Brandt x Havertz - 40 Esel (Teil 2)

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Kais PoV

Ich hatte mich für mehrere Wochen vom Verein beurlauben lassen. Zunächst waren diese von meine Anfrage zwar nicht begeistert gewesen, nachdem ich ihnen jedoch erklärt hatte, worum es ging, ohne Jules Namen zu nennen, und zusagte einen Trainingsplan, der für diese Zeit erstellt werden sollte, einzuhalten, stimmten sie zu. Schlussendlich hätte ich mich sowieso nicht aufs Training oder Spiele konzentrieren können, wenn ich nicht wusste, wie es Jule in Dortmund ging. Ich hatte ebenfalls dafür gesorgt, dass auch Jule frei bekam. Seine Gesundheit sollte nun im Vordergrund stehen.  Die Karriere konnte warten. Zum Glück sahen die Verantwortlichen des BVB es genauso. 

Bereits am Morgen nach meiner Ankunft hatte ich alles geklärt. Ich würden den Vorfall aus der Nacht ganz sicherlich nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es ging Jule nicht gut und das nahm ich ernst. Normalerweise wäre er vermutlich sauer gewesen, wenn ich hinter seinem Rücken einfach Kontakt zum BVB aufgenommen hätte, um ihn für einen längeren Zeitraum abzumelden. Die Tatsache, dass er es einfach mit einem Nicken hinnahm, bestätigte mir, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. 

Den restlichen Tag hatten wir einfach gekuschelt und noch nicht all zu viel gesprochen. Dafür würde uns noch genug Zeit bleiben. Ich hielt Jule einfach fest umklammert, während wir den Schlaf aus der Nacht nachholten und die Nähe zueinander, von der wir in den letzten Monaten viel zu wenig hatten, genossen. Wir tankten noch einmal Kraft, da uns insgeheim vermutlich beiden bewusst war, dass eine schwere Zeit vor uns lag, die auch unsere Beziehung belasten könnte. 

In der darauffolgenden Nacht kam ich nicht wirklich zur Ruhe, während Jule friedlich schlafend in meinen Armen lag. Gegen vier Uhr morgens hielt ich es nicht mehr aus und löste vorsichtig die Umklammerung, um aufzustehen und ins Wohnzimmer zu gehen. Dort schnappte ich mir Jules Laptop und sammelte Informationen zu dem kompletten Thema, sowie über Therapiemöglichkeiten. 

  "Kai", riss mich Jules leise Stimme aus meiner Arbeit. Als ich aufblickte, bemerkte ich, dass draußen inzwischen die Sonne aufging. Mein Freund stand in der Tür zum Flur, wo er sich an den Türrahmen lehnte. Trotz stundenlangen Schlaf schaute er mich aus müden Augen an. Ich streckte eine Hand nach ihm aus, während ich mit der anderen Hand den Laptop zuklappte. Langsam kam Julian auf mich zu, um sich neben mir auf die Couch fallen zu lassen. Während ich mich zurücklehnte, zog ich ihn in meine Arme. Sein Kopf legte sich auf meine Brust und seine Arme schlangen sich um meinen Bauch. Ich drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. Mit geschlossenen Augen lag der Ältere einfach in meinen Armen. "Können wir einfach für immer sp hier liegen bleiben?", murmelte Jule irgendwann. 

  "Und wer kümmert sich dann um unsere 40 Esel?" 

  "Kai", seufzte Jule, wobei zumindest ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen lag. "Du bekommst keine 40 Esel."

  "39?"

  "Einen." 

  "Esel sind Herdentiere. Sie sind nicht gern allein."

  "Wer ist das schon gerne", seufzte Julian. "Zwei." 

  "Du bist nicht alleine, Jule. Ich bin immer bei dir, wenn auch nicht körperlich. Egal was passiert, ich werde immer da sein und dich lieben. Ich werde jeden Kampf mit dir bestreiten, jede Niederlage mit dir ertragen, jeden Sieg mit dir feiern und dich auf all deinen Wegen begleiten." Er drückte sich enger an mich. "Vorletzte Nacht ...", sprach ich vorsichtig das Thema an, über das wir bisher geschwiegen haben. "Magst du es mir erklären?" Eine ganze Zeit lang blieb es still, bevor Jule leise begann zu reden. 

  "Kann ich nicht, weil ich es nicht weiß. Ich konnte die letzten Wochen nicht so gut schlafen. Der Mannschaftsarzt hat mir Schlaftabletten verschrieben, mit denen das Schlafen auch einfacher war. Gestern ... Ich hatte plötzlich den Gedanken im Kopf, was wohl passieren würde, wenn ich alle nehme. Eigentlich wusste ich das Ergebnis schon, aber die Versuchung war trotzdem da. Ich hatte die Dose schon auf, dann musste ich an dich denken und hatte das Verlangen noch einmal deine Stimme zu hören. Vielleicht habe ich auch gehofft, dass du es mir ausredest. Ich will nicht sterben, Kai, aber für diesen einen Moment war es irgendwie doch verlockend."

  "Wieso? Was fehlt dir im Leben? Was belastet dich? Wie kann ich dir helfen?" 

  "Ich fühle mich seit Wochen einfach so müde. Einfach nur erschöpft. Ich wollte nicht, dass sich jemand Sorgen macht, deswegen habe ich versucht es zu überspielen. Dadurch schien es aber nur noch schlimmer zu werden. Vielleicht weil es Niemand gemerkt hat. Es ging einfach alles weiter, wie es immer war. Marco verlässt den Verein und die Stadt, Jannis will für einen großen Job für mehrere Monate ins Ausland und du bist schon seit Jahren in London. Ich bin deswegen Niemanden böse, aber ohne euch fehlt etwas. Ich bin nicht allein in Dortmund, aber es fühlt sich so an." Uns rannen beide Tränen übers Gesicht, während wir uns aneinander klammerten. 

  "Ich hab gemerkt, dass etwas nicht stimmt ... dass du gelogen hast. Aber ich habe den Ernst der Situation nicht erkannt. Ich dachte, es wäre eine Kleinigkeit, die sich mit der Zeit von allein klären würde oder dass du von dir aus etwas sagen würdest, wenn du drüber sprechen möchtest. Erst in den letzten Wochen wurde mir langsam bewusst, dass es mehr sein könnte." Ich platzierte einen Kuss auf Jules Stirn. "Ich bin für dich da, Julian, aber ich will kein Risiko eingehen, weil wir die Situation unterschätzen, und ich weiß nicht, ob wir beiden das zu zweit schaffen. Vielleicht brauchen wir Hilfe. Hilfe von außen. Professionelle Hilfe." Jule drehte den Kopf an meiner Brust etwas, um mir ins Gesicht zu sehen. "Ich werde dich zu nichts zwingen. Es ist deine Entscheidung. Es ist nur ein Vorschlag. Und egal wie du dich entscheidest, ich werde an deiner Seite sein." Ich küsste ihn zärtlich, ehe ich meine Stirn an seine lehnte. "Du bist nicht allein, niemals." Einige Minuten herrschte Stille. 

  "Okay", hauchte Jule. "Ich werde es zumindest versuchen. Ich will dich nicht allein lassen. Ich will unsern Bauernhof mit den beiden Eseln." 

  "38 Esel?", machte ich einen Gegenvorschlag. 

  "Nein, du Spinner", erwiderte Jule, ehe er mich küsste. 



Fußball & Formel1 OS-Sammlung (boyxboy) - Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt