20. Kapitel

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Selena-Emilia's Sicht:

Ich konnte nicht glauben was in den letzten 24 Stunden passiert ist. Heute Morgen war meine kleine Welt noch in Ordnung. Alles war perfekt. Ich wollte mir gemeinsam mit meinen Freunden etwas aufbauen. Etwas das ich mir schon immer wünsche. Und mit Mario hatte ich jemanden gefunden, bei dem ich mich nicht verstellen musste. Auch wenn ich keine Zeit mehr hatte ihm das klar zu machen, der halbe Tag mit ihm war wirklich schön und ich habe mich richtig wohl gefühlt in seiner Nähe.

Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich ihn einfach so stehen lassen und bin abgehaun. Diese Verabschiedung, muss für ihn ausgesehen haben als wollte ich einfach nur weg. Dabei war es das komplette Gegenteil.

Jetzt liege ich nach einer 3 Stündigen OP im Krankenhaus. Mein rechter Knöchel ist verstaucht und durch meine Fehlstellung der Kniescheibe ist mein Kreuzband gerissen und ich habe wieder diese Schwellung am Knie, die ich mit 16 Jahren schon mal hatte. Damals war ich noch in England und stand vor dem Finale eines großen Tuniers. Das Kreuzband haben sie operativ wieder zusammengesetzt und versucht den Bluterguss, der sich gemeinsam mit der Gewebeschwellung gebildet hat zu punktieren.

"Ja." sagte ich lautstark als es an meiner Tür klopfte. Herein traten David, meine Mum und Samira. "Skye." rief sie und kam auf mich zugerannt. "Samira nicht. Selena ist ziemlich müde." versuchte meine Mum sie zurück zu halten. Aber Samira ist wie ich, einmal was in den Kopf gesetzt...
Sie saß also neben mir in dem weißen, gefühlslosen Bett während sich Mum und David einen Stuhl heranzogen. "Was machst du nur für Sachen." meinte meine Mum.

"Flo ist an all dem schuld." schimpfte David. "Ihn trifft keine Schuld. Mein Knöchel war vorher schon entzunden, ich hätte damit rechnen müssen umzuknicken. Er hat mich schließlich nicht gezwungen." nahm ich ihn in den Schutz. Warum versuche ich eigentlich immer und immer wieder ihn zu verteidigen? David widmete sich genervt seinem Handy.

Bis auf Samira's geplappere herrschte eine unangenehme Stille. "Samira wir holen Skye mal was zu trinken, komm." forderte meine Mum die kleine auf, vermutlich weil sie bemerkt das es eindeutig redebedarf zwischen Bruder und Schwester gibt. David schenkte mir seine Aufmerksamkeit wieder als die beiden aus dem Raum waren.

"Tut mir Leid." fing ich an. Er atmete laut aus und erhob sich um zu mir zu kommen. "Das braucht dir nicht leid zu tun. Ich verstehe nur nicht wie du ihn verteidigen kannst. Ja, er ist mein Kumpel. Aber er trägt die Schuld dafür, er hat dich dazu gedrängt." - "Er hat mich vielleicht gedrängt, aber gemacht, habe ich das ganz alleine." lenkte ich schließlich halbwegs ein.

"Ist jetzt egal. Du musst wieder gesund werden." sprach er mir zu. Tränen bildeten sich in meinen Augen. "Ich k-kann..." meine Stimme brach ab. "Du kannst das nicht alles nochmal durchmachen?" fragte David besorgt. Ich nickte. Er schloss mich fest in seine Arme. "Ich weiß wie hart das in London damals für dich war. Aber sieh dich an, du bist schon wieder viel besser als ich." sagte er gespielt beleidigt, lächelte aber dabei. Er brachte damit auch einen kleinen Mundwinkelzucker auf meine Lippen. "Du schaffst das." redete er mir zu.

Wir unterhielten uns danach noch eine halbe Stunde und David inklusive Mum, die mittlerweile mit Samira wieder zu uns gestoßen waren, redeten mir ununterbrochen gut zu. "Dad kommt vielleicht Morgen. Wenn er Zeit hat." meinte Mum. "Okay. Fahrt vorsichtig." gab ich ihnen zur Verabschiedung mit auf den Weg. "Und du hältst die anderen bei Kräften." lachte ich David zu.

Als die Tür geschlossen war, sackte ich in mir zusammen und Tränen bahnten sich mal wieder den Weg nach Außen. Natürlich reiss ich mich vor meiner Familie zusammen aber in Wirklichkeit geht es mir einfach nur Dreckig. Körperlich, wie Seelisch. Mein Bein schmerzt höllisch und mein Herz auch.

Ich versuchte irgendwann mich wieder aufzurappeln und mein Handy aus dem Nachtisch zu fischen. Irgendjemand hat mir anscheinden während ich unter Narkose stand, meine Sachen vorbei gebracht. Ich las einige neue Nachrichten von meinen Freunden, die den Unfall ja alle mit angesehen hatten und mir jetzt gute Besserung usw. wünschten.

Eine von Flo. Er gibt sich selbst die Schuld, was ich ihm aber nicht abkaufe. Und er war hier, aber da habe ich noch geschlafen. Ich werd' mich Morgen um ihn kümmern und ihm schreiben. Ich bekomme es immer noch nicht in meinen Kopf.

Wieder rumorte es an der Tür und dieses mal trat eine Krankenschwester ein. Sie prüft meine Infusion usw. und meinte noch das ich Morgen ein Gespräch und eine Untersuchung beim Facharzt habe.

Danach versuchte ich einzuschlafen aber wirklich Erfolg hatte ich dabei nicht. Nicht nur wegen der Schmerzen und der tausend Gedanken die durch meinen Kopf spukten. Nein, irgendwas fehlte. Etwas, was mir beim Einschlafen Gestern das Gefühl gegeben hat, nicht alleine zu sein. Das Gefühl, dass jemand da ist, der auf mich aufpasst. Das Gefühl, Mario neben mir liegen zu haben.

"Okay. Ich halts nicht mehr aus." Ich muss ihm einfach sagen wie schön ich die Zeit mit ihm fand. Die Vorstellung, wie er möglicherweise nach meinem Abgang heute von mir denkt, treibt mir einen eiskalten Schauer über meinen Rücken. Ich weiß wie dumm das jetzt klingt aber ich schreibe jetzt Mario. Um 1 Uhr Nachts.

ICH: Hey. Tut mir Leid wegen Heute, dass ich einfach so abgehaun bin war wirklich nicht die feine englische Art. Ich fand den halben Tag und die Nacht :D wirklich schön. :)

Natürlich ging ich nicht davon aus das er mir in nächster Zeit antworten würde also platzierte ich mein iPhone wieder auf dem Nachtkästchen. Wieder versuchte ich vergeblich einzuschlafen bis sich mein Handy doch noch meldete. Es war mittlerweile halb 2.

MARIO: Dabei müsstest du die englischen Sitten doch drauf haben :D Wo bist du das du um diese Uhrzeit noch wach bist!? O:

Über den Satz mit England musste ich wirklich Grinsen. Diese deutsche Redensart trifft's bei mir zu 100 %. Moment mal.. wo ich bin? Ich hab Gründe wach zu sein aber er?

ICH: Sag mir mal lieber wo du bist?

MARIO: Bei Jeromè. Fahr aber gleich heim!!

ICH: Könntest du nicht einen kurzen Halt im Krankenhaus einlegen? :'(

MARIO: Du bist im kh?!?!?!?!

ICH: Hör auf deine ?! Tasten zu vergewaltigen. Ja bin ich.

MARIO: Sag mir die Adresse und deine Zimmernummer!!

Der kommt jetzt nicht wirklich her oder?! Ich weiß nicht 'mal ob hier so spät noch Besucher rein dürfen. Ich schrieb ihm, auch wenn ich nicht davon ausgegangen bin das er kommt, die besagten Daten und legte mein Handy aufgrund seines Offline-Status' wieder zur Seite.

Veni. Vidi. Vici. (Mario Götze)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt