Kapitel 64 - Draco's POV 7 - 1842

56 7 0
                                    

Es ist der 24. Mai, 1842. Mein Herr Vater und ich sind auf Geschäftsreise. Anlässlich des Geburtstags von Queen Victoria, finden überall im Lande Feiern statt. Ein Graf aus York hat uns auf sein Anwesen eingeladen. Eine ausgezeichnete Gelegenheit neue Geschäftsbeziehungen zu knüpfen, wie Vater meint.

Wir sind schon seit über zwei Tagen von London aus in den Norden unterwegs und das Wackeln der Kutsche macht mich allmählich wahnsinnig. Das Flohnetzwerk würde ich deutlich bevorzugen aber da wir offiziell von so weit herkommen, ist es notwendig, dass man uns mit Waagen und Pferden anreisen sieht.

Vater hingegen ist für seine Verhältnisse gut gelaunt. Wir tragen heute, dem Anlass entsprechend, unsere formellen Anzüge und Zylinder. Wir sind Kaufmänner und das schon seit Generationen. Deshalb hat Vater mich schon früh gelehrt, wie man Verhandlungen führt und Geschäfte vorteilhaft abwickelt. Es steckt viel Psychologie dahinter. ‚Jeder Mensch hat seinen Preis', wie er immer so schön zu sagen pflegt.

Die Räder der Kutsche fahren plötzlich vom holprigen Überlandweg, auf gut gepflasterten Boden auf. Merlin sei Dank, das unerträgliche Rütteln hat ein Ende gefunden. Vor mir sehe ich die Stadt York in all ihrer Pracht. Es ist Nachmittag und das warme Sonnenlicht, welches durch die Fenster der Kutsche fällt, blendet mich.

Und da wäre noch eine Sache. Unter jeglichen Umständen gilt es, dieses grosse Geheimnis zu wahren. Alle in unserer Familie sind Zauberer und Hexen. Wir leben unter Muggeln und wir haben uns weitgehend an ihre Gewohnheiten angepasst. Der Graf und seine Familie gehören ebenfalls einem alten, magischen Geschlecht an, wie ich vernommen habe. Solche Treffen unter Gleichgesinnten finden zumeist hinter verschlossenen Türen statt. Käme irgendetwas davon ans Licht, würde man uns der Ketzerei bezichtigen und hinrichten lassen. Heute sollte es aber anders sein und es werden auch viele Muggel auf dem Anwesen des Grafen mit uns feiern.

„Draconius Malfoy, hörst du wohl zu, wenn ich mit dir spreche?!" Redet Vater mit einer Ungeduld auf mich ein. Er widerholt sich nur ungern.

„Entschuldige Vater. Ich war in Gedanken." Gebe ich kurz zurück, nachdem mich seine Worte aus meiner Fantasie gerissen haben.

„Warum trägst du dein Medaillon nicht?" Will er mit kaltem Blick und strengem Ton von mir wissen.

„Ich kann es kontrollieren, Vater." Versichere ich ihm in seriöser Stimmlage.

„Du wirst es auf der Stelle anlegen. Jetzt. Ich gehe heute kein Risiko ein, mein Sohn!" Zischt er mich an. Ich leiste ihm Folge, nehme das alte Medaillon hervor und lege mir die lange Silberkette um den Hals, so dass der Anhänger mir auf der Brust liegt.

Meine Eltern haben mir von klein auf beigebracht, meine stark ausgeprägten Emotionen zu zügeln, damit die Muggel um uns nicht erkennen, was wir sind. Nachfahren von Hybriden zwischen Schlangen und Menschen. Das ist unsere wahre Natur. Tag für Tag unterdrücke ich, was ich wirklich bin... es fühlt sich wie die Bestrafung einer höheren Macht an. Ein nie enden wollender Fluch unserer Vorfahren.

Die Dämmerung setzt ein. Vor einem hohen Eisenzaun wird unsere Einladung überprüft. Die Tore werden geöffnet und wir fahren über das weite Grundstück, bis wir schliesslich die Villa erreichen. Auf dem Platz vor dem Anwesen steht ein grosser Springbrunnen. Die Villa selbst ist aus hellem Stein erbaut und enthält mehrere Stockwerke mit grosszügigen Fenstern. Mehrere Türme mit Spitzdächern fliessen in die Architektur mit ein. Hinter der Villa erstreckt sich ein Garten von unbeschreiblicher Schönheit. Er ist voller exotischer Pflanzen, Bäumen und kleinen Wegen. Auch ein aufwändig gestaltetes Labyrinth aus hohen Hecken ist aus der Ferne zu erkennen.

Ein Diener eilt zu uns und öffnet die Tür der Kutsche. Vater richtet seinen Zylinder und steigt aus. Ich fahre noch einmal durch mein hellblondes Haar, setze mir auch meinen schwarzen Hut auf und folge ihm.

𝔻𝕒𝕣𝕜 𝕄𝕒𝕘𝕚𝕔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt