81. Kapitel

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*Zeitsprung: Sommer 2019*

Jetzt bin ich mit Mario schon wieder 2 Jahre zusammen. Natürlich streiten wir uns hier und da, aber im Großen und Ganzen läuft es eigentlich ganz gut. Mittlerweile wohne ich in Dortmund. Bei Mario. Hier arbeite ich jetzt auch in einem Jugendgefängnis als eine Art Sozialpädagogin. Es macht riesigen Spaß. Aber es ist auch Nervenaufreibend. Beim Nationalteam bin ich immer noch tätig. Mario ist natürlich der Meinung das ich mir das mit der Arbeit im 'Knast' wie er es immer so schön sagt, sparen könnte. Aber ich habe in meinem Leben nicht umsonst studiert und es macht mir Spaß.

"Ich muss zum Training, Baby." Mario kommt mit seinem Autoschlüssel in der Hand in die Küche und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. "Sind wir jetzt schon so spießig das ich nicht mal mehr einen richtigen Kuss bekomme?" frage ich lachend. Er muss automatisch grinsen und legt danach seine Hände an meine Taille und seine Lippen auf meine. "Ich denke Spießig sind wir ganz und gar nicht. Wann kommst du heute nach Hause?" fragt er nah an meinem Mund. "Hab um 18 Uhr feierabend." grinse ich. "Sehr gut. Dann zeig' ich dir wie spießig ich bin." lacht er, küsst mich nochmal und verschwindet dann. Spinner.

Mario ist mittlerweile 27 Jahre alt. Aber er ist noch der gleiche Kindskopf der er schon immer war. Ich mache mich also ebenfalls fertig für die Arbeit und fahre dann mit meinem Auto, dass ich immer noch von meinen Eltern habe, zur Jungendvollzugsanstalt.

"Guten Morgen." lächle ich, als Tom, einer der Schützlinge zu mir kommt. "Skye?" fängt er an. Sie nennen mich hier alle so. Ich versuche keine Betreuungsperson dar zu stellen. Mehr eine Freundin. Ein Kumpel eben. "Hm?" frage ich und setze mich gemeinsam mit ihm auf die Couch in Aufenthaltszimmer.

"Ich ehm... ich werde ja Heute entlassen." fängt er an. "Du wirkst aber darüber ganz und gar nicht glücklich." Ich sehe ihn besorgt an. Er druckst herum. "Tom, was ist los?" frage ich energischer. "Also ich bin ja vor kurzem 18 geworden und als die mich gefragt haben wo ich hingehe und ob ich Starthilfe benötige, habe ich das alles abgelehnt. Die hätten mich wieder ins Heim oder in so eine Jugendwohngruppe gesteckt. Du weißt das ich da nicht hin kann." Langsam weiß ich woher der Wind weht. "Und jetzt weißt du nicht, wo du hin sollst." stelle ich fest. Er nickt. Ich weiß, er hat beim Jugendamt angegeben zu seiner Tante zu gehen, die ja auch wirklich existiert und ihn aufnehmen würde. Aber diese Tante lebt in Hamburg. Das ist genau was er nicht braucht. Eine komplett fremde Umgebung und Leute die er kaum kennt.

Ich überlege lange, fasse dann aber schließlich einfach den Entschluss. "Ich nehm' dich erst mal mit zu mir." Er sieht mich mit großen Augen an. "Echt jetzt?" fragt er. Ich nicke. "Aber nur für ein paar Tage, großer. Dann müssen wir uns um etwas anderes kümmern." lächle ich. Er nickt eifrig und geht danach zurück in seine Zelle. Ja, es sind Zellen. Wer hier drin ist, ist das nämlich nicht ohne Grund.

Ich bin mir natürlich darüber sicher das ich mich rechtlich gesehen damit nicht strafbar mache. Ich werde ihm nur für ein paar Tage Starthilfe geben. Das Jugendamt anzurufen hätte keinen Sinn. Er ist 18 und kann selbst entscheiden. Er würde sich für ein Leben auf der Straße entscheiden und schneller wieder hier landen als er 'frei' sagen kann.

Was Mario wohl dazu sagen wird? Begeistert wird er bestimmt nicht sein. Aber er hat dafür bestimmt Verständnis.

Als ich dann Dienstschluss habe und Tom's Entlassung ansteht, füllt er alle Formulare aus und er steigt mit seiner Sporttasche, die alles ist was er besitzt, zu mir ins Auto. Zu Hause sperre ich die Haustür auf und er folgt mir ins Haus. "Wartest du kurz." bitte ich ihn, worauf er nickt.

"Mario? Bist du da?!" rufe ich durch das Haus. "Ich bin hier."  schallt es aus dem Wohnbereich zurück. Ich gehe also dor hin und sehe einen schön gedeckten Tisch. "Hey." haucht er und küsst mich kurz. Scheiße. Seine Worte heute Morgen habe ich ja total vergessen. "Du ehm.. ich würde dir gerne jemanden vorstellen." meine ich. Mario sieht mich verwirrt an und wie auf Kommando kommt Tom in den großen Raum, der gleichzeitig Küche, Esszimmer und Wohnzimmer ist. "Ehm.. okay." murmelt Mario leicht überfordert. "Hi ich bin Mario." sagt er nun zu Tom. "Tom. Hi." murmelt er knapp. "Ich zeig' dir kurz das Gästezimmer dann kannst du deine Sachen ablegen." Mario sieht mich geschockt an und ich bringe Tom nach oben. "Ich gehe wieder runter und rede mit Mario, in Ordnung? Du kannst nach kommen und noch etwas essen, wenn du möchtest." lächle ich und er nickt nur. Er sieht fertig aus. Irgendwie ist er mir sehr ans Herz gewachsen. Seit 3 Jahren ist er im Knast gesessen. Bis ich gekommen bin hat er nur noch weitere Scheiße gebaut. Ich denke, er hat einfach jemanden gebraucht der Vertrauen in ihn setzt.

Veni. Vidi. Vici. (Mario Götze)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt