72. Kapitel

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Mario's Sicht:

"Ich bin schon froh das er wieder ansatzweise am sozialen Leben teilnimmt." sagt Marco zu Andrè. Allerdings habe ich das ungewollt mitbekommen. "Entschuldige bitte das ich nicht der glücklichste Mensch der Welt bin." murmel ich und widme mich wieder meinem Kaffee. "Niemand macht dir Vorwürfe, Mario. Aber es ist ein dreiviertel Jahr her." meint Andrè. Ich antworte nichts. In meinem Gehirn läuft schon wieder ein Horrorfilm. Der Gedanke daran, das sie zurück kommt. Wieder in München ist und Marco wieder sehen wird, fickt mein verdammtes Gehirn.

Gedankenverloren blicke ich auf die wenigen Menschen die heute in dieser Straße unterwegs sind. Zum Glück. Auf Kontakt mit Fans, Presse oder sonst irgendwelchen Personen die nicht zu meinem engeren Privatkreis gehören habe ich nämlich seit genau September 2016 überhaupt gar keinen Bock.

Ich höre wie Marco sich räuspert. Auffordernd blicke ich ihn an. "Was?" fragt er. "Rede. Das war kein normales Räuspern. Das war ein Ich-weiß-was-Räuspern." verlange ich. Er verdreht seine Augen, was uns alle drei kurz zum schmunzeln bringt. "Warum musst du mich auch so gut kennen!" beschwert er sich. "Marco!" dränge ich. "Der Vertrag in Afrika ist ausgelaufen. Sie müsste in genau..." Er sieht kurz auf sein Handy. "...einer Stunde in München landen." meint er.

Ich nicke. Auch wenn mir dieser Nachricht gerade gepflegt den Boden unter den Füßen wegzieht.

Andrè verabschiedet sich irgendwann. "Mario da ist noch was.." murmelt Marco auf unserem Heimweg. "Hm?" mache ich nur. Ich studiere die ganze Zeit daran, was ist wenn sie wieder kommt. Es macht mir Angst, Angst das sich in meinem Herzen 'kein' stechender Schmerz ausbreitet. Bin ich über sie hinweg? Kann ich 'normal' mit ihr umgehen, obwohl ich jeden verfickten Tag an sie gedacht habe? In Gedanken brachte ihre Rückkehr mich noch zum ausrassten. Und jetzt wo es tatsächlich so weit ist, ist es mir... egal? "Sie wird mich in einer Woche besuchen." haut Marco raus. "Okay." antworte ich. Ich spüre seinen verwirrten Blick. Weitere 10 Minuten herrscht Stille. Bis ich apruppt stehen bleibe.

"Glaubst du ich habe mir die Gefühle die letzten Monate nur erzwungen?" frage ich. Ich zweifle wirklich daran. "Was meinst du damit?" hakt er nach. Ich setze meine Schritte wieder fort. "Ich weiß nicht ob ich sie überhaupt noch liebe." meine ich. In meinem Herzen zuckt ein kurzer Stich, welchen ich aber kaum beachte.

Ich sehe Marco nur seinen Kopf schütteln. Na gut okay, das ist wirklich ein wenig absurd. Ich trauere ihr ein Jahr lang hinterher und jetzt wenn sie zurück kommt, verspühre ich plötzlich nichts mehr? Ach shit. Keine Ahnung.

Selena-Emilia's Sicht:

Mit Tränen in den Augen stehe ich vor dem Krankenhaus. Alle haben sich davor versammelt um sich von David und mir zu verabschieden. Es fällt so unglaublich schwer das alles hier wieder zurück lassen zu müssen. Die Kollegen, die Eltern, und vorallem die Kinder. Die Kinder die mir so sehr dabei geholfen haben diese Zeit zu überstehen. Aber auch überwiegt Freude. Darüber, hier ein kleines Bisschen bewegt zu haben. Geholfen zu haben. Und natürlich verspührt man unglaubliche Freude auf zu Hause. Auf meine Familie. Meine kleine Schwester wieder zu sehen ist dabei wohl der größte Ansporn.

"Heulsuse." neckt David mich als wir in den Jeep steigen, obwohl er selbst eine Träne in den Augen stehen hat. Ein letztes Mal winke ich Soly zu. Einem Mädchen, das an einer schweren Herzkrankheit leidet und dem ich durch eine Blutspende von mir ein wenig helfen konnte. Ich konnte sie ein Jahr durchs Leben begleiten. Für sie da sein, was sonst keiner tut. Ihr Selbstvertrauen geben. Das Gefühl geben, etwas wert zu sein. Natürlich waren alle Kinder hier etwas besonderes, jedes auf seine Weise einzigartig. Aber sie ist mir eben wortwörtlich besonders ans Herz gewachsen.

"Sie schafft das!" meint David und legt mir eine Hand auf meine Schulter. Soly kommt dieses Jahr in die Schule. Eine Tatsache die ihr kein Arzt zugetraut hätte. Ich nicke und richte meinen Blick dann nach vorne. Nach vorne Richtung München.

*1 Woche später*

Selena's Sicht:

Irgendwie, habe ich mir die Ankunft in Dortmund bei Marco schlimmer vorgestellt. Mit mehr Herzschmerz. Wegen Mario. Vielleicht hat uns das Jahr Kontaktabbruch wirklich auseinander gebracht.

Als ich mit meinem Koffer in der Hand an der Haustüre von Marco klingle, kann ich meine Freude einfach nicht mehr verstecken. Genau so grinsend wie ich da stehe öffnet mir Marco die Tür. Eine Sekunde später werde ich förmlich erdrückt.

"Und, erzähl?!" fragt er aufgeregt, wie er immer ist, während er meinen Koffer nach drinnen zieht. "Lass mich doch erst einmal ankommen." lache ich. "Keine Zeit zum ankommen. Ich muss in 2 Stunden am Trainingsplatz sein." grinst er schadenfroh. Ich lasse mich ausatmend auf seine Couch fallen. "Ist das dein Ernst? Ich bin geschafft!" beschwere ich mich. "Ach komm schon.." murmelt er nur und setzt mir ein Glas Wasser vor.
"Ach komm schon?! 1 Jahr harte Arbeit in Afrika. Ein gefühlt Wochenlanger Flug nach Hause. Nach einer Woche, in der einiges zu erledigen war, nach Dortmund zum anstrengensten Menschen der Welt und dann kommst du mir mit einem 'ach komm schon'?" rege ich mich auf. Marco lacht nur bescheuert. "Wie sehr habe ich es vermisst."

Ebenfalls lachend schlage ich ihm auf den Hinterkopf. Danach erzähle ich ihm gefühlte Stunden über Afrika. "Schön.." murmelt er verträumt. "Aber Marco.." fange ich an. Langsam gefriert mir doch das Blut in meinen Adern. Er sieht mich abwartend an. "Wie geht es Mario?" frage ich letztendlich kurz und schmerzlos.

Marco atmet lange aus und setzt sich dann auf. "Ganz ehrlich?" fragt er mit hochgezogener Augenbraue. Ich nicke. Auch wenn ich Angst habe. "Es war ein Horror-Jahr. Man konnte ihn zu nichts gebrauchen. Außer Fussball. Seit ein paar Wochen erst geht es wieder aufwärts mit ihm. Aber seit einer Woche, ist er wie ausgewechselt. Verhält sich wieder ganz normal." erklärt Marco. Toll. Ich habe ein schlechtes Gewissen weil es ihm wegen mir so schlecht ging, aber das er jetzt anscheinend keinen Gedanken mehr an mich verschwendet passt mir irgendwie auch nicht. Scheiß Liebe. Warum bist du so kompliziert? Aber... 'liebe' ich ihn überhaupt noch?

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Bald werden die Kapitel wieder länger, versprochen! 💕

Veni. Vidi. Vici. (Mario Götze)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt