie waren." Fassungslos sah er ihn an. „Wie konntest du, Severus? Wieso fiel es dir so leicht, sie zu verraten? Selbst zu verletzen? Und Lily...?"

„Schweigen Sie, Sie elender Werwolf! Sie haben nicht die geringste Ahnung von mir.", fauchte Snape und straffte sich. „Kümmern Sie sich um Avessa!", befahl er noch schneidend und rauschte mit wallendem Umhang davon, sich seinem Lord zu stellen und Fragen zu beantworten, die er und Dumbledore bereits erwartet hatten.

Avessa

Sie rannte, rannte immer schneller und tiefer in den Wald. Fort von Hogwarts, fort von den Menschen, die nicht mehr waren, und jenen, die nicht mehr die waren, die sie sein sollten. Sie wollte nicht hier sein! Nicht so und...gar nicht! Die Sehnsucht zerfraß ihr Herz und das Wissen, dass ihr letztes Gespräch mit Sirius damit geendet hatte, dass sie ihn ignorierte, zerriss sie innerlich.

Ihre Pfoten stolperten ungeschickt über den Boden, fehlten ihr die Kraft und vor allem der Wille, weiterzulaufen. So blieb sie heftig atmend stehen und schloss die Augen. Zu spät bekam sie mit, wie ein riesiger Schemen aus dem Dickicht brach und auf sie zuraste. Sie riss die Augen auf und wollte zur Seite weichen, doch traf sie da bereits eine gewaltige Pranke und schleuderte ihren kleinen Körper gegen einen nahen Baum.

Schmerz breitete sich gleißend in ihrem Leib aus und ihr schwanden die Sinne, als sie auf dem Boden aufkam. Dann ist es wenigstens vorbei... Das Letzte, was sie wahrnahm,waren das Ungetüm, das auf sie zustürzte und ein aggressives Bellen, dann nurnoch Schwärze.

𝒜𝒞 - Alles zu seiner ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt