¤Ein neuer Plan¤

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P.O.V. Toby

Gedankenvoll starrte ich wieder mal zu ihrem Fenster und summte vor mich hin. Es waren einige Stunden vergangen, seit ich sie das letzte Mal an ihrem Fenster gesehen hatte, aber sie war bestimmt da, auch wenn ihre Schreibtischlampe nicht brannte und ihre Jalousie nach unten gezogen worden war. Ein Gefühl sagte es mir, dass sie in ihrem Zimmer war und traurig über ihr Leben nachdachte. Die frühe Entlassung und ihre Heimkehr hatten ihr wohl den Rest gegeben, weshalb sie sich überwältigt von Erinnerungen wohl in ihr Zimmer zurückgezogen hatte und sich gewiss in einer Ecke zusammenkauerte...

Sicher war ich mir nicht... Aber ganz gleich, wo sie sich auch versteckte, ich spürte, dass es ihr schlecht ging. Sie hatte so traurig ausgesehen, als ich sie gestern Abend mit Amy nach Hause kommen sehen hatte, am Boden zerstört, dass ich sie am liebsten in den Arm genommen und getröstet hätte, aber meine Sturheit hatte mich gestern davon abgehalten zu ihr rüber zu gehen und zu fragen, was Sache war. Schließlich hatten sie mir nicht gesagt, dass sie entlassen worden war, weshalb ich gestern Mittag umsonst mit Matthew zum Krankenhaus gefahren war und uns durch überfüllte Gänge geführt hatte. Es war schlimm gewesen..

Immer wieder hatten sich bestürzte Eltern an uns vorbei gedrängt, um von Fotografen und Reportern interviewt zu werden, die gerade ihre Kinder befragten und davon in den Nachrichten berichteten. So hatten wir mitbekommen, wie sie von einem Wunder sprachen, das sich in der vorletzte Nacht in der Klinik ereignet hatte, und hatten nicht schlecht gestaunt, als wir durch Zufall in den Aufenthaltsraum gelangt waren, wo sich sämtliche Eltern mit ein paar Kindern gebannt vor dem Fernseher niedergelassen hatten, um sich die Nachrichten anzusehen, in denen eine Reporterin von einem Mädchen berichtete,das über Nacht von seinem größten Leid befreit worden war und nun wieder laufen konnte. „Wie ist das möglich?",hatte Matthew mich gefragt. Doch genauso verdattert und ratlos wie er hatte ich ihm nur geantwortet, dass ich es nicht wusste. Irgendetwas Seltsames war geschehen, was ich mir nicht erklären konnte... Und als wir dann nachher endlich in Sarahs Zimmer kamen und ein leeres Bett vorfanden,war mir klar geworden, dass passiert war... „Wo ist Sarah?",hatte ich eine Krankenschwester, die gerade mit Bettzeug rein gekommen war,und sie sogleich mit meinem Ton überwältigt. „Die wurde heute entlassen,"hatte sie bloß gesagt und uns mit einer Geste hinausgeschickt. Aber besorgt wie ich war hatte ich ihr eine letzte Frage gestellt: „Wissen Sie, ob das Wunder auch Sarah getroffen und ihre Narben geheilt hat?" Sie hatte bloß, nach kurzem Zögern:„Leider nein... Wenn Sie mich jetzt entschuldigen.... Ich muss das Zimmer in fünf Minuten hergerichtet haben." Damit war unser Gespräch beendet gewesen und wir hatten mit verwirrten, aber besorgten Gesichtern den Raum verlassen.

Sie hatten sie einfach entlassen... Ohne mir was zu sagen... Dabei hatte ich Schwester Yvonne und Amy extra gebeten mich anzurufen, wenn es soweit war. Aber anscheinend hatten sie mich bei der Aufruhr in der Klinik vergessen.

So war ich mit meinem Bruder wieder nach Hause gefahren und hatte durch Zufall am späten Abend ihr Auto gehört, was mich ans Fenster gelockt hatte. Mit gesenktem Kopf und tief ins Gesicht gezogener Kapuze war sie durch den Vorgarten in ihr Haus gegangen ohne auf ihre Tante zu warten, und alles was ich gehört hatte, waren deren Rufe gewesen, während Amy die Autotür zugeschmissen hatte und ihr ins Haus gefolgt war: „Nun warte doch! Es tut mir leid!", hatte sie gerufen und sogleich die Haustür hinter sich zugeschlossen. Doch achtlos hatte Sarah die Jalousie runtergemacht und sich in ihrem Zimmer verbarrikadiert, nachdem ein kurzer verzweifelter Blick unter ihrer Kapuze mich getroffen hatte.

Es war definitiv was passiert, dem ich auf den Grund gehen musste...Aber nun kam unsere Abreise dazwischen. Onkel Jace brauchte nach den Waldbränden und einem schlimmen Unwetter auf der Ranch unsere Hilfe, sodass wir noch heute Abend abfahren mussten, um nicht in den Stau zu geraten, der sich tagsüber entlang der Route erstreckte. So kam es wie es kommen musste und als ich meine Tasche aus dem Zimmer trug, hörte ich unten im Esszimmer jemanden weinen. Es war Amy, die wieder mal von meiner Mum moralische Unterstützung bekam und sich trösten ließ. Neugierig brachte ich meine Tasche die Treppen runter und blieb an der angelehnten Tür stehen. „Ich weiß nicht, was ich noch machen soll... Sie isst nicht, trinkt nicht und kommt nicht mehr aus ihrem Zimmer raus... Dabei war sie im Krankenhaus immer so munter, nachdem ihr sie besucht hattet, und hatte sogar wieder angefangen ein paar Worte zu sprechen...",wimmerte sie zu meiner Mutter, was diese sehr erstaunte, und trank nach einem Schluchzen aus ihrer Tasse Tee. „Unglaublich, was mein Sohn in kurzer Zeit bewirkt hat... Aber schade, dass das Wunder sie nicht getroffen hat...",faselte meine Mutter und bemerkte nach einem bestätigenden Nicken Amy seits meinen Schatten an der Tür. „Toby?! Komm mal her!", rief sie und winkte mich zu ihnen in den Raum. Ertappt verzog ich kurz das Gesicht und betrat das Esszimmer mit zaghaften Schritten. „Hast du schon deine Tasche gepackt?",fragte sie mich zuerst und starrte mich mit ihrem Kontrollblick an, den sie immer machte, um mein Gesicht nach Lügengrübchen abzusuchen, die ich bei Nervosität gelegentlich machte, bevor sich ihre Miene lockerte. „Ja Mum,"raunte ich und konnte mir denken was jetzt kam. „Gut, dann geh mal zu ihr rüber und versuche herauszufinden, was mit ihr los ist,"sagte sie und wies mich mit einer Handbewegung in Richtung Flur. Brav ließ ich mir das nicht zweimal sagen und ging entschlossen zur Tür. „Bleib aber nicht zu lang! In zwei Stunden fahren wir, wenn dein Bruder sich entschieden hat, welche Socken er mitnehmen will..."rief sie mir noch nach, dann war ich aus der Tür verschwunden und nahm den Weg zu ihrem Törchen.

Burning Scar - Von Flammen umzingeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt