¤Die Akustiksession¤

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Doch es kam alles anders...
Gleich am nächsten Morgen in der Schule, als ich meine Geschichte vor dem Unterricht  abgegeben hatte, kam Mrs. Chesterfield in der Pause auf mich zu und setzte sich zu mir an den Tisch.
Die anderen auf dem Schulhof  starrten uns schon an und fragten sich, was eine Lehrerin an meinem Tisch wollte, und fingen schon an zu tuscheln.
So saß sie  da, erst ganz erstarrt, als ob sie erst die rechten Worte suchte, machte aber dann doch den Mund auf und stammelte:
,,Sarah... Deine Hausaufgabe ist echt...gigantisch! Und das obwohl ich sie euch erst gestern aufgegeben habe!
Deine Geschichte ist liebevoll und herzzerreißend... Ich konnte gar nicht aufhören sie zu lesen! Und als ich diese Songtexte gesehen habe, habe ich sie gleich Mr. Shue ins Fach legen lassen...",schwärmte sie und schaffte es, mich mit ihrem plötzlichen Redeschwall in Verlegenheit zu bringen. 
Geschmeichelt lief ich rot an und antwortete: ,,Das... ehrt mich sehr... Aber Sie haben doch noch gar nicht die anderen Geschichten gelesen... Es wäre falsch, sie ihm jetzt schon zu geben"
,,Aber nein!,"winkte sie ab, ,,Ich werde ihm schon mehrere  raussuchen und ihm die Entscheidung überlassen, welche Geschichte er nächstes Schuljahr aufführen will, aber deine Geschichte hat mich so berührt, die musste ich ihm jetzt schon geben..."
Als ich daraufhin nichts sagte, nur glücklich und geniert strahlte, klopfte sie mir auf die Schulter: ,,Ich wusste gar nicht, dass du Songs schreiben kannst... Dein Gedicht war ja schon toll... Aber das... " Bevor sie noch weiterschwafeln konnte, unterbrach ich sie:
,,Mrs. Chesterfield! Bitte sagen Sie es nicht weiter... Ich möchte anonym bleiben...  Darum habe ich Ihnen auch die Geschichte persönlich abgeben, weil ich keinen Namen draufgeschrieben hatte..."
,,Aber wieso denn?",fragte sie und legte eine besorgte Miene auf.
Ich schaute mich unauffällig um und spürte die Blicke der anderen auf mir liegen: ,,Weil in der Geschichte auch persönliche Züge enthalten sind, die ich nicht an die große Glocke hängen möchte..."
,,Aber dein Talent muss doch gefördert werden!"
,,Das können Sie auch gerne tun, aber nur im Verborgenen...,"erwiderte ich und beugte mich zu ihr rüber, ,,Hören Sie...,"begann ich zu flüstern und lugte zu den anderen Tischen rüber, ,,Für die anderen bin ich nur das Scarface, nichts Besonderes... Ein einfaches Mädchen mit Narbe im Gesicht... Solange sie das denken und nichts anderes über mich finden, worüber sie reden können,  bleibe ich den Lästernden  verschont. Erfahren sie aber von meinen Talenten, akzeptieren sie mich nur wegen meiner Gaben und nicht wegen meines Charakters. Und ich möchte echte Freunde haben, die mich sehen wie ich bin..." Einleuchtend hob sie den Blick und nickte: ,,Ich verstehe... Du willst richtige Freunde haben... Bedenke aber auch deine Chance...
In dem Heft steckt ein Hauch von deiner Geschichte, der den anderen ermöglichen könnte, dich besser zu
verstehen... Aber naja...",
Sie stockte und erhob sich wieder, ,,Ich werde mal mit Mr. Shue reden,"meinte sie, verabschiedete sich und ging zum Gebäude zurück.
Bevor es klingelte, kamen meine Freunde auf mich zu, die alles von der Raucherecke aus beobachtet hatten, und fragten mich was sie gewollt hatte...
,,Sie wollte nur über eine Hausaufgabe reden,"sagte ich ihnen und schaffte es, ihre Aufmerksamkeit davon abzuwenden, indem ich von unserem Abend begann zu reden: ,,Leute, treffen wir uns heut um sechs bei mir?"
,,Klar,"meinte Jake und machte sich mit uns auf ins Hauptgebäude, ,,Wo wohnst du denn?"
,,Carmelita Ave 13,"erwiderte ich und brachte Megan zum Husten, sodass sie fast an ihrem Brot erstickte.
,,Carmelita Ave 13? Du wohnst ja neben..."
Doch bevor sie seinen Namen aussprechen konnte, hatte ich sie unterbrochen: ,,Ja, aber mir wäre es lieber, wenn es nicht jeder erfährt und ich denke, ihm wäre es auch lieber...",meinte ich und lugte unauffällig zu ihm rüber.
Er stand gerade mit seinen Freunden am Spind und lachte...
An seiner Seite zwei Cheerleader, die ihn anhimmelten und seine Lederjacke bewunderten.
Als sich unsere Blicke trafen, schaute ich wieder nach vorn und folgte den anderen zu ihren Spinden.

In den nächsten Stunden hatte ich Training und ahnte schon was mir drohte... Da ich das Spiel letzte Woche verpasst hatte, waren einige mir schlecht gesinnt und gaben mir die Schuld für einen verpassten Sieg... Dabei sollte ich nur als Auswechselspielerin fungieren und verstand die Welt nicht mehr.
Auch Sandra war sauer auf mich und ließ ihre Wut beim Training an mir aus. ,,5 extra Runden für dich,"fauchte sie und wollte nicht mal eine Erklärung von mir hören. Stattdessen ließ sie mich nach dem Warm-up extra laufen und nach dem Spielen die Bälle einsammeln.

Burning Scar - Von Flammen umzingeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt