Ricciardo x Verstappen - Machtlos (Teil 2)

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3 Monate später 

Daniels PoV

Der Weg fühlte sich zu vertraut an. Die unzähligen Gängen waren kein Labyrinth mehr. Die Angestellten waren nicht länger Fremde. Der Geschmack des billigen Kaffes wurde Teil meines Alltags. Der Anblick meines Partners, angeschlossen an unzähligen Maschinen, versetzte mir dennoch jeden Tag einen Stich ins Herz. 

Eine Verlegung nach Monaco hatte ermöglicht, dass ich in unserem Zuhause schlafen konnte. 

Zwei weitere Operationen hatte Max überstehen müssen. 

Drei Monate lag mein Freund nun im Koma. 

Viel zu viele Maschinen war es zu verdanken, dass er noch lebte. 

Die ersten Personen hatten die Hoffnung aufgegeben. 

Ich würde jedoch bis zum letzten Atemzug an Maxs Seite bleiben und daran glauben, dass er es schaffen konnte. Wenn Max kämpfte, musste ich es auch tun. Ich konnte und wollte ihn nicht einfach aufgeben. 

Ein gemeinsamer Freund hatte mir am Vortag zögerlich zwei Fragen gestellt, die mich in dem Moment dazu gebracht hatte, ihn rauszuwerfen und anschließend wütend unser Wohnzimmer zu verwüsten, nur um schließlich weinend zusammenzubrechen. 

Was tust du, wenn die Ärzte euch vor die Entscheidung stellen, ob die Maschinen abgestellt werden sollen? Wirst du weiterkämpfen, wenn die Ärzte ihn aufgeben?

Im ersten Moment war ich wütend über diese Fragen gewesen. Natürlich würde ich weiter um Max kämpfen. Nach meinem Gefühlsausbruch schaltete sich jedoch auch meine Vernunft wieder ein. War es das, was Max gewollt hätte? Ein Leben an Maschinen? Gefangen im eigenen Körper? War es überhaupt noch ein Leben? 

Ich ließ mich auf dem Besucherstuhl nieder, von wo aus ich den Niederländer musterte. Die äußeren Verletzungen waren verheilt. Keine Wunden. Kein Verband. Nicht einen einzigen blauen Fleck. Bei der Einlieferung war Max noch Blut überströmt gewesen. Unter dem Blut waren unzählige Verfärbungen und Schwellungen sichtbar geworden. All das war verschwunden und dennoch lag Max reglos dort. 

Ich griff nach Maxs Hand, um unsere Finger miteinander zu verbinden, während ich begann mit der freien Hand durch seine Haare zu streichen. 

  "Ich würde so gerne wissen, was in deinem Kopf vor sich geht. Hörst du mich? Willst du weiterkämpfen oder denkst du ans aufgeben? Wärst du wach, würdest du jetzt wahrscheinlich verächtlichen Schnauben, die Augen verdrehen und mir erzählen, dass du immer bis zum Ende kämpfst und niemals aufgibst. Aber wann ist das Ende? Wie lange kannst du kämpfen? Bis zu welchem Punkt macht ein Kampf Sinn? Was bist du bereit zu opfern für einen Sieg? Ist vielleicht irgendwann die Erlösung der Sieg? Versteh mich nicht falsch, ich will dich nicht dazu bringen, aufzugeben. Aber ich möchte nicht, dass du leidest. Ich möchte, dass du glücklich bist und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das hier dich glücklich macht. Du bist für die Rennstrecke geboren. Du warst bereit für deinen Traum dein Leben zu riskieren. Vielleicht wäre diese Situation erträglicher, hätte deine Leidenschaft dich hier hergebracht und nicht ein übermüdeter Taxifahrer, der es für unnötig hielt seine Pausenzeiten einzuhalten und wegen Sekundenschlaf auf deine Fahrseite geraten ist. Checo hat vorgestern übrigens seine Reha beendet. Er ist wieder Zuhause bei seiner Familie." Ich hob unsere Hände, um einen Kuss auf Maxs Handrücken zu platzieren. "Ich liebe dich, Max Emilian Verstappen, und ich werde dich jeden Tag meines Lebens lieben. Egal für welchen Weg du dich entscheidest, es ist für mich in Ordnung, weil es dein Weg ist. Ich werde bis zum letzten Atemzug bei dir sein, egal ob dieser heute oder erst in siebzig Jahren ist. Ich werde immer stolz auf dich sein. Dir wird immer mein Herz gehören. Du wirst immer mein Lieblingsmensch sein. Ich liebe dich." Ich lehnte mich vor und hauchte einen Kuss auf seine Stirn. "Ich liebe dich", wiederholte ich unter Tränen. 

Im Laufe des Tages kamen Maxs Eltern, Charles, Lando, Checo und Christian vorbei. Ich sprach mit keinen von ihnen, sonst einfach dort und sah Max an. Für keinen Moment wich ich von seiner Seite, während all die Menschen, die Max am Herzen lagen, zu Besuch kamen. Als gegen Abend dann schließlich noch Maxs Schwester mit ihren Kindern, die keine Ruhe gegeben hatten und unbedingt zu ihren Onkel wollten, sowie Kelly, die lange Zeit Maxs Alibi-Freundin gespielt hatte und in der Zeit eine gute Freundin von uns wurde, mit Penelope, die genauso hartnäckig wie Maxs Neffen gewesen war, reinschauten, kam mir der Gedanke, ob es Schicksal war. Es war das erste Mal, dass alle am gleichen Tag zu Besuch kamen. Victoria und Kelly hatten die Kinder bisher nie mit ins Krankenhaus genommen und hatten an diesem Tag unabhängig voneinander nachgegeben. 

Draußen war es längst dunkel, als ich noch immer am Krankenbett saß. Ich hatte das Gefühl, dass wenn ich gehe, unsere gemeinsame Zeit für immer enden wird. Es fühlte sich an, als wäre der Moment gekommen, um Max gehen zu lassen. Doch ein Leben ohne ihn klang schrecklich und ich wusste nicht, wie das funktionieren sollte. Ich wollte Max nicht allein lassen, doch sagte mir mein Bauchgefühl, dass Max nicht vor meinen Augen aufgeben würde. Er würde kämpfen bis er allein war und sich erst dann selbst erlauben aufzugeben. Nie Schwäche zeigen. Immer Kämpfen. 

Schließlich zwang ich mich aufzustehen. Ich lehnte mich ein letztes Mal über Max, lehnte meine Stirn gegen die von Max. 

  "Ich liebe dich, vergiss das niemals, so wie ich dich niemals vergessen werde. Eines Tages werden wir uns wiedersehen, davon bin ich überzeugt. Es ist okay, Max. Ich bin dir nicht böse. Du hast es versucht und das weiß ich zu schätzen, aber du darfst los lassen. Du brauchst dich nicht länger quälen. Ich liebe dich." Ich platzierte einen letzten Kuss auf seinem Mundwinkel, so gut es mit dem Beatmungsgerät ging, dann löste ich mich und verließ, nach einen letzten Blick zurück, das Krankenzimmer. 

Tränen rannen mir übers Gesicht, während ich mich nach draußen schleppte. Ich stieg in meinen Wagen, fuhr zu dem Haus, welches sich ohne Max nicht mehr nach Zuhause anfühlte, und legte mich einfach ins Bett. 

Ich lag einfach in der Dunkelheit und starrte an die Decke. 

Das Klingeln meines Handys durchbrach schließlich die Stille. Ich kannte die Nummer. Es war der bereits vom Krankenhaus erwartete Anruf. Ich griff nach meinem Handy und nahm den Anruf entgegen. 

  "Ricciardo", brachte ich hervor.  

  "Centre Hospitalier Princesse Grace. Es geht um Mr. Verstappen. Um 1:33 Uhr ..." Ich hörte ihr gar nicht weiter zu. Ein trauriges Lächeln schlich sich auf meine Lippen. 

1:33 Uhr 

Eine passendere Uhrzeit gab es für Max wohl kaum. 


Fußball & Formel1 OS-Sammlung (boyxboy) - Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt