~Kapitel 60~

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15. März 2020

Sophia
Es war mittlerweile wieder Frühling. Das Leben hatte sich um einiges verändert. Während ich die meiste Zeit bei den Pferden verbrachte zusammen mit Minho, waren die Jungs immer wieder unterwegs. Eroberten Ranglisten und Charts. Ihr Erfolg wurde von Woche zu Woche immer größer. Langsam konnte man es mir ziemlich deutlich ansehen, dass ich schwanger war. Deswegen durfte ich auch fürs erste nicht reiten. Das Training meiner beiden Pferde übernahmen nun meine Eltern. Zum Glück hatte ich sie noch. Seufzend betrachtete ich jetzt allerdings, wie die beiden das erste frische Gras auf der Weide genossen. Ich stützte mich mit den Ellbogen auf dem Zaun ab und sah ihnen zu wie sie immer wieder los liefen und tobten. Wie gerne würde ich wieder Springen und einfach nur meinem Hobby nachgehen. Ebenso vermisste ich die Turniere.

"Sophia!", rief mich jemand. Verwirrt drehte ich mich um. "Oh du bist es Alena", sagte ich mit einem Lächeln und richtete mich wieder auf. Sie hatte Seoyoung auf dem Arm und Milly lief neben ihr her. Außerdem war sie in Begleitung von ihrem Vater und Daehyun. "Wir wollten fragen, ob du vielleicht mit in die Stadt willst. So ein bisschen Shoppen für den Frühling und so", sagte sie. Gerne wollte ich mich, aber irgendwie wollte ich auch einfach hier bleiben. Es machte mich immer traurig, wenn ich an Namjoon dachte. Gerade war er irgendwo in Amerika zusammen mit den anderen und wir waren zurück geblieben hier. Rap Mon, den ich mit zum Hof genommen hatte bellte. "Mami lass uns mitgehen bittttte", bettelte Minho und schmiegte sich an mein Bein. Bei seinem zuckersüßen Blick konnte ich einfach nicht widerstehen und nickte. "Okay wir kommen mit", erklärte ich und sah ein letztes mal zu meinen beiden Pferden.

Langsam und mit etwas Abstand folgte ich den anderen. Minho hatte ich auf den Arm genommen und Rap Mon lief treu neben uns her. Ein Lächeln bildete sich erneut auf meinen Lippen und ich wusste das es ein schöner Tag werden würde. Alenas Vater fuhr uns in die Stadt und dann klapperten wir jeden Laden ab. Tatsächlich fand ich zwei wunderschöne Kleider, die selbst mit meinem Babybauch noch schön aussahen. Alena kaufte sich ebenfalls ein Kleid und eine Sonnenbrille dazu. "Sieh nur das wäre so schön für Seoyoung!", sagte Daehyun begeistert und hielt seiner Nichte ein kleines Kleid an. "Du hast Recht Bruderherz", antwortete sie begeistert. Wie angewurzelt stand ich daneben und starrte stumm auf die beiden. Warum wurde mir auf einmal so kalt? Was war denn nur los? Es war als würde sich eine unbeschreibliche Leere in mir ausbreiten. "Alles gut Sophia?", fragte mich Alenas Vater dann. "Äh ja... Alles bestens", log ich und lächelte. "Habe nur darüber nachgedacht was die Jungs wohl gerade tun. Ich denke mal das ich schon mal zurückfahre um zu kochen. Minho braucht ja auch etwas zu essen und ich glaube ein bisschen Schlaf wäre auch gut", sagte ich.

Ein wenig verdutzt sahen mich alle an, aber fragten nicht weiter nach. Mit zusammengebissenen Lippen ging ich zur Kasse und bezahlte. Dann verließ ich den Laden und bestellte mir ein Taxi. Mit Rap Mon und Minho im Schlepptau, wurde ich dann in die Nähe unseres Zuhauses gefahren. "Danke schön. Hier das Geld", sagte ich und bezahlte ehe ich mich auf den Weg in Richtung unseres Wohnhauses machte. Fast bei der Haustür angekommen, stolperte Minho und fiel hin. Sofort fing er bitterlich an zu weinen. Rap Mon lief gleich zu ihm und beschnupperte ihn besorgt. "Oh nein", sagte ich und kniete mich hin um ihm aufzuhelfen. Sein Knie war ein bisschen aufgeschürft, aber es sah gar nicht so schlimm aus. "Na komm, das bringen wir schnell wieder in Ordnung", sagte ich und reichte Minho ein Taschentuch ehe ich die Haustür aufschloss und gefolgt von Rap Mon nach oben ging. "Mama das tut weh", weinte Minho als ich ihn auf der Couch absetzte. "Glaub ich dir mein Schatz. Ich hol eben einen Waschlappen, Desinfektionsmittel und ein Pflaster", sagte ich und verschwand in der Küche. Schnell suchte ich mir alles zusammen und machte den Waschlappen nass. Dann ging ich zurück zu ihm und wusch die Wunde erstmal aus, ehe ich sie desinfizierte und ihm dann ein Pflaster drauf klebte.

"Und für so tapfere Jungen, gibt es auch ein leckeres Eis", sage ich und strich ihm sanft über den Kopf. "Ohja!", sagte er erfreut und schien sein Knie gleich vergessen zu haben. So konnte ich mich dem Kochen widmen. Ich entschied mich für ein recht schnelles Gericht und hatte es bald schon auf dem Tisch stehen. Minho bekam ein bisschen Kartoffelbrei mit Apfelmus. Das liebte er.  Als dann alles wieder soweit abgeräumt war und ich auch die Küche und den Wohnbereich aufgeräumt hatte, setzte ich mich erschöpft auf die Couch. Minho schlief jetzt und Rap Mon hatte sich neben mir zusammen gerollt. Mein Handy blinkte. Bestimmt eine Nachricht von Alena, wann sie zurück sein würde. Ich nahm mein Handy zur Hand und entsperrte es. Sofort musste ich Lächeln, Namjoon hatte mir geschrieben.

"Hey meine Hübsche, ich hoffe dir und auch den anderen geht es gut. Diese ganzen Interviews, Shows und auch alles andere ist sehr anstrengend. Ich vermisse dich, Minho, unsere kleine und Rap Mon. Ich hoffe auch das es nicht mehr lange dauern wird hier in Amerika, in Liebe dein Namjoon"

Mir kamen die Tränen bei seinen Worten. Wenn er sich nur hätte vorstellen können, wie sehr ich ihn vermisste. Eine Träne nach der anderen kullerte über meine Wangen und ich stand auf. Warum weinst du denn Sophia? Er kommt doch zurück. Du siehst ihn doch wieder. Aber trotz der Konversation die nun in meinem Kopf startete, schaffte ich es nicht runter zu kommen. Wie in Trance ging ich in die Küche und stemmte mich an der Spüle ab. Ich bekam so gut wie gar nichts mehr mit und griff nach einem Messer in der Schublade. Kurz war ein Schmerz zu spüren an meinem Handgelenk. Geschockt ließ ich das Messer wieder fallen. Was tat ich denn? Schnell machte ich ein Geschirrtuch nass und hielt es auf die Wunde. Blut rann meinen Arm entlang und tropfte dann zu Boden. Warum ruinierte ich denn jetzt mein komplettes Leben. Kraftlos wollte ich zurück zur Couch, schaffte es aber nur noch wenige Meter weit, ehe ich erschöpft zu Boden sank.

Alena
"Danke für den schönen Tag ihr beiden. Bis dann", verabschiedete ich mich von meinem Bruder und meinem Vater. "Ja bis dann und grüß Sophia von uns", sagte Daehyun noch ehe sie weiter fuhren. Fröhlich pfeifend schloss ich die Tür auf und lief mit Seoyoung auf dem Arm nach oben. Milly lief mir so hinterher. "Bin zurück Sophia", sagte ich laut und gut gelaunt. Als keine Antwort kam, rechnete ich fast damit, dass sie doch nicht zuhause war. Aber als dann Rap Mon zu mir gelaufen kam, wusste ich das irgendwas nicht stimmen konnte. Ich legte Seoyoung schnell auf der Couch ab und folgte Rap Mon in die Küche. Da saß sie, ganz blass auf dem Boden. "Sophia?", fragte ich. Müde hob sie den Kopf. "Ich bin so dumm Alena", sagte sie mit Tränen überströmtem Gesicht. "Was hast du getan? Ist etwas mit Minho?", fragte ich geschockt. Sie hob nur kurz ihren Arm und ließ ihn dann wieder sinken. Ich starrte sie an.

"Wieso hast du das getan?!", fragte ich entsetzt und rief sofort meinen Vater an das er umdrehen sollte. "Ich... ich weiß es nicht. Es war wie in Trance", sagte sie heiser und ihr Blick wurde kalt und leer. Es war als würde sie durch mich hindurch starren. "Papa komm sofort zurück. Du musst Sophia ins Krankenhaus fahren!", sagte ich panisch und drückte ihr das Handtuch weiter auf die Wunde. Er stellte keine weiteren Fragen und sagte das er sofort umdrehen würde. Wenige Minuten später klingelte es. "Bleib hier ich hol die beiden eben", sagte ich und lief nach unten um ihnen die Tür zu öffnen. "Schnell sie ist oben", erklärte ich und sie folgten mir. "Ich weiß einfach nicht wieso sie das getan hat. Irgendwas stimmt heute nicht mit ihr." Mein Vater und Daehyun stützten sie und brachten sie zum Auto. Da die Kinder und Hunde nicht alleine bleiben konnten, blieb ich zuhause. "Haltet mich auf dem laufenden!", rief ich ihnen noch nach und machte mich dann erstmal daran das Blut aufzuwischen. Zu allem Überfluss kam dann auch noch Minho aus seinem Zimmer getappt. "Wo ist Mama?", fragte er verschlafen und ich sah ihn verzweifelt an. Das konnte ich ihm ja nun wirklich nicht einfach so sagen.

"Die ist noch einmal losgefahren etwas besorgen", sagte ich mit einem Lächeln und schob ihn aus der Küche ehe er noch das ganze Blut sah. "Möchtest du ein bisschen fernsehen?", fragte ich dann. "Jaaaa!", antwortete er begeistert und ich stellte ihm schnell den Fernseher an ehe ich weiter das Blut wegwischte. Was machte sie denn nur immer für Sachen. Seufzend wischte ich den letzten Tropfen weg und sah dann auf mein Handy. Sollte ich Namjoon schreiben ? Zögerlich sah ich auf das Display. Bestimmt hatten sie auch gerade wieder ein Interview. Nicht das ich sie dabei noch störte oder so. Seufzend legte ich das Handy beiseite. Später konnte ich immer noch schreiben. Erstmal musste ich mich hier um alles kümmern.

Seoyoung fing an zu schreien und ich machte mich daran sie zu wickeln und neu einzukleiden, so dass sie jetzt in Ruhe schlafen konnte. Stunde für Stunde verging und bald klingelte das Telefon. "Ja?", fragte ich in den Hörer, da ich die Nummer nicht kannte. "Hallo hier ist Namjoon. Ich wollte eigentlich Sophia sprechen. Ist sie in der Näh?", fragte er. Panisch biss ich mir auf die Lippe und überlegte was ich sagen sollte. "Alena? Ist alles gut?", fragte er jetzt. "Ja alles gut... Sie ist nur gerade einkaufen...", log ich und wusste genau das die Lüge entpuppen würde. "Alena... Sag mir sofort was los ist? Stimmt etwas mit ihr oder dem Baby nicht? Ist etwas mit Minho?", fragte er nervös. "Nein alles gut, wie bereits gesagt...", erklärte ich und schluckte einmal. "Ist das Papa?", fragte Minho und sah mich mit seinen Teddyaugen an. "Ja das ist dein Papa, willst du auch einmal mit ihm sprechen?", fragte ich und war erleichtert über diese Ablenkung vom Thema. "Oh jaa", sagte er und klatschte in die Hände. Ich gab ihm das Telefon und er erzählte seinem Vater von der Stadttour und allem. Erleichtert holte ich erstmal tief Luft und konnte mir jetzt gründlich überlegen, was ich noch sagen konnte.

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