Von Ängsten und Anzügen

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Toby P.O.V.

Lief gestern noch alles gut mit El Moro, so war er heute wie ein anderer Hengst, als Sarah versuchte sich ihm mit einem Halfter zu nähern. Gar störrisch lief er auf dem Platz im Kreis, entlang des Zaunes, als sei er getrieben von einem Geist, und scharrte jedes Mal mit den Hufen, wenn sie sich ihm auch nur mehr als zwei Schritte näherte.

So war  Sarah schon seit zwei Stunden hier mit ihm dran, stets am Versuchen, es ihm anzulegen, war trotz ihres langen, aber faszinierenden Kampftrainings am vorherigen Abend in der Scheune früh aufgestanden und hatte El Moro noch vor dem Frühstück aufs Paddock gebracht, wo er zunächst friedlich gewesen war, aber dann direkt ausgerastet war, als er das Halfter gesehen hatte, das ich ihr über den Zaun übergeben hatte...

Vielleicht lag seine Unruhe auch an dem gestrigen Gewitter, das in der  Nacht plötzlich aufgezogen war und mit seinen Blitzen alle aus ihrem friedlichen Schlaf geweckt hatte, vielleicht aber auch wirklich nur an dem Halfter, das klackernd in Sarahs Händen vor seiner Nase umher wedelte und seinem Gesicht vielleicht Schmerzen zufügen konnte.
So blieb er stur und wehrte sich gegen jeden Versuch. Selbst Möhren brachten nichts mehr, die Sarah ihm schon seit einer Viertelstunde  als Bestechung hinhielt, sodass sie drauf und dran war langsam die Geduld zu verlieren, während Jace und die anderen schon bereits vor gut einer Stunde zurück ins Haus gegangen waren, um zu frühstücken und über den heutigen Tag zu reden, da es hier draußen inzwischen unerträglich heiß geworden war.
So war ich noch bei ihr geblieben und leistete ihr seitdem was Gesellschaft, falls etwas passierte, und hielt die Hitze hier noch aus, im Gegensatz zu ihr..., da sie bestimmt schon dreimal vor stiller Aufregung ihr Hemd durchgeschwitzt hatte.

Zu ihrem Unmut hatte sie auch noch vergessen Jace nach seinem Hut zu fragen, den sie gestern angeblich schon bei ihrer Reitstunde mit Rosi tragen durfte, weshalb sich nun Schweißperlen quer auf ihrer  Stirn bildeten und ihr das ganze Gesicht hinunter liefen.

Aber sie war nicht als Einzige am Ölen, auch El Moro machte die Hitze zu schaffen und hatte Mühe länger ihrem Blick stand zu halten, sodass er sich nach einer halben Ewigkeit wieder aus seiner Starre löste und von ihr weg bewegte.

,,Sarah, machen wir Schluss für heute! Es bringt nichts, "rief ich ihr in entgegen und sah sein Verhalten als Bestätigung, dass es ihm für heute reichte. Doch Sarah war damit noch nicht zufrieden und blieb zäh auf dem Reitplatz stehen.

,,Nein", beharrte sie, während sie wie Supergirl kurz mutig ihre Hände in die Hüften stämmte, und ging wieder einen Schritt auf den Hengst zu, der sie sogleich anblickte, ,,Ich geb noch nicht auf...", sagte sie und hatte in ihren Worten diese unnachgiebige Härte, wofür ich die sonst immer bewunderte, aber gerade war es hier fehl am Platz und verhinderte, dass sie auf ihren Körper und El Moro hörte, sodass ich mich erneut über den Zaun hinaus lehnte:

,,Sarah, lass es! Es bringt nichts! Komm lieber zu mir in den Schatten, bevor er wegen der Hitze noch kollabiert. Du hast dein Hemd bestimmt schon dreimal durchgeschwitzt und ich möchte nicht, dass du unter deiner Schale noch einen Sonnenbrand kriegst."
,,Das ist mir egal. Hauptsache, ich habe ihn heute damit einmal berührt,"sagte sie entschlossen, zuckte einmal mit den Halfter und folgte El Moro in den Halbschatten eines Baumes, wo eine breite Tränke stand, an der er sich was erfrischen konnte.
Gelassen tat sie es ihm nach, indem sie sich ans andere Ende der Wanne begab, und kühlte ihr Gesicht etwas mit dem Wasser ab.
,,Das tut gut, wa?," konnte sie sich  ihren Kommentar nicht verkneifen und sah ihm dabei zu, wie er genüsslich das siffige Wasser verschlang.

Doch kaum hatte sie sich ihm wieder bis auf zwei Meter genähert, hob er plötzlich den Kopf, bäumte sich auf und schlug mit den Hufen aus.

Überrascht von der Angst sprang sie zurück, stolperte und landete mit dem Halfter auf dem Boden, wo sie sich panisch zusammen kauerte und hoffte, dass er bald damit aufhören würde. Doch der Hengst gab keine Ruhe und scheute weiter, bis ich über den Zaun sprang und auf sie zu rannte.

Burning Scar - Von Flammen umzingeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt