Ricciardo x Verstappen - Machtlos (Teil 3)

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Daniels PoV

So wie ich mich ins Bett gelegt hatte, war ich auch wieder aufgestanden, da ich mir gar nicht die Mühe gemacht hatte, mich auszuziehen. Ich hatte nicht alles vom Gespräch mitbekommen. Doch 1:33 Uhr war mir in Erinnerung geblieben. Eine Uhrzeit, die ich wohl nie wieder vergessen würde. Zudem konnte ich mich ans Ende des Gespräches erinnern. Wenn ich Max sehen wollte, dürfte ich vorbeikommen. 

Wie in Trance machte ich mich also auf den Weg zurück ins Krankenhaus. 

Es waren nur wenige Stunden vergangen, doch trotzdem fühlte sich alles komplett anders an. 

Der Weg fühlte sich endlos an. Die unzähligen Gängen wirkten einengend. Die Angestellten nahm ich gar nicht wahr. Allein der Geruch des billigen Kaffes verursachte Übelkeit. Ich würde meinen Partner ein aller letztes Mal sehen. Vielleicht sogar ohne die Maschinen, da diese ihn nicht länger am Leben erhielten. 

Aus Gewohnheit ging ich direkt zu Maxs Krankenzimmer. Dort trat mir jedoch eine Krankenschwester in den Weg, die mich aufmerksam musterte. 

  "Haben Sie verstanden, was ich Ihnen am Telefon gesagt habe?" Es war die Stimme vom Telefonat. Schweigend nickte ich. Es war gelogen, doch könnte ich das auch noch später richtig stellen. Niemand konnte in dem Moment von mir verlangen, dass ich funktionierte. Es war mir schon ein Rätsel, wie ich es überhaupt bis zum Krankenhaus geschafft hatte. 

  "Wissen seine Eltern schon Bescheid?", zwang ich mich zu Reden. 

  "Bisher noch nicht. Möchten Sie es ihnen erzählen oder sollen wir sie benachrichtigen?"

  "Ich fahre später zu ihnen", entschloss ich, auch wenn ich nicht wusste, wie ich ihnen sagen sollte, dass ihr Sohn verstorben war. Die Krankenschwester nickte, lächelte mich kurz an und machte dann einen Schritt zur Seite, wodurch sie mir ermöglichte die Zimmertür zu öffnen. Ich trat ein. 

Nur um sofort schlagartig stehen zu bleiben. Vor mir lag nicht der reglose Körper meines Freundes.

Stattdessen blickte ich in blaue Augen, die mich müde anblinzelten. 

Max lebte. Und nicht nur das, er war wach. 

Ich drehte mich zur Krankenschwester um, die eine Augenbraue hochgezogen hatte und mich schmunzelnd betrachtete. 

  "Offenbar haben Sie mir nicht zugehört. Ich habe Sie angerufen, um Ihnen mitzuteilen, dass Mr. Verstappen aufgewacht ist. Um 1:33 Uhr." 

  "Tut mir leid, ich ... Es war ..." Sie brachte mich mit einem Kopfschütteln zum Schweigen. 

  "Alles in Ordnung, aber jetzt gehen Sie schon zu ihm. Ein Arzt war bereits da. Die Werte sind stabil. Ob er alle Fähigkeiten und Funktionen wieder vollständig zurückerlangen wird, wird sich erst mit der Zeit zeigen. Aber er ist wach, kann selbständig atmen und reagiert auf Geräusche und Berührungen. Das ist schon ein großer Schritt in die richtige Richtung."

  "Danke", hauchte ich, während die Krankenschwester mich weiter ins Zimmer schob und hinter mir die Zimmertür schloss. Mein Blick fokussierte wieder Max, dessen Augen auf mich gerichtet waren. Seine Lippen umspielte ein kaum erkennbares Lächeln, welches dennoch da war. Ich trat näher ans Bett, um mich langsam auf der Bettkannte niederzulassen. Ich griff nach Maxs Hand und verschränkte direkt meine Finger mit seinen. Aufmerksam beobachtete ich, wie sich ganz langsam auch Maxs Finger um meine Hand schlossen. 

  "Hey", flüsterte ich, als ich den Blick hob. Ich lehnte mich vor und platzierte einen kleinen Kuss auf seinen Lippen, die nicht länger vom Beatmungsgerät verdeckt waren. Ich lächelte ihn glücklich an, während neue Tränen über mein Gesicht rannen. Tränen der Freude. Tränen der Erleichterung. 

Ich hatte Max nicht verloren. Er lebte. 


Einige Wochen später 

Ich lief die Gänge, die mir noch neu waren, entlang, bis ich den mitgeteilten Raum erreicht. Die Reha-Abteilung war mir noch fremd, doch würde ich in nächsten Wochen wohl noch mehr Zeit dort verbringen. 

Max machte Fortschritte und ich war unglaublich stolz auf ihn, doch ihm selbst ging all das viel zu langsam. Die Ärzte waren zu Beginn noch unschlüssig gewesen, ob er jemals wieder ein eigenständiges Leben führen könnte. Davon ließ Max sich jedoch nicht beeindrucken. Ihn interessierte die Meinung der Ärzte nicht. Er hatte sich in den Kopf gesetzt in die Formel 1 zurückzukehren und so schnell würde ihn von diesem Ziel wohl niemand abbringen können. Auch wenn es bis dahin noch ein langer Weg war. 

Ich öffnete die Tür zum Trainingsraum und musterte die mir gebotene Szene. 

Rupert, Maxs Performance-Coach, der Maxs Reha begleitete, stand mit vor der Brust verschränkten Armen vor Max. Mit etwas Abstand lehnte ein Mitarbeiter der Reha-Abteilung an der Wand und schien das Geschehen schweigend zu beobachten. Max stand nur wenige Zentimeter vor Rupert und hielt sich an einem Barren fest. 

Ich wusste, dass sie zum Gehtraining hergekommen war, doch offenbar gab es nun eine Meinungsverschiedenheit. Neben Rupert, der sich nicht vom Fleck zu bewegen wollen schien, stand ein Rollstuhl. 

  "Ich habe nein gesagt", sagte Rupert mit einer Stimme, die normalerweise keine Widerworte zuließ. Einen Max Verstappen konnte er damit jedoch nicht beeindrucken. 

  "Hab ich gehört. Das ändert aber nichts an meiner Meinung." 

  "Wer von uns ist der Profi?", hinterfragte Rupert. Max nickte in die Richtung des Reha-Mitarbeiters,  der kurz Panik zu kriegen schien, dass er in die Auseinandersetzung reingezogen werden könnte. 

  "Worum geht es?", meldete ich mich zu Wort und zog damit die Blicke aller Anwesenden auf mich. 

  "Es geht darum, dass Max wieder alles überstürzen will und nicht einsieht, dass ihm das rein gar nichts bringen wird." 

  "Dann werden wir nicht rausfinden, wenn wir es nicht ausprobieren", widersprach Max. 

  "Du lagst drei Monate im Koma. Wir haben gerade erst mit dem Gehtraining am Barren angefangen. Ich kann dir sagen, wie Gehversuche ohne Barren enden werden. Mit einem Sturz und am besten dann auch direkt mit einer Platzwunde, weil du irgendwo mit dem Kopf aufschlägst." 

  "Dann nimm das Teil da weg." Max nickte zum Rollstuhl. 

  "Nein, weil das Training für heute beendet ist. Eine Stunde pro Tag." 

  "Wir überziehen die Zeit nur, weil du diskutieren musst." 

  "Wir diskutieren nur, weil du leichtsinnig bist und ..." 

  "Vorschlag", unterbrach ich die Diskussion und trat näher. "Du, Rupert, machst Feierabend und ich bringe Max zurück aufs Zimmer." Ich schob mich zwischen die Beiden, wodurch Rupert gezwungen war einen Schritt zurück zu machen. 

  "Das hier ist kein Spaß, Daniel. Du hast keine Ausbildung und ..." Ich unterbrach Rupert. 

  "Ich werde Max unversehrt zum Zimmer bringen. Das bekomme ich sonst auch hin." Misstrauisch musterte der Ältere mich, gab dann aber Seufzend nach und verließ nach einen letzten warnenden Blick in unsere Richtung den Raum. Der Reha-Trainer vom Krankenhaus verließ nun ebenfalls seine Position. 

  "Soll ich noch helfen?", bot er an, was ich mit einem Kopfschütteln beantwortet, woraufhin auch er den Raum verließ. Ich wandte mich Max zu, der mich ernst anblickte. 

Lächelnd legte ich meine Hände auf seine Hüfte und zog ihn enger an mich. Es war das erste Mal seit dem Unfall, dass wir uns wieder gegenüberstanden. Bei den vorherigen Gehübungen war ich nie dabei gewesen. 

  "Vertraust du mir?", erfragte ich. Als könnte Max meine Gedanken lesen, antwortete er mir, indem er meine Idee einfach in die Tat umsetzte. Er ließ den Barren los und legte seine Arme dafür um meinen Nacken. Statt sich jedoch einfach nur festzuhalten, zog er meinen Kopf näher und küsste mich. Ich schlang meine Arme fest um seine Hüfte und erwiderte den Kuss. 

Ohne den Kuss zu lösen, machte ich einen kleinen Schritt zurück, den Max mir sofort folgte. Dabei hielt ich ihn fest umklammert, damit auch wirklich nichts passieren konnte. 

Schließlich standen wir mitten im Raum und küssten uns einfach. 

Fußball & Formel1 OS-Sammlung (boyxboy) - Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt