¤Der Verräter¤

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Während die beiden sich eifrig einen Weg nach oben suchten, war ich fernab auf einer kleinen Lichtung und kämpfte gegen drei maskierte Männer, die uns auf dem Weg über gefolgt waren. Hatten sie sich erst in den Büschen versteckt, so hatte ich sie erst bemerkt, als ich kurz zu unseren Rädern gegangen war.
Wie lauernde Tiere hatten sie sich an mich angeschlichen, mich von hinten attackiert und versucht zu Boden zu bringen, aber ohne Erfolg. Durch die Nachwirkung des Medaillons war ich immer noch wesentlich stärker als sie und wehrte ihren Angriff ab.

Sollten eigentlich meine Leute für unseren Schutz sorgen, so hatten sie sie wahrscheinlich schon am Bahnhof ausgeschaltet, sodass uns nur noch Undercoverleute auf unserem Weg ins Tal blieben, die sich als Wanderer oder als Biker verkleidet hatten...

Wie vermutet waren es die Sterne, die sich durch ihren eigenen Kampfstil zu bekennen gaben, und versuchten, mich mit ihren Waffen klein zu kriegen.

Doch ihre Messerstiche trafen immer wieder ins Leere, sodass sie sich auf ihre Nahkampftechniken verlassen mussten. Hatten sie im Gegensatz zu mir zwar auch Pistolen dabei, setzten sie diese kaum ein, da Schüsse in der Nähe der Hauptwanderwege zu viel Aufsehen erregten, und schlugen härter auf mich ein. Gekonnt wehrte ich sie ab und konterte ihren Schlägen mit gezielten Tritten, sodass zwei von ihnen zu Boden fielen. War der eine offensichtlich wendiger und stärker gebaut als die anderen, setzte ich auf eine gute Technik und Schnelligkeit, um ihn zu besiegen, sodass ihm schon nach wenigen Malen das dämliche Grinsen aus dem Gesicht schlug, das durch seine Maske seicht hervorschimmerte. ,,Sarah? SARAH!", hörte ich plötzlich jemanden rufen und erstarrte. Abgelenkt von ihren Rufen wandte ich meinen Blick kurz über die Sträucher, wo ich in naher Ferne schon die beiden Jungs rumlungern sah, und wehrte seinen Angriff ab. ,,Auch das noch,"zischte ich und schlug den Einen nieder, während sich die anderen inzwischen wieder aufgerichtet hatten. Schnell machte ich einen Handstützüberschlag nach hinten und griff dabei ein Messer, das beim Kampf im Boden stecken geblieben war. Perplex sahen die Männer mich an und griffen mich an. Aber bevor der Eine auch nur zum Schlag ansetzen konnte, hatte ich ihm das Messer in die Seite gerammt, und dem Anderen einen Tritt in den Magen verpasst. Bestürzt sackten sie zusammen und verloren das Bewusstsein. Waren die Zwei nun erst mal ausgeschaltet, hatte sich der Eine mit seiner Platzwunde wieder aufgerichtet, sich an mich rangeschlichen, und versucht, mich nun von hinten mit einem Strick zu strangulieren. Dabei suchte er hastig meinen Hals nach dem Medaillon ab, stieß aber unter der Jacke auf nichts anderes als blanke Haut, die an den Schultern und am Rücken vernarbt war. Angewidert von dem Bild das sich ihm erbot ließ er den Kragen meiner Jacke los und hielt mich fest umklammert, während er den Zug seines Stricks bestärkte.

Anders als andere Würgeopfer packte ich anstelle des Seiles ihn am Saum und schleuderte ihn über meine Schulter zu Boden, sodass er seinen Griff was locker ließ. Geschickt setzte ich bei ihm zum Haltegriff an und löste mich von dem Strick, sodass ich diesen nun nehmen konnte, um ihn zu würgen. Japsend schnappte er nach Luft und versuchte sich zu befreien, aber ich hatte ihn noch immer fest im Griff und schnürte ihm die Luft ab. Jauchzend gab er sich geschlagen und schlug ab: ,,Genug! Es reicht!", hustete er und schaute mich an. Diese Augen und diese Stimme kamen mir irgendwie bekannt vor...

,,Jake?",hauchte ich und stieß ihn entsetzt von mir. Keuchend zog er seine schwarze Maske ab und holte tief Luft, bevor er sprach: ,,Sarah, ich..." -,,DU bist bei den Sternen?",unterbrach ich ihn und ließ ihn nicht mal zu Wort kommen. ,,Sarah, lass es mich erklären!",rief er und versuchte sich aufzurichten, aber seine Wunden hielten ihn zurück, ,,Sie... sie haben meine Familie bedroht... Mir blieb keine andere Wahl, als dich in unsere Band zu bringen, um dir was näher zu kommen",stammelte er und brach mir mit seinen Worten fast das Herz.
,,Das glaub ich jetzt nicht,"raunte ich und stand bestürzt auf. Erstarrt sah ich ihm zu, wie er mühselig hochkam, und spürte, wie bei mir fast die Tränen kamen. Ich hatte ihm vertraut..., mich ihm anvertraut, wie ich mich seit dem Anschlag fühlte, es in der Musik verarbeitete... und er hatte mir alles nur vorgespielt, alles was er mir gesagt hatte, dass er mich akzeptierte und liebte wie ich war... mit all den Narben auf der Haut... Alles war gelogen.
,,Kein Wunder, dass ich dir nicht glauben konnte... Wer steht schon auf so was wie mich?!",stammelte ich unter Tränen und blickte kurz zu seinen Kollegen, die in dem Moos inzwischen verbluteten.
,,Sarah, so war das nicht! Ich stehe auf dich! Wirklich!" - ,,Ach ja? Und warum hast du dann eben versucht mich umzubringen?,"zischte ich und deutete auf den Strick, der vor uns auf dem Boden lag: ,,Ich... wollte ihn nutzen, um dich abzulenken und das Medaillon zu nehmen, aber dann hast du mich ja ausgetrickst... Weißt du, Hanson... hat schon vorher meine Familie bedroht, bevor ich dich überhaupt kannte, und mich auf dich angesetzt. Mir blieb keine andere Wahl... Also bitte, bitte gib mir das Medaillon!",flehte er und sah mich inständig an. Aber ich wusste, dass diese Unschuld in seinen Augen genauso verlogen war wie er selbst. ,,Nein... Niemals! Eher sterbe ich, als es euch zu geben und wenn du nicht so enden willst wie deine Kollegen, solltest du schleunigst verschwinden!,"fuhr ich ihn an und schaute ihn eindringlich in die Augen. Baff hielt er kurz inne und starrte mich an... Er war wohl überrascht von meinem Selbstbewusstsein, das ich hier an den Tag legte, und meiner Stärke, mit der ich ihm trotzte.
,Wenn der wüsste, wo das Medaillon wirklich ist...,'dachte ich und musste an das geheime Seitenfach im Rucksack denken, der beim Fahrrad war. Konfus drehte er sich um, nahm seine Maske und kniete sich zu seinen Kollegen, die bereits tot waren. Während er vergeblich nach ihrem Pulsschlag fühlte, sah ich ihn flüchtig an und fragte:
,,Und die anderen aus der Band? Wissen die davon?"
Er seufzte, bevor er mich kleinlaut wieder anblickte, und richtete sich wieder auf: ,,Nein... Ich bin der Einzige, der davon weiß..." Die Tatsache davon, dass ich seine Kollegen getötet hatte, schien ihn getroffen zu haben, sodass er starr vor sich hinschwieg, bis ich ihm energisch seinen Strick zuwarf: ,,Tut mir einen Gefallen und lasst mich und die Brüder für den Rest des Tages in Ruhe. Lasst die Strongholds da raus, sie haben nichts damit zu tun. Das ist eine Sache zwischen euch und mir!"
Er nickte nur, bevor er sich von seinen Kollegen abwandte und seinen Strick an den Gürtel band, dann setzte er seine wieder Maske auf und verschwand im Gebüsch.

Burning Scar - Von Flammen umzingeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt