Ein Schritt

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,,Toby! Sarah! Kommt schnell!",rief jemand ganz laut und rannte quer übers Feld auf uns zu. Erst beim zweiten Schrei erkannte ich aus dem Blickwinkel, dass es Matthew war, und erwachte aus meinen Gedanken, als Toby rasch zusammenzuckte und meinen Blick fast panisch erwiderte, sodass wir uns blitzschnell voneinander lösten und so taten, als wäre nichts gewesen. Doch die von Tränen verschleierten Augen konnten wir nur schlecht überspielen, sodass Matthew zunächst inne hielt, als er auf beiden Füßen vor uns landete, und irritiert vor uns stehen blieb.

Aber völlig außer Atem merkte er es wohl nicht und stützte sich auf seine Knie, bevor er zu uns wieder aufschaute und gleich mit der Sprache rausrückte.

,,El... El... El...,"keuchte er und musste erst mal wieder Luft holen, bevor er einen ganzen Satz rausbekam, ,,El Moro tickt aus!" 

,,Was? Wie... Wie ist das passiert?,"fragte Toby und war schon drauf und dran gleich loszulaufen. Doch geduldig hielt ich ihn noch zurück und ließ seinen Bruder ausreden.

,,Ich hm... Ich weiß es nicht. Jace wollte ihn für das Training auf den Reitplatz bringen, doch als er ihm das Halfter anlegen wollte,  tickte er aus..."

,,Oh nein! Ich komm sofort,"schloss  ich aus seinen Worten und setzte mich gleich in Bewegung ohne die Antworten der Brüder abzuwarten... So sprang ich direkt mit einem großen Satz über den Zaun und rannte in einem Affenzahn zu dem Pferdestall, aus dem schon polternde Geräusche kamen...

Als ich dort eintraf, waren Amy und Li bereits damit beschäftigt El Moro in einer Ecke mit ausgebreiteten Armen in Zaum zu halten, während Jace  versuchte ihn mit einem Lasso einzufangen. Doch vergebens fiel die gierende Schlinge mehrfach ins Leere, streifte das dreckige Fell und machte den Hengst noch wilder, sodass der sich mehrmals aufbäumte und mit seinen Hufen um sich schlug.

Ergriffen von diesem Bild erinnerte ich mich an jenen Tag zurück, als ich bei einer von Dads Expeditionen in der Wüste fast von einem Hengst erschlagen worden wäre, und versuchte die Erinnerung mitsamt dem Schauer auf meinem Rücken zu verdrängen, der inzwischen an meinem ganzen Körper wie eine Gänsehaut klebte.

,,Ähm... Jace? Keine Sorge, ich.... Ich bin schon da!", machte ich unbewusst auf mich aufmerksam und sah wie die anderen nur knapp den Tritten auswichen, die in dem hölzernen Boden tiefe Kerben hinterließen.                                                                                                                         ,,Boa... Wird aber auch Zeit," brüllte Jace und warf das Lasso erneut nach El Moro, bis die Schlinge sich endlich um seinen Hals rumlegte und sich nach einem kurzen Ruck an ihm festzog.
,,Na endlich!",stöhnte Li auf, als sei es das für ihn das Schlimmste auf der Welt gewesen, und wirkte von der Tortur sogar was geschafft, sodass er sich lässig an einem Balken heruntergleiten ließ und in die Hocke ging. Doch so leicht gab El Moro nicht auf und zerrte auf dem Weg nach draußen immer wieder an dem Seil, bis Jace fast die Hutschnur platzte und ihn förmlich anschrie: ,,Boa! Nun werd doch mal  ruhig!",zischte er und hatte bei dem strammen Zug echt Mühe ihn festzuhalten, sodass er es mit ihm gerade noch bis zum Paddock schaffte, bis El Moro sich losriss und quer über den Reitplatz galoppierte, was bei dem trockenen Boden in der Hitze gewaltig Staub aufwirbelte...

So war ich vom aggressiven Klang seiner Hufe fast traumatisiert und stockte, als ich merkte ,dass ich gerade wohl als Einzige in der Lage war das Tor zu schließen, und befand es für das Beste  ihn erst mal frei laufen zu lassen, bis er sich nach dem Schock etwas beruhigt hatte.                              Sogar etwas erleichtert lehnte ich mich endlich wieder atmend an den Zaun an und schaute ihm dabei zu, wie er all seine Wut an dem Platz ausließ, während Jace sich hinter mir wieder über sein Verhalten aufregte und den gerissenen Strick aufsammelte, den El Moro eben wie ein Hund sein Häufchen am Wegesrand hinterlassen hatte.                                                                                           ,,Das gibt's doch nicht! Schon wieder ein Seil hin!", zeterte er herum und betrachtete die gerissenen Enden, während El Moro vergeblich versuchte sich durch lautes Gewieher und wildes Springen von der engen Schlinge zu befreien, die noch eng um seinem Hals rum lag.  Doch davon bekam er sie nicht ab und musste sie wohl oder übel ertragen, bis er jemanden an sich heranließ, der ihm das Ding abnehmen konnte. Aber bei seinem jetzigen Zustand war das schlicht unmöglich und konnte noch was dauern, was mir Zeit gab ihn genau zu studieren:   

Burning Scar - Von Flammen umzingeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt