Kapitel 77 - Draco's POV 10 - Kraft der Natur

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Wir werden vom Zauber auf einer Blumenwiese ausgespuckt und purzeln direkt in die hohen Gräser und Sträucher hinein. Wir richten uns ächzend auf. Von den Bäumen und Pflanzen her, sollten wir uns jetzt weiter südlich befinden.

„Hier werden wir eine Weile bleiben können. Unsere Spur wurde gründlich verwischt... denke ich zumindest." Beende ich zweifelnd den Satz.

Wir sind müde durch die Zauber, welche wir kurz aufeinander beschwört haben. Keiner von uns denkt jedoch ans Ausruhen. Rastlos stellen wir das Zelt auf und errichten gemeinsam verschiedenste Schutzzauber.

Ich stelle meinen Rucksack auf den Küchentisch und hole die silberne Box raus. Ich stehe eine Weile davor und spiele mit dem Gedanken, die Kiste zu öffnen und es anzulegen. Was ist, wenn es mich wieder verändert? Was ist, wenn ich ihr erneut damit wehtue? Nein, ich muss stärker sein! Stärker als die Kraft des Medaillons, um diesem Wahnsinn ein Ende zu setzen!

Dieses Mal muss es klappen. Durch die Verbundenheit habe ich viel mehr Wissen darüber als zuvor. Dieses Mal kann ich es schaffen.

Mina betritt die Küche. „Was machst du da?" Fragt sie mich neugierig. Mein ernster Blick wandert zu ihr. „Ich glaube, ich werde es nochmal probieren. Davor drücken kann ich mich sowieso nicht."

Sie gibt mir einen ihrer ermutigenden Blicke. „Ich glaube an dich." Kommen die Worte in einer Herzlichkeit über ihre Lippen.

„Ich gehe nach draussen damit, nur zur Sicherheit. Bleib hier." Erkläre ich ihr kurz. Sie betrachtet mich sorgenvoll aber sie lässt mich gehen. Dann nehme ich die Kiste und stelle mich damit auf die Wiese. Das Kästchen lege ich im Gras ab und richte meinen Zauberstab darauf aus. „Aperi-te." Beschwöre ich die Formel. Ein Klicken ist zu hören und die Kiste ist entsiegelt.

„Auf ein Neues." Flüstere ich mir selbst zu, während ich langsam den silbernen Deckel anhebe. Und da liegt es. Still, als wäre nichts gewesen.

Ich behalte das Medaillon genau unter Beobachtung, während ich danach greife und es erneut um meinen Hals lege. Erst spüre ich nichts. Ich stehe auf und bewege mich zurück in Richtung Zelt, als ein mächtiger Impuls, wie eine Welle durch mich hindurchgeht. Ich betrachte meine Hände und Arme. Es ist, als ob ich jede einzelne Zelle meines Körpers wahrnehmen würde. Als ob ich das Blut durch meine Adern fliessen hören könnte. Als ob ich die aufblitzenden, elektromagnetischen Impulse meiner Nerven sehen könnte...

Ich fühle mich stark und ich fühle mich frei. Angstfrei, um genau zu sein...

Von dieser Kraft geführt, verlasse ich den Schutzbann und überquere die Wiese. Unterwegs verspüre ich das Bedürfnis meine Schuhe auszuziehen. Ich gehe Barfuss weiter und fühle die Erde unter mir und all das Leben darin. Dann erkenne ich die Energieströme, welche von der Erde in jeden einzelnen Baum fliessen, wie ein gigantisches Netzwerk.

Meine Sinne sind geschärft und ich nehme jedes kleine Geräusch wahr und jedes Tier. Es wird mir bewusst, dass die Kraft die ich brauche mich jederzeit umgibt. Es gibt keinen Mangel. Nur Fülle. Ich kann es jetzt deutlich sehen. Wie konnte ich nur so blind sein...

Ich folge meinem Instinkt, wenn man das so nennen kann. Bald komme ich zu einem Fluss. Ich stehe am Ufer und sehe ab und zu Fische vorbeiziehen. Mein Spiegelbild schaut mir durch die bewegte Wasseroberfläche entgegen. Bin das wirklich ich?

Ich beuge mich näher zum Fluss hin und versuche Genaueres zu erkennen. Es scheint, als ob mein Spiegelbild eine Art Eigenleben führt oder täusche ich mich?

„Hazzzt du Hunger?" Fragt mich eine zischende Stimme. Ich schaue auf und entdecke eine Kreuzotter, schräg gegenüber auf der anderen Flussseite. Sie schaut mich erwartungsvoll an. Ich spüre, wie sich die Zellstruktur meiner Augen anpasst. Unsere stechenden Blicke treffen in Stille aufeinander.

𝔻𝕒𝕣𝕜 𝕄𝕒𝕘𝕚𝕔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt