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Noch eine Weile saß ich so da und dachte nach, bis mein Gedankengang durch ein lautes Klopfen unterbrochen wurde.
,,Herein!",rief ich leise und blieb versteckt in eine Ecke  sitzen. Wer es auch immer war, konnte mir jetzt  keinen Mut  mehr machen...

,,Sehen Sie?,"rief die Schwester, als sie und Dr. Brown den Raum betraten, ,, So ist sie schon seit Tagen, spricht kaum und isst kaum... Ich mach mir langsam Sorgen,"raunte die Schwester und wies mit dem Kopf in meine Richtung, während sie mein unangerührtes Essenstablett hinausbalancierte.
Besorgt blieb Dr. Brown im Raume stehen und beugte sich zu mir herunter... Er ahnte schon, dass etwas nicht stimmte, als er meinen Blick bemerkte, hakte aber nicht nach und richtete sich  wieder auf.
,,Lassen Sie ihr was Zeit,"raunte er nur zu der Schwester und verließ nach einem Piepsen den Raum.
,,Okay,"stöhnte die Schwester, während sie meinen Verband aus dem Schrank  holte, und murmelte etwas vor sich hin: ,,Ausgerechnet heute..., wo das Jugendamt kommt..."
,,Das Jugendamt? Wann?,"fragte ich und brachte sie durch mein rasches Erheben außer Fassung.
,,Äh... Ja... Gegen Mittag,"stammelte sie und ließ den Verband sinken, den sie mir gerade zuschneiden wollte.
,,Okay...,"hauchte ich und setzte mich zu ihr aufs Bett, damit sie ihn mir nachher anlegen konnte...

Geduldig  wartete ich, mindestens eine Stunde lang, bis ein fremdes Klopfen ertönte und eine Frau mit stacksigen Schuhen und lederner Handtasche eintrat...
Sie wirkte sehr nervös,was sie durch ihr hektisches Verhalten zeigte... Ihre runden Kulleraugen musterten begierig  mein  verpacktes  Gesicht, wandten sich aber dann schnell ihrer Tasche zu, in der ihre Hände was suchten..
Erst als sie etwas Bestimmtes ergriffen hatte, beruhigte sie sich und setzte sie sich zu mir :,,Guten Tag...,"seuftze sie und reichte mir kurz die Hand, ,,Mrs. Smith mein Name... Ich komme vom örtlichen Jugenamt und habe den Auftrag, Ihnen ein paar Fragen zu stellen."
Ich nickte und blickte sie kurz an... Sie hatte ein zierliches Gesicht, das sie unter einer Brille versteckte, und rotblonde Haare, die sie zu einem Dutt hochgesteckt hatte...
Freundlich  kam ich ihr entgegen und schüttelte  ihre Hand :
,,Duzen Sie mich ruhig... Ich bin noch nicht so alt,"raunte ich und brachte sie zum Lachen.

,,Oh okay..." Sie räusperte sich und holte aus ihrer Tasche eine Liste hervor, die auf ein Klemmbrett gespannt war.

,,Nun denn... Du bist also Sarah Wilson.... Sechszehn Jahre alt, deutschstämmig.. Bei einem Anschlag im Februar schwer verwundet... Okay... Dann sag mal, wie geht es dir?" Ich nickte nur und erklärte ihr meinen Gesundheitszustand: ,,Mir.. geht es etwas besser als vor einem Monat. Die Ärzte sagen aber, dass meine Narben ohne Schönheitsoperationen für immer bleiben könnten. Naja...,"Ich seufzte und schaute sie trübselig  an, ,,Sagen Sie... Sind Sie hier, um mich nach meiner Entlassung in ein Heim zu schicken oder in eine Pflegefamilie zu stecken?"
Sie stockte und ließ ihre Liste kurz sinken, antwortete dann aber schnell: ,,Nun ja, da deine beiden Erziehungsberechtigten verstorben sind, musst du die nächste Zeit in ein Heim, bis das Jugendamt jemanden gefunden hat, bei dem du bleiben kannst...,"meinte sie und legte ihre Hände in den Schoß, ,,Hast du denn noch andere Verwandte, bei denen du bleiben könntest?" Ich überlegte: ,,Naja... Meine Großeltern in Deutschland... Aber denen wäre es bestimmt nicht recht. Die haben  mich nie so recht gemocht. Tja und Tanten und Onkel habe ich nicht." Mrs. Smith runzelte die Stirn und kreuzte etwas auf ihrer Liste an: ,,Waren deine Eltern nicht eng mit euren Nachbarn befreundet?"- ,,Ja. Sie... waren oft  zum Grillen bei uns, doch ihre Söhne habe ich nie gesehen. Vielleicht hatten die immer was Besseres zu tun als mit den Erwachsenen abzuhängen...",stammelte ich und wurde stutzig, ,,Aber  woher wissen Sie das?" Sie räusperte sich und begann zu stottern: ,,Nun ja... Als Beamte müssen wir den Angehörigen nachgehen, auch den Freunden.. und laut eines schriftlichen Dokuments hatten wir diesen Namen vorliegen...,"meinte sie und fuhr sich durch ihre Haare... ,,Wäre es denn okay für dich, wenn du eine Zeit lang bei den Strongholds unterkommen würdest? Das wäre das Beste für dich: Du müsstest nicht umziehen oder in einem Heim leben, würdest deine Freunde nicht verlieren und müsstest nicht die Schule wechseln." - ,,Ich weiß nicht... Ich war noch nie mit den Strongholds so vertraut.. 
Nun ja und außerdem  bin noch an gar keiner Schule angemeldet gewesen...Wir wollten gerade Schulsachen für mich einkaufen, als es passierte.....,"erwiderte  ich  und stockte... Da war er wieder... Dieser Gedanke.. an die Flammen.. Schnell versuchte ich mich abzulenken, ihn abzuschütteln, und schaute aus dem Fenster... Ich traf dabei einen Entschluss, in dem Haus zu bleiben, und stellte es mir vor gedanklich vor:
,,Gut.... Ich... wäre damit einverstanden. Aber nur unter einer Bedingung..."
,,Die wäre?"

,,Ich darf weiterhin  meinem Leben nachgehen, wenn es meine Gesundheit ermöglicht..." Sie zögerte kurz und schaute mich ungläubig an: ,,Wie meinst du das?"
Ich stockte: ,,Hören sie... Ich möchte in dem Haus bleiben... Es ist das Letzte, was mir von ihnen geblieben ist.., unser letztes gemeinsames Zuhause... Das will ich nicht aufgeben..." Das letzte Wort fiel mir sehr schwer....  Mrs. Smith bemerkte meine Trübsal und wechselte schnell das Thema:  ,,Da lässt sich bestimmt was machen....,"meinte sie und notierte etwas auf ihre Liste...
,,Aber nun sag mal, hast du  bestimmte Interessen, denen du nachgehen möchtest, Vereinssport, außerschulischen Unterricht, ect.?",fragte sie etwas wissbegierig  und kreuzte  etwas an. ,,Nun ja... Ich... hatte mal Musikunterricht und war im Kampfsportverein...  Seit meinem dritten Lebensjahr hatte ich  Judo und..  durch die vielen Reisen mit meinen Eltern hatte ich auch in anderen chinesischen und japanischen Kampfkünsten Unterricht... Crash-Kurse in Karate, Kung fu und Taekwondo. Wissen Sie, mein Vater hat 'ne Zeit lang  als Archäologe in China gearbeitet... Die Kultur hatte mich schon immer fasziniert,wodurch er mich gleich an einer Schule dort angemeldet hatte...
Es waren schöne Jahre...
Ich hab viel gelernt... Naja... 
Letztendlich war alles umsonst, weil ich sie nicht beschützen konnte...,"erzählte ich und bekam wieder Tränen in den Augen, als das Wort ,Eltern' über meine Lippen rann.
Rasch unterdrückte ich sie und wandte mich vom Thema ab,  um nicht wieder mit einem brennenden Gesicht schlafen zu müssen...

Gerührt von meinen Worten ergriff sie  meine Hand und versuchte mich zu trösten: ,,Sei nicht traurig.Du konntest überleben. Aus einem guten Grund wollten sie, dass du am Leben bleibst." Nach einer langen Schweigeminute sagte sie: ,,Denk nicht , dass du  nutzlos bist.... Du kannst etwas! Mach was draus und lebe!",meinte sie und drückte ein letztes Mal  meine Hand... ,,Ich muss jetzt los... Aber ich melde mich bei dir...",versprach sie, stand auf und ging zur Tür.

Doch bevor sie sie öffnete, blieb sie kurz stehen und wandte sich zu mir um: ,,Ach und eins noch... Bevor ich es wieder vergesse...
Nach deiner Entlassung werden wir dich unter ein Zeugenschutzprogramm stellen.  Ich werde dafür sorgen, dass du am Tag deiner Entlassung von der CIA abgeholt wirst,"erwiderte sie, dann verabschiedete sie sich und verließ mit stechenden Absätzen den Raum...
Ich nickte nur und sah ihr mit tränenden Augen nach....

Burning Scar - Von Flammen umzingeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt