¤Wegen der Narbe¤

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Er hielt kurz inne und drehte sich zu meinem Fenster,dann verabschiedete er sich und legte auf.

Lange Zeit starrte er auf mein offenes Fenster und dachte nach... Irgendwann wurde es mir zu viel und ich legte mich wieder ins Bett...
,,Sarah?",hörte ich ihn auf einmal meinen Namen rufen und fuhr wieder auf. Er hatte wohl meinen Schatten bemerkt und lehnte sich nun aus dem Fenster.
,,Bist du wach?"
Unruhig  stand ich wieder auf, nahm meine Fakebrille und zog mir eine Jacke über... Das Top, in dem ich schlief, wollte ich ihm nicht unbedingt zeigen, da es in erster Linie meine Narben nicht bedeckte und zweitens ein peinliches Blümchenmuster hatte...
,,Was willst du?,"fragte ich leise und trat ans Fenster.
,,Ähm nichts... Ich... hab nur deinen Schatten gesehen und dachte mir, du hättest vielleicht was gesehen... auf deiner Runde im Park,"stammelte er und fuhr sich durch seine struppigen Haare.
,,Wie kommst du darauf, dass ich heute im Park gewesen bin?,"fragte ich zurück und lehnte mich aufs Fensterbrett.
,,Naja... Deine Tante sagte mir, du gehst viel Joggen und da dachte ich, vielleicht ist dir heute jemand begegnet...",meinte er und wurde etwas nervös.
Ich wusste schon, worauf er hinaus wollte und spielte mit: ,,Nun ja... Bei meiner Runde heute ist mir jemand in die Arme gelaufen, aber ich denke nicht, dass es die ist, die du suchst."
Stutzig schaute er auf und beendete meine Sätze: ,,Vielleicht ein Mädchen mit dunkler Maske und ledernem Anzug?"
- ,,Woher weißt du das?",fragte ich etwas erstaunt...
- ,,Nun ja... Sie.. Sie hat mich gerettet, als ich in der Klemme steckte...",wisperte er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf...
,,Und jetzt willst du dich bei ihr bedanken...,"beendete ich seinen Satz und schaute ihn lächelnd an.
Sein Stirnrunzeln machte die Verzweifung in seinen Augen noch schlimmer: ,,Genau... Ich weiß nur nicht, wo ich sie finden kann..."

,,Warte es ab... Vielleicht siehst du sie ja wieder...Per Zufall...,"versuchte ich ihn etwas aufzumuntern... Aber er trat nur zurück und zuckte mit den Schultern: ,,Ja... Vielleicht... Naja... Gute Nacht",sagte er pessimistisch und ging ins Bett...

Schweigend blieb ich noch eine Weile sitzen und schaute in den Sternenhimmel... Heute war er klarer als sonst...
Ob Toby wirklich nach mir suchte? Oder nur nach dem Mädchen in dem ledernen Anzug, das innerhalb von Sekunden Menschen ausschalten konnte....
In Gedanken versunken merkte ich nicht, wie mir die Augen zufielen und ich mich auf den Boden legte...

In dieser Nacht,oder das was von ihr noch übrig blieb, träumte ich zum ersten Mal etwas Schönes und wachte am nächsten Morgen mit klaren Gedanken  wieder auf.
Das Erste was ich tat, war ans Fenster zu gehen und die frische Luft einzuatmen.
Zu der Zeit, zu der ich sonst immer aufstand, waren nur wenige Autos unterwegs, sodass die Luft noch einigermaßen frisch und die Sicht noch klar war...
Gähnend streckte ich mich was und tapste ins Bad. Trotz vier Stunden Schlaf war ich noch einigermaßen fit und machte mich zurecht.
Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich noch zwei Stunden Zeit hatte...
Ne halbe Stunde Training konnte ich jetzt gut gebrauchen und machte mir einen Zopf. Mit schnellen Schritten schlich ich die Treppe runter, vorbei an Amys Zimmer, die bestimmt noch schlief, und öffnete den geheimen Raum im Trainingskeller...
Da ich noch keine Lust hatte, starkes Krafttraining zu machen, schnappte ich mir eine Matte und machte was Yoga. Es war gleich viel entspannter, den Tag mit einer ruhigeren Sportart zu beginnen,als mit einer Judopuppe oder einem Boxsack.
Am Ende meines Trainings hatte ich noch eine kleine Meditation für zehn Minuten und lauschte der Musik. Ich ließ meine Seele treiben und stellte mir vor, an einem anderen Ort zu sein, vielleicht am Meer, wo ich das Meeresrauschen hören konnte und am Strand liegen konnte, ohne an meine Narben denken zu müssen...
Es tat mal gut an etwas anderes zu denken als an die Erlebnisse der letzten Tage und Wochen...
Ich fühlte mich frei und unbeschwert, jedenfalls bis Amy in den Raum geschneit kam und mich erinnerte, dass ich noch eine Stunde hatte, um mich zu duschen, meine Haare zu waschen und zu frühstücken...
Trotz all den Dingen, die heute auf mich zukamen,stand ich ganz ruhig auf und verschwand in der Umkleidekabine...

Burning Scar - Von Flammen umzingeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt